Die Milliarden-Verschwender - wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen
Colbert gelang es ihm, die Verwaltung völlig neu zu organisieren, die Bürokratie umzustrukturieren und die Korruption zu bekämpfen. Am Ende hatten sie mit diesen Maßnahmen die Steuereinnahmen verdoppelt, ohne die Steuern zu erhöhen – einfach, indem sie die öffentlichen Aufgaben effizienter organisierten, auch den Adel zur Kasse baten und der Verschwendung Einhalt geboten.
Wir glauben gemeinhin, in demokratischen Staaten sei die Kontrolle über die, denen die Gemeinschaft ihr Geld in Form von Steuern und Abgaben anvertraut, ausreichend gewährleistet. Anders als die Monarchen vergangener Jahrhunderte müssen die Politiker heute gewählt werden. Die Macht verteilt sich auf zahlreiche Organe und ist damit weniger anfällig für die Willkür und den Größenwahn Einzelner. Natürlich ist unsere Gesellschaftsordnung in vielerlei Hinsicht gerechter als die feudalistischen Herrschaftsordnungen früherer Zeiten.
Ich glaube, auch heute könnte es der Politik gelingen, durch eine Reorganisation der Bürokratie, durch den Abbau überflüssiger Verwaltung und durch Korruptionsbekämpfung die Steuerausgaben effektiver zu gestalten. Es ist längst nicht alles zum Besten bestellt. Davor können auch die Uneinsichtigsten angesichts der europäischen Staatsschuldenkrise kaum mehr die Augen verschließen.
Die Missstände, die von den Rechnungshöfen und dem Bund der Steuerzahler aufgedeckt werden, haben indessen Folgen, die sich nicht nur in den Bilanzen öffentlicher Kassen zeigen. Da beide Institutionen nur wenige Mittel haben, um die Verschwender zur Verantwortung zu ziehen, sind sie auf die Waffe des öffentlichen Drucks angewiesen. Dabei geraten sie jedoch in ein Dilemma: Indem sie die Misswirtschaft bei den Ausgaben aufdecken, stärken sie, so wird häufig vermutet, den Steuerwiderstand. Immer wieder wurde mir in meiner Amtszeit vorgeworfen, der Bund der Steuerzahler zeichne ein Zerrbild der Verhältnisse und fördere mit seinen Aktivitäten Politikverdrossenheit. Der Zusammenhang von Ausgabenmoral und Steuermoral ist zwar nicht eindeutig nachzuweisen, aber die »dauernden Hinweise – vor allem der Rechnungshöfe – über die Misswirtschaft im öffentlichen Bereich, mögen für manche den Anreiz zur Steuerhinterziehung fördern«, führt der Volkswirt Rolf Peffekoven in einem Zeitgespräch über »Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit« aus. 19
Doch trifft die Behauptung wirklich zu, der verantwortungslose Umgang mit öffentlichen Geldern wirke sich negativ auf die Bereitschaft der Steuerzahler aus, ihre Abgaben zu leisten? Sinkt also die Steuermoral, wenn die Ausgabenmoral zu wünschen übrig lässt? Sollte dies so sein, so hilft es sicher nicht, den Boten zum Schuldigen zu machen. Das Problem sind nicht jene, die auf die Verschwendung hinweisen, sondern jene, die das Geld zum Fenster hinauswerfen!
Nehmen wir die Frage nach der Steuermoral genauer unter die Lupe. Man versteht darunter, kurz gefasst, die Einstellung der Bürger zu Steuerdelikten und seine Steuerdisziplin, d.h. ob er seine steuerlichen Pflichten befolgt oder nicht. 20 Dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Art und Weise, wie der Staat mit den ihm anvertrauten Geldern umgeht, und der Bereitschaft der Bürger, den Staat zu finanzieren, belegen verschiedene Studien. So zum Beispiel eine Untersuchung der Forschungsstelle für empirische Sozialökonomik e.V. aus dem Jahr 2009 mit dem Titel »Erwartungen der deutschen Bevölkerung an eine Interessenvertretung der Steuerzahler und die Bewertung des Bundes der Steuerzahler«. Sie hat ergeben, dass diejenigen, die dem Staat im Umgang mit Steuergeldern weitgehend vertrauen, ihm freiwillig 25 Prozent ihres Einkommens zur Verfügung stellen. Wer hingegen den Staat für verschwenderisch hält, würde nur 18,2 Prozent seines Einkommens freiwillig an den Staat abgeben. Ich halte es für sehr bemerkenswert, dass dabei die Verschwendung von Steuergeldern im Zentrum der Kritik steht, die wie kein anderes Verhalten von Politik und öffentlichen Verwaltungen den Zorn der Bevölkerung auf sich zieht. 1999 bezeichneten 77 Prozent der Bevölkerung in einer anderen Untersuchung (»Steuermentalität, Steuermoral und Einstellungen zur Steuerreform 1999«) es als schweren Verstoß, wenn der Staat Steuergelder verschwendet.
Wie sehr die öffentliche Verschwendung verurteilt wird, sehe ich auch in folgendem Ergebnis der genannten Untersuchung: Drei Viertel der Bevölkerung sind davon überzeugt, dass die
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