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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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mal.«
    »Sieh zu, dass du sie glücklich machst.«
    »Darauf kannst du dich verlassen. Du könntest mir dabei sogar helfen.«
    »Was soll das schon wieder heißen?«
    »Du bist aus ihrem Leben verschwunden, Billy. Es hätte keinen Sinn, wieder aufzutauchen.«
    »Willst du mich warnen?«
    »Guter Gott im Himmel, natürlich nicht! Ich will nur...«
    »Mich nur bitten, dir freie Bahn zu lassen.«
    »Na ja, äh... ganz so würde ich es nicht ausdrücken, aber...« Surtees brachte ein Lächeln zustande, das einerseits Dankbarkeit erahnen ließ, weil es ihm erspart blieb, diesen Sachverhalt zuzugeben, und zugleich auch ein bisschen Scham darüber, dass er das Spandrel überlassen hatte. »Ja, darum wollte ich dich bitten. Lass die alten Geschichten auf sich beruhen. Maria zuliebe.«
    Der sonnige Nachmittag wich langsam einem taubengrauen Abend, als Spandrel den Rückweg zum Cat and Dog Yard antrat. Surtees hatte natürlich Recht. Für ihn, Spandrel, wäre nichts gewonnen, wenn er versuchte, sich zwischen Maria und ihren Zukünftigen zu stellen. Damit würde er sich höchstens lächerlich machen. Er hatte seine Chance gehabt und sie sich durch die Finger gleiten lassen. Das Vernünftigste war es jetzt, andere Gelegenheiten zu ergreifen, die sich ihm boten. So wie Maria ihn vergessen hatte, würde er sie vergessen müssen.
    »William Spandrel?«
    Die Stimme hallte in dem engen Flur wider wie eine gedämpfte Glocke, als Spandrel vom Hof aus die schäbige Unterkunft betrat.
    »William Spandrel?«, erklang die Frage erneut.
    »Ja, ich...«
    »Kommen Sie bitte mit.«
    Kräftige Hände schlössen sich um Spandrels Ellbogen und Schultern. Überrascht bemerkte er, dass er in den Hof geführt wurde. »Was... wer sind Sie?« Ein absurder Gedanke schoss ihm in den Sinn. »Ich habe meine Schulden bezahlt.« Dann fiel es ihm wieder ein: Es war Sonntag. »Sie können keine Gerichtsbüttel sein!«
    »Wir sammeln nicht Geld ein, Spandrel. Wir sammeln Leute ein.«
    »Was?«
    »Sie werden gesucht.«
    »Von wem?«
    »Das werden Sie früh genug erfahren. Die Kutsche wartet. Möchten Sie friedlich mitkommen?« Der kalte Knauf eines Knüppels wurde gegen seinen Wangenknochen gedrückt. »Oder überaus friedlich?«
    Die Kutsche hatte verdunkelte Fenster, und Spandrel wurde von seinen Häschern in festem Griff gehalten. Die ganze Fahrt über blieben die zwei Männer wortkarg und bedrohlich. Durch eine Lücke zwischen den Fensterläden konnte Spandrel im dämmrigen Licht lediglich schemenhaft Straßenecken erkennen. Aber er hatte nicht umsonst jede Gasse und Straße Londons vermessen. So konnte er nach jedem Abbiegen die Entfernungen berechnen, und auch die jeweiligen Geräusche gaben ihm Aufschluss über die Orte. Die Fleet Street und den Strand hinunter nach Charing Cross, dann die Whitehall entlang zur Westminster Abbey, deren Glocken die Gläubigen gerade zum Abendgottesdienst riefen, vorbei an der Südseite des St. James's Park zum Buckingham House und schließlich auf der King's Road zwischen immer dunkler werdenden Feldern nach Chelsea.
    Warum Chelsea? Ihm fiel nur ein möglicher Grund ein, und an den wollte er nicht glauben. Aber als sie das Royal Hospital erreichten und in einem Hof hinter dem Orfort House anhielten, der Residenz, wie jeder Londoner wusste, von Robert Walpole, dem Ersten Schatzkanzler, um nur den wichtigsten Titel zu nennen, musste er es glauben.

32 Ein neuerlicher Blick ins Grüne Buch
    Der Raum mit den hohen Wänden war schlecht beleuchtet, die Fenster mit Blick auf irgendeinen Innenhof lagen im Dunkeln. Ja, der gesamte Raum schien in Dunkelheit gehüllt, obwohl - oder gerade weil - im Kamin ein mächtiges Feuer prasselte, dessen Flammen geisterhaft flackernde Schatten ihrer selbst auf die mit Gold durchwirkten Teppiche warfen, die an den Wänden hingen.
    Einen Moment lang wähnte sich Spandrel allein. Dann aber sah er, wie sich auf einem gewaltigen Tagesbett, das die Hälfte der Längswand ihm gegenüber einnahm, eine Gestalt regte. Ein massiver Mann mittleren Alters mit Hängebauch und rotem Gesicht, bekleidet mit schlichter Weste und Reithose, wuchtete sich hoch, nicht ohne sich dabei unter seiner Perücke zu kratzen. Sich mehrmals kräftig räuspernd, durchquerte er den Raum und spuckte ins Feuer, ehe er sich zu Spandrel umwandte, der sich mittlerweile so ungläubig wie widerstrebend der Erkenntnis gebeugt hatte, dass er keinen geringeren als den Hausherren selbst vor sich hatte - Robert Walpole.
    »Eine Kolik

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