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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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da.
    Ein Donnerschlag, so ohrenbetäubend laut, dass ihnen fast die Trommelfelle platzten, war ihnen in die Glieder gefahren. Im Zelteingang stand der Magister, die rauchende Muskete in der Hand. »Es tut mir Leid, wenn ich gestört haben sollte. Aber es war ein wenig geräuschvoll hier.« Dann wurde der kleine Mann übergangslos ernst: »Ja, habt ihr denn nur noch Stroh in euren Köpfen? Herrscht hier das Faustrecht? Prügelt euch wie die Gassenjungen! Könnt ihr eure Meinungsverschiedenheiten nicht anders lösen!
Sancta simplicitas!
Oh, heilige Einfalt! Ich muss mich erst einmal setzen.«
    Ernüchtert machten die drei Streithähne es ihm nach.
    Bussola ließ sich ebenfalls nieder. Sie landete auf einer Stange ihres Käfigs und begann ihr Gefieder zu putzen.
    Der Magister blinzelte. »Ihr könnt froh sein, dass nicht einer von euch ein Loch im Pelz hat. Was war los?«
    »Ja, was war los?«, wiederholte Vitus in Richtung Fabio und Guido. »Ihr habt ja wie die Furien aufeinander eingedroschen!« Und zum Magister sagte er: »Eigentlich wollte ich die Prügelei beenden, habe mich dann aber mit hineinziehen lassen.«
    Der kleine Gelehrte schüttelte den Kopf. »So kenne ich dich gar nicht. Aber egal, ich will wissen, was los war!« Auffordernd blickte er Fabio und Guido an.
    Es war eine einfache Frage, doch ihre Beantwortung schien ungleich schwerer, denn die beiden Kontrahenten redeten nun gleichzeitig, unterbrachen sich ständig und durchbohrten einander mit Blicken.
    Nach zähem Hin und Her ergab sich endlich folgender Hergang: Fabio hatte sich ein Stündchen aufs Ohr legen wollen und zu diesem Zweck das Männerzelt aufgesucht. Da er so lange von seiner Schönen, seiner Holden getrennt gewesen war, hatte er den Käfig mit ins Zelt genommen, neben sich gestellt und mit seinem Liebling geplaudert. Darüber war er eingeschlafen. So weit, so gut. Nur hatte er vergessen, das Türchen der Vogelbehausung zu schließen.
    Auch Guido, der ebenfalls im Zelt schlief, hatte etwas vergessen: Er hatte es versäumt, seine Geliebte mit der wunderbaren Haut aus Holz zurück in ihren Kasten zu legen.
    So hatte das Unglück seinen Lauf genommen. Bussola war irgendwann aus dem Käfig geklettert, hatte den Kopf schief gelegt, sich neugierig umgesehen und war dann losspaziert, wahrscheinlich auf der Suche nach etwas Essbarem. Sie hatte immer mal wieder probeweise etwas angepickt und dabei wiederholt Zeugnis ihrer gesegneten Verdauung abgelegt. Irgendwann hatte sie auch auf der Geige gesessen und Guidos Geliebte mit einer guten Portion bedacht.
    Es bedurfte keiner großen Vorstellungskraft, sich auszumalen, was passierte, als Guido erwachte und seine Geige an sich zog …
    »Das reinste Tollhaus hier!«, schnaubte der kleine Gelehrte. »So etwas wischt man doch einfach ab. Oh, Herr, wie ist dein Schafstall groß!«
    »Wui, Kleemänner gibt’s alleweil un überall!« Der Zwerg stand im Zelteingang und schoss Blitze aus seinen Äuglein. »Is nu endlich Sticke? Nella muss Ruhe haben! Späht nur, sie flösselt un steinelt, dasses einem die Pump zerreißt!«
    In der Tat weinte die Kleine, die sonst so gerne lachte und giggelte.
    »Da seht ihr, was ihr Streithammel angerichtet habt!«, grollte der Magister. »Sich auf Kosten eines unschuldigen Kindes zu prügeln, pah!«
    Kopfschüttelnd zog er wieder ab und drehte seine Runden.
     
    Vitus saß am Kochfeuer vor der großen Schüssel und blickte neugierig in das dampfende Gebräu. »Was ist es denn für eine Suppe?«, fragte er Fabio.
    »Gemüsesuppe aus Bohnen und Rüben«, antwortete der Überlandfahrer nicht ohne Stolz.
    »Und was ist das Grüne darin?«
    »Löwenzahnblätter. Ich konnte sie Bartmann gerade noch vor der Nase wegschnappen. Sie sind ein wenig bitter, aber sie geben zusätzliche Würze, du wirst sehen.«
    Vitus probierte vorsichtig und nickte dann anerkennend. »Die Suppe ist wirklich gut. Die anderen werden sich freuen.«
    »Nicht wahr,
amico mio!
Aber ich habe noch etwas anderes gemacht, während du auf Wache warst. Der Magister hat mir dabei geholfen. Hier!« Fabio griff in eine Kiste und holte ein Fladenbrot hervor. »Selbst gebacken. Habe Weizen gemörsert und Mehl daraus gemacht. Es schmeckt etwas fade, aber wenn man es in die Suppe tunkt, geht’s.«
    »Herrlich! Brot! Wie lange haben wir kein Brot mehr gegessen.«
    Fabio brach ein großes Stück ab und gab es Vitus. Dann setzte er sich zu ihm und rieb voller Vorfreude seinen Holzlöffel am Ärmelstoff sauber. »Lass es dir

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