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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Blähungen.
    Einnahme von Theriak und Mithridat. Wobei mit Letzterem ein Elektuarium gemeint ist, dessen Name auf den König Mithridates zurückgeht, welcher die Angewohnheit besaß, ein solches einzunehmen, um sich gegen alle Vergiftungen und Krankheiten zu wappnen.
    Unter Therapeutica:
    Abkochungen von Aconitum . Mit der gebotenen Vorsicht, denn Eisenhut ist giftig.
    Auflegen grünen Tabaks auf geöffnete und gesäuberte Bubonen.
    Ansetzen von Schröpfkugeln.
    Harmonische Musik.
    So weit die Anmerkungen des Professors. Ich muss sagen, dass mich besonders der letzte Punkt berührte, denn genau diese Maßnahme ergriff der Zwerg, kurz bevor meine geliebte Arlette an der Pest dahinschied. Er bezeichnete das, was er damals zu Gehör brachte, als »schöne, lenzige Schallerei«. Girolamo drückte es wissenschaftlicher aus: Er berichtete, dass harmonische Musik den Gleichklang im Körper stärken und wieder zur Eukrasie zurückführen könnte. Und der Magister glänzte wieder einmal mit seinem Geschichtswissen, indem er hinzufügte, er als Homer-Jünger könne nur sagen, dass schon die Hellenen vor Troja die Pestis mit Musik bekämpften und dass bereits Odysseus das Bluten einer Wunde mit Gesang stillte.
    Wir redeten noch lange an diesem Tage und beschlossen, zunächst einmal alle Ansätze, die offenkundig sinnlos sind, die der Scharlatanerie zugehören oder die aus eigener Erfahrung nichts bewirken, auszuschließen. Den Rest wollen wir mit scharfem Verstand prüfen, Punkt für Punkt. Eine Herausforderung und eine Sisyphusarbeit gleichermaßen.
    Enano, der Zwerg, war bei dem Treffen nicht dabei. Er besuchte in der Zeit den alten Romano und seinen neuen Lehrling Massimo.
    »Ich finde, du könntest allmählich das Geheimnis lüften«, sagte der Magister am nächsten Morgen vorwurfsvoll zu Vitus. Er saß auf seiner Bettstatt in der Studentenunterkunft und setzte gerade sein Nasengestell auf. »Vielleicht beginnt der Tag dann etwas angenehmer.«
    Vitus, der schon aufgestanden war, saß an einem wackeligen Tisch und überprüfte noch einmal die Aufzeichnungen des vergangenen Tages. »Geheimnis? Was für ein Geheimnis?«, fragte er abwesend.
    Statt einer Antwort nahm der kleine Gelehrte das Gestell wieder von der Nase und bog an den Bügeln herum. »Ewig sitzt das Ding schief, komme mir sowieso schon vor wie eine Schleiereule.« Er schob die Berylle wieder vor die Augen, blinzelte und schien endlich zufrieden. »Den Ballen natürlich, du Unkraut.«
    »Sì, sì, den Ballen!«, fistelte der Zwerg, der sich das Lager mit dem Magister teilte. Um zu nächtigen, legte er sich einfach am Fußende quer. Das genügte.
    Vitus schüttelte den Kopf. »Was für ein Ballen denn? Ihr redet heute Morgen in Orakeln.«
    »Tz, tz«, machte der kleine Mann. »Natürlich das Bündel, das du von Venedig bis hierher geschleppt hast. Oben auf deiner Kiepe. Das Bündel, den Ballen, die Überraschung!«
    Vitus dämmerte es langsam. »Ach, du meinst das Abschiedsgeschenk von Giancarlo Montella, dem Wein- und Vasenhändler?«
    »Genau. Montella beschwor uns, es nicht vor Padua zu öffnen, und wenn mich nicht alles täuscht, sind wir jetzt in Padua.«
    Vitus grinste schief. »Dem kann ich schwerlich etwas entgegenhalten.« Er erhob sich, holte den Ballen aus der Ecke, in der auch seine Kiepe stand, und wog ihn in der Hand. »Schwer ist er wahrhaftig nicht.«
    Der Magister fuhr in sein Beinkleid und knöpfte sich das Hemd zu. »Leider nein. Was vermuten lässt, dass sich darin keine Vasen befinden. Und – noch bedauerlicher – auch keine Amphoren mit Wein.«
    »’ne Schaube ist’s, ’n Übermann, ’n Flöhfänger, ’n Oberhänger!«, krähte Enano dazwischen. »Für jeden einen!«
    Vitus begann den Ballen aufzuschnüren. »Das glaube ich nicht. Eher ein warmes Halstuch. Vielleicht auch ein guter Seidenstoff. Allerdings wüsste ich mit Stoff nichts anzufangen, außer ihn zu verkaufen.«
    »Ich hab’s!«, rief der Magister. »Ein Teppich ist drin! Vielleicht sogar ein Gebetsteppich! Wahrscheinlich als eine Art Erinnerung an die Barbareskenstaaten gedacht.«
    »Ein Teppich? Als Erinnerung? Warum sollte Montella uns ausgerechnet so etwas schenken?«
    »Nun, äh. Da hast du Recht. Weißt du vielleicht etwas Besseres? Etwas, das gleichzeitig so leicht und doch so voluminös ist?«
    Der Zwerg fistelte: »Schlangenhäute, ihr Gacken! Die sin leicht! Oder Federn von Stürchen un Strohbeißern? ’n trockner Schinken vonnem Wurzelgraber? Nee, der is zu

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