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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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beantworten.«
    Âmina Efsâneh nickte. Gespannt wartete sie auf die Wirkung des Kügelchens. Es bestand aus einer kleinen Menge Opium, Mandragora, Spargelessenz und einer Reihe anderer hochwirksamer Stoffe. Als Trägermasse diente Gummiarabikum mit eingedicktem Honig, und beides verlieh der Oberfläche eine gewisse Elastizität und Klebrigkeit. Auf der ganzen Welt gab es kein wirksameres Aphrodisiakum.
    »Es hängt mit dem Gleichgewicht der Säfte zusammen, die im Leibe arbeiten«, sagte Vitus. »Wir unterscheiden gelbe Galle, Blut, Schleim und schwarze Galle. Wenn nun gelbe Galle und Blut überwiegen, entsteht zu viel Hitze im Körper und damit das Verlangen nach Fleischeslust.«
    Die Hausherrin hatte kaum zugehört. Wie gut der blonde Cirurgicus doch aussah! So männlich, so stattlich. Wie tief seine Stimme war! Wie ernst er bei allem, was er sagte, wirkte! Unwiderstehlich. Sie musste ihn haben. Sofort. Ihre Worte klangen heiser, als sie sagte: »Ich verstehe, ich verstehe. Die Säfte sind in Wallung. Ich kenne das von einer Freundin. Sie gibt niemals Ruhe, bevor sie nicht einen Mann da hat, wo sie ihn haben möchte.«
    Sie stand auf und ging auf das Bett zu, ihn dabei nicht aus den Augen lassend. »Wollt Ihr nicht noch eines von den Kügelchen probieren?«
    »Nein, warum?«
    »Dann wollt Ihr vielleicht etwas anderes? Vielleicht einen Augenblick ruhen? Hier, bei mir?« Unvermittelt schlüpfte sie aus ihrem hauchzarten Gewand und legte sich auf das Bett. Sie schloss die Augen und seufzte. Es war ein sehnsuchtsvoller, lüsterner Laut. Dann zog sie langsam die Beine an und spreizte sie so weit, dass er tief in ihren Schoß blicken konnte, in ihren glatt rasierten Blütenkelch, den sie mit Henna rot gefärbt hatte, so wie es Chakir Efsâneh, der Perser, liebte, als er noch ein Stier war. Ihr Seufzen ging in Stöhnen über. Es würde den stattlichen Blonden wie magisch zu ihr hinziehen. Er würde es kaum erwarten können, in sie einzudringen. Sie wusste es, denn es war bei allen Männern so gewesen. Sie würde sich noch ein wenig zieren und ihm als Erstes die Weidengerte geben, damit er sie schlug. Nicht zu fest und nur auf das Gesäß. Hundert Mal, das würde genügen, um sie die höchsten Wonnen erreichen zu lassen. Und dann, dann würde auch er seine Lust haben dürfen. Vielleicht …
    »Es scheint, Ihr und Eure Freundin seid ein und dieselbe Person.« Die Stimme des Cirurgicus riss sie aus ihren Träumen. Sie klang sachlich und keineswegs erregt. Die Gebieterin schlug die Augen auf. Da stand er, seine Instrumente und Medikamente wieder in der Hand. Er wollte doch nicht etwa gehen?
    »Ich bin Arzt und kein lüsterner Satyr, merkt Euch das. Ihr leidet zwar an Hitze, nicht aber an der englischen Krankheit.«
    »Aber ich …«
    »Ich empfehle Euch dreimal am Tag ein Kaltwasserbad und dazu eine Arbeit, die Euch ausfüllt. Ich wünsche Euch einen entspannten Tag.«
    Sprach’s und ging.
     
    »Donnerwetter, die Dame ist ja ganz schön hartnäckig.« Der Magister schielte über seine Berylle hinweg und versuchte einen Blick auf die Botschaft zu erhaschen, die Vitus in den Händen hielt. »Was schreibt sie denn diesmal?«
    »Âmina Efsâneh entschuldigt sich für ihr Verhalten, es sei unverzeihlich, dennoch hoffe sie auf mein Verständnis, da ich ja Arzt sei und sie als Patientin betrachten müsse.«
    »Will sie denn, dass du sie behandelst?« Der kleine Gelehrte fuhr fort, das Bein seines Freundes zu massieren. Er tat es behutsam und gekonnt, denn in der Zeit ihrer Freundschaft hatte er vieles über Krankenpflege gelernt.
    »Nein, das nicht. Ich habe ihr schon zu kühlen Bädern geraten. Und auch zu Arbeit. Beides nimmt die Hitze aus dem Unterleib.« Vitus lehnte sich auf seinem Bett zurück. Die Massage seines Freundes tat gut. Heute, einen Tag nach seinem Besuch im Hause der liebestollen Kaufmannsfrau, ging es seinem Bein wieder ein wenig besser. »Sie möchte vielmehr, dass ich ihrem Sklaven Ngongo helfe. Er ist ein Schwarzer, der unter einem Flügelfell im linken Auge leidet. Sie fragt, ob ich es operieren könne. Der Mann müsse sonst verkauft werden, da seine Sehfähigkeit nicht mehr ausreiche.«
    »Warum sollst ausgerechnet du ihn operieren? Es gibt viele Ärzte in Tanger. Außerdem wollen wir weiterreisen. Hier hält uns nichts mehr, nicht wahr, Zwerg?«
    »Wui, wui, nix, nix!« Enano nickte so heftig, dass ihm die roten Haarbüschel um den Kopf flogen.
    »Die Operation eines
Pterygiums
kommt äußerst selten

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