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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Vergiftung. Seine Körpertemperatur sank, und er wand sich vor Schmerzen. Damit stand fest: Der Tote war ebenfalls vergiftet worden. Sogar den Täter fand man. Es war ein Wirt, in dessen Locanda ebendieses Fleisch-Rosinen-Gericht auf den Tisch kam. Er hatte eine Tochter, die mit Azzolino verbandelt war und ein Kind von ihm erwartete. Der erboste Wirt hatte sich auf seine Weise rächen wollen. Er war sofort geständig, als man ihm die Beweise zeigte.«
    Häklein machte eine Pause und fragte dann: »Also, was lernen wir aus diesem Fall?«
    Die Studenten schauten ratlos drein. Sie wussten die Antwort nicht.
    »Ganz einfach: Fangt niemals etwas mit einer Wirtstochter an!«
    »Hoho! Haha!« Die jungen Herren amüsierten sich köstlich.
    »Spaß beiseite!« Häklein hob die Hand, und augenblicklich kehrte Ruhe ein. »Zurück zu unserer Leiche. Carlo, seid so gut und näht sie wieder zu, nehmt den dicken Faden und macht grobe Stiche. Ich will den Körper morgen noch einmal öffnen.«
    »Jawohl, Herr Professor.« Carlo nahm Spreizer und Haken aus der Körperöffnung des Leichnams und machte sich an die Arbeit.
    »Und dann schafft den Toten wieder in die Cellarien, ganz nach unten, wo es am kühlsten ist.«
    »Jawohl, Herr Professor.«
    Häklein legte den Kopf schief und verkündete: »Für heute ist Schluss, meine lieben Studiosi, geht nach Hause und schaut in die Bücher!«
    Rasch leerten sich die Bänke, denn so groß die Beliebtheit des Professors auch war – Freizeit schätzten die jungen Herren noch mehr. Carlo hatte unterdessen den Leichnam zugenäht und sich ein paar kräftige Kommilitonen geschnappt, die ihm beim Hinuntertragen in die Kellerräume behilflich waren. Häklein sah es mit Zufriedenheit, klemmte sich zwei Lehrbücher sowie einen Band der
Fabrica
von Vesalius unter den Arm und wollte gerade den Hörsaal verlassen, da wurde er unverhofft angesprochen:
    »Verzeiht, habe ich das Vergnügen mit Professor Girolamo?«
    »Der bin ich.« Häklein blieb stehen und musterte sein Gegenüber. Er sah einen stattlichen jungen Mann vor sich, mit blonden Locken, markanten Zügen und einem Grübchen im Kinn. Letzteres war gut sichtbar, da der Mann – im Gegensatz zur landläufigen Gepflogenheit – keinen Bart trug. Seine beiden Begleiter taten dies ebenfalls nicht. Der eine war ein kleiner, drahtiger Kerl mit hoher Stirn und Brille auf der Nase, der andere ein buckliger Zwerg mit Mondgesicht und Fischmündchen. Alles in allem ein seltsames Trio.
    »Ich bin Vitus von Campodios«, sagte der Blonde freundlich. »Ich habe vorhin Euren Vortrag gestört, als ich in der hintersten Sitzreihe Platz nahm. Ihr nehmt es mir hoffentlich nicht übel? Eigentlich hätte ich das Ende der Lesung abwarten sollen, aber ich war einfach zu neugierig auf Euch. Ihr spracht gerade über die Lunge und ihre Verlappungen, ein Gebiet, das auch mich sehr interessiert. Doch ich will nicht abschweifen. Ich habe einen weiten Weg hinter mir, Professor, um Euch zu treffen und Euren Rat zu erbitten.«
    »Soso?«
    »Erlaubt mir zuvor, dass ich Euch meine Freunde vorstelle.«
    Er tat es, und Häklein entbot allen dreien seinen Gruß, sich fragend, was wohl hinter der ganzen Sache steckte.
    Der Blonde fuhr fort: »Ich bin Cirurgicus und habe mein Examen bei Professor Banester in London gemacht.«
    Häklein riss erstaunt die Augen auf. »Ach! Das ist aber eine Überraschung! Ein Zögling vom alten Banester?« Er kicherte übergangslos. »Wie geht es ihm? Neigt er noch immer zu, äh, so starker Körperfülle?«
    »Soviel ich weiß, geht es ihm gut.«
    »Das freut mich zu hören. Gewiss hat er Euch kräftig in die Mangel genommen, wie?«
    »Das kann man wohl sagen. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, bis ich die Urkunde endlich hatte. Die Herren Anatomen Clowes und Woodhall waren übrigens auch dabei. Sie haben mich ebenfalls tüchtig traktiert.«
    »Ja, so geht es bei Prüfungen zu! Wie, sagtet Ihr, heißen die beiden anderen Examinatoren?«
    »Clowes und Woodhall, Professor.«
    »Ach ja! Clowes ist mir bekannt. William Clowes. Einer der besten Militärchirurgen und Anatomen Englands. Hat ein paar beachtenswerte Schriften verfasst, darunter eine über die Sektion des Herzens.«
    »Ich kenne sie.
De Sectionis Cordis.
Eine höchst lehrreiche Abhandlung.«
    Häklein legte den Kopf schief und schaute Vitus gütig an. »Sagt, Cirurgicus, wenn Ihr auf dem Feld der Zergliederungskunst schon so bewandert seid, was kann ein Anatom wie ich noch für Euch tun? Ihr

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