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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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vor. Ich bezweifle, dass es in Tanger Wundschneider gibt, die diesen Eingriff beherrschen.«
    »Ach?« Die Finger des Magisters verharrten für einen Augenblick. »Und was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, dass ich den Schwarzen operieren werde. Er kann schließlich nichts dafür, dass er eine liebessüchtige Herrin hat, auch wenn er sicherlich mehrfach bei ihr lag.«
    »Das stimmt.
Actus non facit reum, nisi mens sit rea,
wie wir Rechtsgelehrten sagen.«
    Der Zwerg zwinkerte mit den Augen. »Lateng, Lateng, alleweil Lateng! Wui, was truschst du nur daher?«
    »Ich sagte: Eine Handlung macht nicht schuldig, wenn nicht die Gesinnung schuldig ist«, erklärte der Magister.
    Vitus zog sein Knie an und rollte das Hosenbein herunter. »Jedenfalls werde ich operieren.«
    »Soso.« Der kleine Gelehrte schloss das Döschen mit der Massagesalbe von Doktor Chamoucha. »Und darf man fragen, wer dir dabei assistieren wird?«
    »Du natürlich.«
    »Ich? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich habe noch nie bei einer solchen Operation geholfen!«
    »Dann ist es nun das erste Mal.« Vitus erhob sich und ergriff seine Arztkiste mit den Instrumenten. »Sag der Dienerin draußen, sie möge schon vorgehen und ausrichten, dass wir den Eingriff wagen. Enano bleibt hier und hütet das Haus. Nicht wahr, Zwerg? Du kannst auch schon einen Teil unserer Sachen packen, und mit ein wenig Glück erwischen wir morgen oder übermorgen ein Schiff, dass uns ins Adriatische Meer bringt.«
    Während der Winzling eifrig sein übliches »Wui, wui« fistelte, was aus dem Französischen kam und im Rotwelschen nichts anderes als »Ja, ja« bedeutete, schritt der Magister vor die Tür, wo Rabia geduldig wartete.
    »Richte deiner Gebieterin aus, wir werden den Sklaven heilen«, sagte er. »
Volente Deo
oder, um es mit deinen Worten auszudrücken: Wenn Allah will.«
     
    »Setz dich da auf den Stuhl, das Gesicht zur Sonne«, befahl Vitus dem Schwarzen. Er stand auf der Dachterrasse des mehrstöckigen, mit zahllosen Zinnen, Bögen und Erkern verzierten Anwesens von Chakir Efsâneh und richtete seine Instrumente auf einem bereitgestellten hohen Hocker aus.
    »Ja, Herr.« Der Guinea-Neger nahm ein wenig ängstlich Platz.
    »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin Cirurgicus und habe die Operation schon mehrfach ausgeführt. Sie dauert nur ein paar Minuten. Der Magister wird mir zur Hand gehen.«
    Der kleine Gelehrte nickte aufmunternd. »So ist es, so ist es. Sag mal, Vitus, wo steckt eigentlich die Dame des Hauses? Sie war doch so besorgt um Ngongo, da müsste sie eigentlich hier sein.«
    Die Dienerin, die in der Nähe stand, sagte: »Ich bin ja hier, Herr, die Gebieterin lässt sich entschuldigen. Aber sie legt Wert darauf, dass der Cirurgicus ihr anschließend den Verlauf der Operation schildert.«
    »Aha, nun ja, das ist wenigstens etwas«, brummte der kleine Gelehrte und gab sich mit der Antwort zufrieden.
    Unterdessen hatte Vitus das Flügelfell noch einmal intensiv in Augenschein genommen. Das
Pterygium
war ein zartes, schwach transparentes Häutchen, das im inneren Augenwinkel begann und das Sehorgan häufig bis zur Mitte überlappte. In diesem Fall war die dunkelbraune Iris des Patienten so stark verdeckt, das nur noch ein kleiner Teil von ihr freilag. Dann inspizierte er noch einmal die Instrumente auf dem Hocker. Ja, alles Notwendige schien vorhanden zu sein. Er konzentrierte sich und ging im Geiste die einzelnen Operationsschritte durch. »Magister, sei so gut und trete hinter den Patienten. Ja, so, die Position ist richtig.«
    Vitus wandte sich dem Schwarzen zu, der trotz des Zuspruchs immer ängstlicher dreinblickte. »Es wird nicht wehtun, Ngongo, nur ein wenig unangenehm sein.« Er nahm einen
Hamus acutus
, einen spitzen Wundhaken, und betrachtete ihn prüfend. »So, Magister, zieh ihm das obere Lid hoch.«
    Der kleine Gelehrte tat es.
    Eine große Fläche des Augapfels war nun sichtbar. Vitus probte mit der linken Hand ein paarmal die Bewegung, die er gleich mit dem Haken ausführen wollte. Sie sollte von der Mitte des Auges nach innen gehen. Als er sich seiner Sache sicher war, setzte er den Haken an und schob ihn unendlich vorsichtig nach links – genau zwischen Hornhaut und Flügelfell. Beides durfte auf keinen Fall verletzt werden. Als das Instrument ungefähr ein Viertelzoll tief eingedrungen war, hob er das Flügelfell leicht vom Augapfel ab.
    Dann, während er mit der Linken weiterhin das Fell hochhielt, griff

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