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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Magister, mit dessen Sehstärke es nicht weit her ist. Er läuft morgens und abends die Runde von vier bis acht, so dass er derjenige ist, in dessen Zeiten das meiste Tageslicht fällt.
    In der vergangenen Woche verlöschte zwei Mal der Feuerring. Heftiger Regen war die Ursache dafür. Dem Zwerg gelang es jedes Mal, die Flammen in kürzester Zeit wieder zum Lodern zu bringen. Er sagt, alles sei nur ein Geheimnis des Holzschichtens. Gut brennendes, abgelagertes Material könne durchaus einen kleinen Guss überstehen. Umso mehr, wenn man noch sparsam Öl in die Glut gebe.
    Immer häufiger fragen die Gefährten mich, wie lange wir noch im Ring ausharren müssen, dabei wissen sie es doch selbst genau. Ich antworte jedes Mal, dass schon bald ein Monat vorbei sei.
    Fabio, der ehemals Lebenssprühende, ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Zwar geht er eisern seine Wache, hat ansonsten aber noch immer nahe am Wasser gebaut. Es wird Zeit, dass seine Taube Bussola, die er liebevoll »meine Schöne, meine Holde« nennt, zurückkehrt. Ich ertappe mich dabei, dass ich den Vogel in meine Gebete einschließe. Möge der Allmächtige das Tier beschützen und auf seinem Flug begleiten. Nicht auszudenken, wenn ihr etwas geschähe und wir komplett von der Außenwelt abgeschnitten wären.
    Vorgestern sahen wir in einigen hundert Schritt Entfernung eine Menschengruppe vorbeiziehen. Männer, Frauen und Kinder, alle inbrünstig singend. Wir brauchten einige Zeit, um zu verstehen, dass ihr Verhalten nichts mit der Pest zu tun hatte, sondern einfach mit dem fortgeschrittenen Jahr: Die Adventszeit ist da. Die Leute waren auf dem Weg zur Kirche.
    Auch wir hielten daraufhin eine Andachtsstunde ab. Leider nicht komplett, weil Guido sich weigerte und der Magister auf Wache war. Ich sprach die Lukasverse zur Geburt unseres Herrn und dankte dem Allmächtigen dafür, dass er uns die Schlange Pest bisher vom Leibe hielt.
    Körperlich sind wir alle wohlauf, aber das ist auch schon alles.
    Die Ziege heißt jetzt auf gemeinsamen Beschluss »Bartmann«.
    Der Nachmittag des sechsten Dezember sollte seit langer Zeit wieder einmal harmonisch werden. Der Grund dafür hieß Bussola, die weiße Botschafterin des Überlandfahrers. Sie war zurückgekommen und mit graziösem Flügelschlag auf der Zeltplane über dem Kochfeuer gelandet. Fabio war außer sich vor Freude und küsste und herzte seine Schöne, seine Holde. Dann nahm er ihr die papierene Nachricht vom Bein und las die Grüße seiner Miabella laut vor. Wie sie schrieb, ging es in Padua allen gut, die Kinder seien gesund, auch der Neuankömmling. Sie war einverstanden mit dem Namen Fabio Felicio und schlug vor, den Kleinen so bald wie möglich von Vater Frederico taufen zu lassen. Der Gottesmann hatte anfragen lassen, ob es noch vor dem Weihnachtsfest geschehen solle.
    Fabio blickte auf. »Und du meinst wirklich, Cirurgicus, dass wir die Geburt Christi in diesem nach Rauch stinkenden Ring feiern müssen? Ich würde lieber heute als morgen nach Hause aufbrechen.«
    »Das möchte ich auch.« Vitus stand am Kessel und rührte die Suppe um. »Aber es geht nicht.«
    »Wieso? Du immer mit deinen zwei Monaten freiwilliger Quarantäne! Wir haben in der letzten Woche nichts mehr von der Seuche gehört. Niemand der Vorüberziehenden wusste etwas Neues zu berichten. Wenn ich morgen aufbräche, könnte ich Padua leicht in zehn Tagen erreichen.«
    »Oder in fünf Tagen tot sein.« Vitus wählte absichtlich so deutliche Worte, denn es war nicht das erste Mal, dass Fabio ihre Zurückgezogenheit in Frage stellte. Er hatte mehr und mehr von seinem Zuhause gesprochen, von den Kindern und seiner wunderbaren Frau, und mehr und mehr hatte er sich selber Leid getan.
    »Oh, Cirurgicus, du bist härter als Carrara-Marmor!«
    »Mag sein, aber lieber zwei Monate in Quarantäne, als das ganze Leben fortgeworfen. Bedenke doch, es ist schon fast ein Monat um.«
    »
Uno mese, sì, sì,
aber ein ganzer Monat liegt noch vor uns. Ich will dich nicht beleidigen, Cirurgicus, aber ich kann die ewige Fleischgemüsesuppe nicht mehr sehen.« Fabio fütterte seine Schöne, seine Holde mit Sonnenblumenkernen und stieß dabei Laute aus, die dem Gurren des Vogels sehr ähnlich waren.
    »Ich bin nicht beleidigt, aber was soll ich machen? Unsere Fleischvorräte schmecken nun einmal rauchig und salzig, und das Gemüse geht allmählich zur Neige.«
    »
Sì, naturalmente,
aber musst du immer alles zusammenwerfen? Es gibt auch Gemüsesuppe, die von

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