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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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dass du eine Speise des Feuers wirst und jämmerlich in den Flammen verreckst!«
    Das waren Worte, die der Gebieterin gut gefielen. Sehr gut sogar. Verzückt lauschte sie weiter:
    »Mögest du in der Verdammnis schmoren bist zum Jüngsten Tag, bis zum Jüngsten Tag …« Sîdi Ma’rûf unterbrach sich und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Zornesausbruch hatte ihn Kraft gekostet. Etwas verhaltener fuhr er fort: »Nun ja, vielleicht nicht bis zum Jüngsten Tag. Niemand auf dieser Welt ist ohne Sünde, und aus einem Ungläubigen kann immer noch ein Gläubiger werden. Und so wahr Allah der Allmächtige weiß, dass ich zu den Standhaften, den Andachtsvollen und den Spendenden im Morgengrauen zähle, so wahr ist auch, dass du einen prächtigen Körper hast. Ein bisschen mager zur Zeit, sicher, aber das ist nur eine Frage der Speisemenge, die ich in dich hineinstopfen werde – wenn ich dich nehme. Falls ich dich nehme.«
    Das Wiesel hatte die Neunschwänzige in dem Augenblick fortgelegt, als er sah, dass die Wut des Dicken verrauchte. Jetzt beeilte er sich zu versichern: »Oh, Sîdi Ma’rûf, ich bin sicher, du wirst ihn kaufen, denn ich mache dir einen Preis, dem du nicht widerstehen kannst.«
    »So, wirst du das? Ich denke, hier ist nicht der richtige Ort, um über Geld zu reden. Zu heiß, zu heiß. Viel zu heiß! Wir sollten das Ganze bei frisch aufgegossener Minze in einer der umliegenden Fenaduks besprechen. Ich schlage vor,
Das Gärtchen des Propheten
aufzusuchen.«
    »Natürlich, natürlich, aber bist du denn nur an dem Blonden interessiert oder auch an dem Stummen? Denke doch an sein prachtvolles Gebiss.«
    »Das werden wir sehen. Begleite mich, wenn du es wissen willst.« Sîdi Ma’rûf wollte in Richtung der genannten Herberge loswatscheln, da unterbrach ihn ein ungeduldiger Ruf:
    »Ich biete für beide eine spanische Golddublone!«
    Der Dicke fuhr herum. »Nanu, wer war das?« Dann erkannte er die Sänfte mit dem weithin sichtbaren Wappen des Kaufherrn Chakir Efsâneh. »Oh, du bist es, Âmina, Blume des Orients! Gemahlin meines geschätzten Konkurrenten! Welch eine Überraschung. Darf ich fragen, was dich dazu veranlasst, für diese wertlosen Sklaven eine derart hohe Summe ausgeben zu wollen?«
    Bevor die Gebieterin antworten konnte, stand schon das Wiesel zwischen ihnen. »Verzeih, wenn ich widerspreche, Sîdi Ma’rûf, aber die beiden Sklaven sind alles andere als wertlos. Du weißt es selbst. Und dir, oh, Âmina Efsâneh, wage ich kaum entgegenzuhalten, dass eine lächerliche Golddublone bei weitem zu wenig ist. Sicher wolltest du nur einen Scherz machen. Haha! Der Wert beläuft sich mindestens auf das Dreißigfache.«
    »Ja, ja, ja.« Die Gebieterin kannte von Kind auf das Gefeilsche auf arabischen Märkten, hatte es aber niemals als erbaulich empfunden, da ihre Ungeduld dagegen stand. Die Weidengerte erschien im Fenster der Sänfte und wurde mehrmals heftig an den Rahmen geschlagen. »Vielleicht habe ich tatsächlich einen Scherz gemacht. Lass mich überlegen.«
    Doch die Herrin ließ sich kaum Zeit dazu, denn immer mehr begehrte sie den Blonden zu ersteigern. In ihrem Kopf war ein Plan gereift, den sie um jeden Preis in die Tat umsetzen wollte. Sie bot aufs Geratewohl eine Summe, von der sie glaubte, sie müsse reichen.
    Das Wiesel heulte auf. »Edle Âmina Efsâneh, du willst mich an den Bettelstab bringen!«
    Die Gebieterin erhöhte ihr Angebot.
    »Oh, ich muss dir ein Geständnis machen: Wenn ich vom Dreißigfachen sprach, so meinte ich keinesfalls beide Prachtburschen, sondern natürlich nur einen. Aber auch für einen ist dein Gebot noch viel zu niedrig.«
    »Beim Blute Christi! Jetzt reicht es aber!« Alle Köpfe fuhren herum und forschten nach dem Rufer. Es war der Magister. Er war hochrot im Gesicht, und das ganz sicher nicht von der Hitze. »
Liberum corpus nullam recipit aestimationem
, wie man bei uns im christlichen Abendland zu sagen pflegt! Und um es euch, die ihr euch in allen Belangen so grenzenlos überlegen fühlt, zu übersetzen: Der Körper eines freien Menschen lässt sich nicht in Geld schätzen! Versteht ihr? Frei waren wir noch bis vor wenigen Tagen. Frei wie jeder hier von euch im Souk. Was gibt euch eigentlich das Recht, uns zu versklaven? Ich fordere …«
    Weiter kam er nicht. Reda Alî hatte erneut von der Peitsche Gebrauch gemacht.
    Dafür rief Vitus jetzt mit weit tragender Stimme: »Du kannst uns peitschen, aber nicht mundtot machen! Ich verlange im Namen

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