Die Mission des Wanderchirurgen
hoher Köstlichkeit ist, ganz ohne Fleisch, und es gibt Fleisch ganz ohne Gemüse, wobei man den Schinken ein wenig wässern könnte, damit er nicht so salzig schmeckt! Speckstreifen dagegen könnte man auslassen und als Grundlage für einen leckeren Beiguss verwenden, man könnte …«
»An dir ist ja ein richtiger Koch verloren gegangen!«
Fabio winkte ab und beschäftigte sich wieder mit seinem gefiederten Liebling.
»Weißt du, was? Du könntest das Kochen für, sagen wir, die nächste Woche übernehmen. Danach bin dann wieder ich dran. Oder der Magister.«
»Wenn du meinst, Cirurgicus.« Sonderlich begeistert schien der Überlandfahrer nicht. »Hier ist noch eine Nachricht für dich. Der Schrift nach von Professor Girolamo.«
»Und das sagst du mir erst jetzt?« Freudig griff Vitus nach dem Papier und entfaltete es. Der Brief begann genau wie der Letzte:
An den Cirurgicus von Campodios.
Dann erzählte der Professor in knappen Worten vom Lehrbetrieb, berichtete über die Fortschritte der Studenten, von denen sich Carlo nach wie vor gut mache, und kam schließlich auf das Werk
De Causis Pestis
zu sprechen, das mittlerweile schon so gut wie fertig gesetzt sei und kurz vor der Drucklegung stehe. Mit den Wünschen nach bester Gesundheit verblieb er erneut als sehr ergebener M. Girolamo.
Vitus steckte das Schreiben ein. Er wollte es später dem Magister zeigen. »Sage, Fabio, wann schickst du Bussola wieder auf die Reise?«
»Oh,
amico mio,
frühestens in drei Tagen! Meine Schöne, meine Holde braucht nach jedem Flug länger, um wieder zu Kräften zu kommen. Was soll ich denn Miabella schreiben? Wann kann Fabio Felicio getauft werden?«
»Ich denke, Mitte bis Ende Januar.«
»Was? Erst so spät?« Fabios Unterlippe begann zu zittern.
»Früher geht es nicht, ich habe es dir doch schon Dutzende Male erklärt. Am besten, du schreibst deinem Weib auch, dass du Weihnachten nicht zu Hause sein kannst. Oder hast du ihr das schon angekündigt?«
»N … nein.« Die Unterlippe zitterte stärker. »Hatte immer noch gehofft, dass …«
»Fabio!« Vitus wurde energisch. »Du musst den Dingen endlich ins Auge sehen. Du wirst zur Geburt unseres Heilands nicht in Padua sein können. Wenn du deiner Frau bisher nicht von unserer unfreiwilligen Abgeschiedenheit berichtet hast und es auch weiterhin nicht tun willst, dann erfinde einen anderen Grund, warum du ihr fern bleiben musst. Einen Achsenbruch am Wagen oder sonst irgendetwas. Denke an meine Worte: lieber zwei Monate Quarantäne, als das ganze Leben fortgeworfen.«
Fabio schniefte geräuschvoll und schnappte nach Luft. Er holte eine riesiges angeschmutztes Tuch hervor und betupfte sich damit die Augen. »Es hilft wohl nichts«, schnüffelte er. »Ach, meine arme, arme Miabella.«
Später am Tag besuchte Vitus den Zwerg im Frauenzelt. Der Wicht wickelte gerade das Kind. Vitus wunderte sich: »Woher kannst du so etwas?«
»Wui, hatte viele Presschen un Pritschen, un ich war alleweil der Ölleste.«
»Presschen und Pritschen? Was heißt das denn nun wieder?«
»’s heißt Brüder un Schwestern inner Sprache der Wolkenschieber.«
»Aha, ich verstehe. Hier habe ich dir etwas Suppe mitgebracht.«
»Flosse? Kann keine Flosse nich mehr sehn. Da hab ich lieber Frost im Magen.« Enano überprüfte den Sitz des neuen Windeltuchs und zupfte es noch einmal zurecht. Nella lachte. Überhaupt schien die Kleine ein ausnehmend fröhliches Kind zu sein, denn sie kicherte und giggelte den ganzen Tag, wenn sie nicht gerade schlief.
Vitus stellte die kleine Schüssel auf einem Schemel ab. »Ich weiß, dass ich kein Meisterkoch bin. Fabio hat sich auch schon beschwert. Er wird ab morgen am Kessel stehen. Mal sehen, was er zustande bringt.«
»Wui un
sì!
« Der Zwerg nahm Nella in die Armbeuge und drückte ihr sanft das Klistierende ins Mündchen. »’s is Zeit, dass sie ’n bisschen Milch schmettert. Is ganz frisch, der Eutersaft. Bartmann macht triebig Milch!«
Vitus schmunzelte. »Bartmann müsste eigentlich Bartfrau heißen, findest du nicht? Andererseits: Eine Frau mit Bart, das klingt nicht gerade schmeichelhaft.«
»Sì, sì, hihi!« Der Zwerg kicherte, während er sacht auf die Schafsblase drückte, um Nellas Nuckelbemühungen zu unterstützen.
»Willst du nicht erst die Suppe essen, bevor du weitermachst? Sie wird sonst kalt.«
»Nee, ’s is nich so wichtich, dass ich spachtel. Nella kommt vornewech.«
»Du bist eine vollkommene Mutter. Nur dass dir keine
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