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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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wölbenden Leib. »Stell die Beine auf, wenn dir dabei wohler ist.« Dunkel erinnerte er sich an eine Illustration, die er einmal gesehen hatte. Sie zeigte eine im Bett Gebärende. Die Frau hatte ebenfalls die Beine angezogen. Eine Hebamme und drei Ärzte waren um sie bemüht gewesen. Drei Ärzte, und er war ganz allein … Viele Fragen lagen ihm auf der Zunge, unter anderen die, warum sie ihm nicht reinen Wein über ihren Zustand eingeschenkt hatte, aber es war müßig, darüber nachzudenken.
    Zwischen Antonellas Beinen war das Laken nass. »Ist das Fruchtwasser schon abgegangen?«, fragte er.
    »Ja, Cirurgicus.«
    Im Werk
De morbis
, und dort im Kapitel über die Geburtshilfe, hatte Vitus gelesen, dass nach dem Platzen der Fruchtblase und dem dadurch bedingten Austritt des Wassers die Geburt unmittelbar bevorstand. Auch stand da, dass die Gebärende den Vorgang durch heftiges Pressen unterstützen müsse. Wo der Magister nur blieb? In der Kiepe befand sich das Werk
De morbis
, und zu gern hätte er schnell nachgeschaut, mit welchen Schritten er Antonella in ihrer schwersten Stunde beistehen konnte.
    Ein wimmernder Laut riss ihn aus seinen Überlegungen. Antonella schien eine weitere Wehe zu haben. Wieder begann sie den Kopf hin und her zu werfen. Vitus hätte ihr gern das Holz aus dem Mund genommen, aber solange er ihr keine andere Hilfe gegen den Schmerz anbieten konnte, musste er es ihr lassen. So kühlte er das Tuch erneut in der Wasserschüssel, drückte es aus und wischte ihr den Schweiß von der Stirn.
    »Da bin ich!« Endlich war der Magister zurück. Er hatte die Kiepe dabei und zwei Laternen.
    »Danke, Magister.«
    Der kleine Mann stellte die Lampen ab und verschwand sofort wieder. »Das heiße Wasser braucht noch!«
    Vitus lächelte flüchtig. So locker das Mundwerk seines Freundes manchmal auch war, so verlässlich war er, wenn’s darauf ankam. Er wandte sich der Kreißenden zu. »Jetzt will ich sehen, wie ich dir helfen kann. Mal schauen, was der Inhalt meiner Kiepe dazu beiträgt. So, da ist sie schon offen. Hier haben wir ein paar Streifen sauberes Linnen. Sauberkeit ist bei der chirurgischen Arbeit von hoher Wichtigkeit, musst du wissen. Allerdings sind die Meinungen der Ärzte darüber geteilt. Manche sagen, gerade Schmutz verstärke die Eiterbildung in Wunden, und Eiter sei gut, weil mit ihm die kranken Säfte aus dem Körper entweichen würden, aber ich glaube nicht daran.«
    Vitus redete mit voller Absicht so viel, weil er aus Erfahrung wusste, wie beruhigend und ablenkend Worte wirken konnten.
    »Mein Vorrat an Weidenrindenpulver ist leider so gut wie aufgebraucht, so muss ich mir etwas anderes einfallen lassen, um dir zu helfen.«
    »I … ich hab’s … schon … gekriegt.«
    »Wie? Du hast es schon bekommen?« Vitus ging ein Licht auf. »Der Zwerg hat es mir wohl stibitzt, um dir schmerzbefreienden Trank zu bereiten?«
    Antonella nickte mühsam.
    »Er ist ein kleiner Dummkopf. Er hätte mich nur fragen müssen.«
    »Ich … w … wollt’s nicht.«
    »Ja, ich kann mir langsam denken, warum. Die Schwangerschaft war dir peinlich, und bis vor ein paar Tagen hattest du auch keine Veranlassung, sie uns mitzuteilen. Doch nachdem wir im Feuerring sind, sieht alles ganz anders aus, stimmt’s?«
    Abermals nickte Antonella.
    »Jetzt ist mir klar, warum du dich stets beim Wein zurückgehalten hast und warum du so interessiert warst, als Fabio erzählte, seine Frau erwarte Nachwuchs. Jetzt macht es Sinn, dass du entrüstet warst über seine Ausdrucksweise, ›er mache seiner Frau jedes Jahr ein Kind und fahre wieder davon‹, und es leuchtet ein, warum du aufgehorcht hast, als Fabio mich fragte, welche Komplikationen bei einer Geburt auftreten könnten. Nun ja, schauen wir weiter, was die Kiepe hergibt. Da das Weidenrindenpulver fast alle ist und ich auch kein Laudanum habe, muss ich mir etwas einfallen lassen. Ich denke, ich präpariere für dich eine Mixtur aus getrockneter Opiummilch, Stechapfel und
Atropa belladonna
. Sie wird dir helfen, wenn die Schmerzen unerträglich werden sollten. Aber noch ist es ja nicht so weit.«
    Wie um seine Worte Lügen zu strafen, wurde Antonella von einer weiteren Wehe erfasst. Sie heulte auf, hieb die Zähne in das Holz und umklammerte Vitus’ Arm. Er wunderte sich über die Kraft der Frau und dachte: Ein so vitales Weib muss eigentlich den Vorgang gut überstehen.
    »Atme ruhig und stetig, und dann halte die Luft an und presse, alles andere geht ganz von

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