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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Streckverband, der sich wie eine breite weiße Schärpe um die Brust des Verletzten zog.
    »So ist es«, brummte der Magister, der Vitus wie so häufig assistiert hatte. »
Superbientem animus prosternet
, mein Junge. Oder, falls es mit deinen Lateinkenntnissen nicht weit her ist: Hochmut kommt vor dem Fall. Bis zu deiner Genesung dürfte dir genügend Zeit bleiben, deine Manieren zu verbessern. Besonders alten Menschen gegenüber.«
    »Ja …« Der Jüngling biss die Zähne zusammen. Er war sehr blass. Seine Qualen schienen trotz des Verbandes noch immer erheblich zu sein. »Aber der verfluchte Kerl war ja gar nicht alt. Er hat sich verstellt, hat mich reingelegt, der Hundesohn. Ganz bewusst.«
    »Aber, aber, mein Sohn.« Pater Ernesto legte dem Verletzten beschwichtigend die Hand auf die Stirn. »Was sind denn das für Ausdrücke! Du solltest dankbar sein, dass es dem Herrn gefallen hat, dich eine so wichtige Erfahrung machen zu lassen. Noch einmal wird dir so etwas nicht passieren. Im Übrigen muss ich dich rügen. Fluchen geziemt sich nicht für einen gottesfürchtigen jungen Mann. Und du glaubst doch an Gott?«
    »Natürlich, Hochwürden«, kam ächzend die Antwort. »Natürlich.«
    »Dann bist du sicher damit einverstanden, mit mir einen schmerzensreichen Rosenkranz zu beten. Lass dich durch die jubelnde Menge um uns herum nicht stören, dem Herrgott ist es egal, von wo aus man ihn anruft.«
    Leise lächelnd holte Ernesto seine Gebetsschnur hervor und begann mit der heiligen Handlung.
    Über ihm wurde gerade die blonde Maja zersägt.
     
    Wegen der früh einsetzenden Abenddämmerung dauerten die Darbietungen der
Artistas unicos
nur eine gute Stunde, weshalb ihr Ende mit dem des Rosenkranzes von Pater Ernesto zeitlich fast zusammenfiel.
    Kaum hatte die Menge sich verlaufen, gab es für Vitus und den Magister und ebenso für die Gaukler um Arturo kein Halten mehr. Sie liefen aufeinander zu, umarmten, herzten sich und küssten einander, als hätten sie sich hundert Jahre nicht gesehen. Nur der Zwerg mit Nella und Pater Ernesto bildeten eine Ausnahme. Sie sahen dem Treiben halb staunend, halb belustigt zu. Schließlich, als die erste Wiedersehensfreude ein wenig nachgelassen hatte, schaute Vitus sich um und bemerkte die beiden. »He!«, rief er, »ich hatte ganz vergessen, dass wir zu fünft sind! Kommt her, Pater, komm her, Zwerg! Pater, darf ich Euch die Künstler der
Artistas unicos
vorstellen? Da haben wir zunächst Arturo, seines Zeichens Fechtmeister aus dem Florentinischen in Italien und gleichzeitig Wortführer der Truppe …«
    Nacheinander folgten die anderen: Anacondus, der Schlangenmensch, der ein wenig Latein lesen konnte und sich mit Arturo und dem Hund Terro einen Wohnwagen teilte; Zerrutti, der Magier und Illusionist mit den flinken Vogelaugen und den kleinen Händen, der mit Maja, einer zierlichen, blonden Schönheit, zusammenlebte; die Zwillinge Antonio und Lupo, die allerdings immer nur in der Person von Antonio auftraten – anders wären Zerruttis Zaubertricks zu leicht durchschaubar gewesen –, und nicht zuletzt der Glasschleifer Joaquin mit den eisernen Greifbacken, die ihm die rechte Hand ersetzten.
    Als die gegenseitige Vorstellung beendet war und alle auch Nella, das Schäfchen des Zwergs, begutachtet hatten, sagte Maja: »Ich weiß, wie glücklich du sein musst, Enano. Zerrutti und ich haben auch Nachwuchs bekommen, sechs Monate ist unser kleiner Zerro nun alt und kommt ganz nach seinem Vater. Wenn du willst, zeige ich ihn dir in unserem Wagen. Willst du?«
    Natürlich wollte der Zwerg, und Arturo besann sich und rief laut: »Wir alle sollten aufbrechen, Freunde, gehen wir in unsere Wagenburg. Lasst uns dort am Feuer sitzen und essen und trinken und von vergangenen Zeiten plaudern!«
    Gesagt, getan. Doch bevor sie sich gemeinsam niederließen, teilten sie sich die Arbeit nach guter Gauklerart auf: Während Enano mit Maja und Zerrutti in deren Wohnwagen verschwand, schauten Anacondus und Joaquin nach den Pferden, Antonio und Lupo suchten trockenes Holz für das Feuer, Vitus und der Magister kümmerten sich um die Reinigung des Kessels, und Arturo und Pater Ernesto forschten im Küchenwagen nach verwertbaren Speiseresten.
    Die
Artistas unicos
waren in Wahrheit keine sonderlich erfolgreiche Truppe, doch war an ihrem Feuer noch jeder Gast satt geworden, und das sollte auch heute so sein.
    »’s is wahrhaftich ’n zuckriger Fratz der kleine Zerro«, fistelte der Zwerg geraume Zeit

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