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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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sondern ein überaus fetter, kostbar gekleideter Araber, der herangewatschelt war und ihn nach seinem Namen gefragt hatte.
    Der Araber wiederholte seine Frage.
    Alb schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern.
    Der Zwerg krähte: »Er kann nich truschen, so holm’s doch, Wanstmann!«
    »Was willst du mir sagen, Krüppel?«, fragte der Dicke mit öliger Stimme.
    »Der Laller is ab, der Schlecker!«
    Jetzt ahnte der Fettwanst, was der Zwerg meinte, denn er riss Alb den Mund auf und blickte hinein. »Bei Allah dem Weltenkundigen! Die Missgeburt hat Recht! Dem Burschen ist die Zunge herausgeschnitten worden. Wahrscheinlich hatte er ein vorlautes Maul wie alle Ungläubigen.«
    »Gewiss war es so, gewiss, Sîdi Ma’rûf ibn Abram!« Der kleine, an ein Wiesel erinnernde Muselmane, den Narbenauge mit dem Verkauf der Sklaven beauftragt hatte, war herbeigeeilt. »Allah, der Erbarmer, der Barmherzige hat ihn gestraft.«
    »Wer bist du?«, verlangte der Beleibte zu wissen. »Ich kenne dich nicht.«
    »Aber ich kenne dich, oh, Sîdi Ma’rûf! Wer wüsste angesichts deiner imposanten Erscheinung nicht, wen er vor sich hat!«, schleimte das Wiesel. »Mein Name ist Reda Alî.« Narbenauges Vertrauter kreuzte die Arme vor der Brust und verneigte sich so feierlich, als begrüße er einen orientalischen Despoten. »Ich bin befugt, diese prachtvollen Sklaven zu einem Schleuderpreis anzubieten. Niemals zuvor konntest du so gute Ware so billig erwerben.«
    »Das werden wir ja sehen.« Abermals riss Sîdi Ma’rûf den Mund von Alb auf. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht … ein Sklave, der nicht zu sprechen vermag, ist von Nachteil. Ich kann ihn nicht zum Souk schicken, damit er einkauft. Außerdem würde mir das Gegurgel auf die Nerven gehen.«
    »Aber sieh nur, dafür hat er makellose Zähne, und bedenke auch: Ein Sklave, der nicht sprechen kann, mag zwar von Nachteil sein, aber er ist immer noch besser als einer, der zu viel redet.«
    Sîdi Ma’rûf hatte kaum zugehört. Die Flohbisse an Albs Körper außer Acht lassend, betastete er mittlerweile dessen Armmuskeln. Was er fühlte, schien ihn zufrieden zu stellen, weshalb er vielleicht einmal mehr als nötig hinfasste. Dann glitten seine dicken Hände langsam über den Oberkörper des Stummen, tasteten nach Knoten, Geschwülsten oder anderen Veränderungen, untersuchten die Haut auf Narben und überschminkte Wunden, drückten auf Leber, Magen und Milz und ebenso auf jede einzelne Rippe. Als sie nichts fanden, wanderten sie zum Nabel und drangen weiter ungeniert vor bis zur Leistengegend. »Er leidet nicht an einem Bruch«, stellte er zufrieden fest
    Alb gurgelte irgendetwas. Es klang wie ein Protest.
    Der Fettwanst ging nicht darauf ein. Seine Patschhändchen machten sich jetzt an Albs Glied zu schaffen. »Natürlich, er hat die Wurst in der Pelle wie alle Ungläubigen. Eklig! Allah strafe diesen Mann!«
    »Wiewo?«, fistelte der Zwerg dazwischen. »Bist nix Bessres, nur weil du’n Blankmichel hast!«
    Sîdi Ma’rûf schnaufte: »Halt’s Maul, Krüppel, du reißt doch nur die Klappe auf, weil dich sowieso keiner will.« Dann wandte er sich Alb wieder zu. »Wollen mal sehen, ob wenigstens deine Eier nicht gebrochen sind.«
    Nachdem er sicher war, dass der Stumme auch keinen Hodenbruch hatte, strichen seine forschenden Hände über die Innenseiten der Oberschenkel, um zu prüfen, ob dort Krampfadern vorhanden waren. Er ging dabei sorgfältig, fast genüsslich vor, fand aber nichts Bemerkenswertes. Ächzend richtete er sich wieder auf und sagte zu dem Wiesel: »Im Großen und Ganzen macht der Kerl keinen allzu schlechten Eindruck, wenn man von den tausend Flohbissen absieht. Sag ihm, er soll mir den Rücken zukehren.«
    Reda Alî bedeutete Alb, er solle sich umdrehen.
    Der Stumme gehorchte.
    Sîdi Ma’rûf tastete den Sklaven weiter ab wie einen Gaul. Als er auch auf dem Rücken nichts außer den von Peitschenhieben herrührenden Narben entdecken konnte, sagte er: »Lass dem Mann die Fußfesseln abnehmen, damit er sich breitbeinig hinstellen kann. Dann soll er sich bücken, ganz tief bücken.«
    Das Wiesel befahl einem seiner Aufpasser, die Stricke zu lösen, und rief: »Los, los, Kopf runter! Sîdi Ma’rûf will dir in den Arsch gucken!«
    »Ganz recht, das will ich«, nickte der Fettwanst. »Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Sklave das hinterste Loch voller blauer Platzadern hat.«
    Doch diesmal gehorchte Alb, der bisher die Untersuchung lammfromm erduldet hatte,

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