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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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vier Männer zwischen der Nebelwand über dem Fluss und der Straße nach Interlaken eingefunden hatten. Wenige Worte wurden gewechselt, außer Cloistermans gestammelter Bitte um die Rücknahme des Duells und Wagemakers barscher Weigerung, die McIlwraith mit einem schicksalsergebenen Schulterzucken beantwortete. Spandrel und Cloisterman fröstelten. Ihr Unbehagen waren ihnen deutlich anzusehen, wohingegen die zwei Männer, die drauf und dran waren, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, eisige Ruhe bewahrten. Nachdem sie ihre Mäntel abgelegt hatten, öffnete Wagemaker seinen Pistolenkoffer, damit McIlwraith eine von den zwei gleichen Waffen wählen konnte. Dann lud jeder seine Pistole; offenbar gingen sie stillschweigend davon aus, dass ihre Sekundanten dieser Aufgabe nicht gewachsen wären.
    »Wir sollten eine Münze werfen und so ermitteln, wer das Recht hat, zuerst zu schießen«, schlug Cloisterman vor und fischte ein Geldstück aus seiner Tasche. »Es sei denn...« Mit einem Kopf schütteln brach er seinen letzten Vermittlungsversuch ab.
    Wagemaker fixierte McIlwraith. »Nicht nötig. Jeweils zehn Schritte, dann umdrehen und schießen. Abgemacht?«
    »Wie Sie wollen«, meinte der Schotte. »Wenn Sie das schon so dringend wünschen, können Sie ruhig auch den Ablauf bestimmen.«
    »Dann ist es also abgemacht. Sie können Ihr Geld einstecken, Cloisterman.«
    »Darf ich dann wenigstens die Schritte für Sie abzählen?«, bat der Konsularbeamte mit geschürzten Lippen.
    »Von mir aus«, knurrte Wagemaker. »Kann es dann losgehen?«
    »Auf ein Wort noch«, bat McIlwraith, »bevor wir anfangen.«
    »Ja?«
    »Dorothea hätte nicht...«
    »Den Namen meiner Schwester nehmen Sie nicht in den Mund, Sir! Ich gehe nicht so weit, dass ich Ihnen dieses Recht einräumen würde.«
    »Aber so weit, dass Sie die Erinnerung an sie beschmutzen, gehen Sie sehr wohl.«
    »Bei Gott, Sie haben Nerven. Dann zeigen Sie uns, wie gut Sie sind. Sind Sie zum Kämpfen oder zum Reden gekommen?«
    »Ich bin gekommen, um Ihnen Genugtuung zu geben, Colonel, wie es meine Pflicht ist. Aber eines sollte klar sein. Dorothea hat vor acht Jahren ihr Leben geopfert, um genau das zu verhindern.«
    »Ist das wahr?«, fragte Cloisterman.
    »Ob wahr oder nicht, es geht Sie nichts an!«, bellte Wagemaker. »Aus dem Weg mit Ihnen, damit wir anfangen können!«
    »Na schön.« Cloisterman trat zurück und forderte Spandrel mit einer Geste auf, ihm zu folgen.
    Als die zwei Sekundanten etwa dreißig Meter von ihnen entfernt waren, spannte Wagemaker seine Waffe, und McIlwraith tat es ihm gleich. Sie nickten einander kurz zu und bezogen Rücken an Rücken Stellung.
    »O Gott«, stöhnte Cloisterman, »jetzt passiert es tatsächlich!«
    »Dachten Sie, es ließe sich verhindern?«, fragte Spandrel.
    »Ich hatte es gehofft.« Cloisterman seufzte, dann rief er. »Sind Sie bereit?«
    »Bereit!«, antwortete Wagemaker.
    »Bereit«, bestätigte McIlwraith.
    »Eins!«, rief Cloisterman, und die Kontrahenten setzten sich in Bewegung.
    In den Kreisen, in denen Spandrel aufgewachsen war, spielten Duelle keine Rolle. Sie waren für ihn ein eigenartiger und exotischer Luxus der höheren Klassen, den sich allenfalls Offiziere der Armee, auch diejenigen niederer Herkunft, nach einer alten Gewohnheit leisteten. Einmal war er Zeuge eines solchen Kampfes geworden, was er Dick Surtees zu verdanken hatte, der in einem Kaffeehaus zufällig mitbekommen hatte, wie die Sekundanten die Vereinbarung trafen, und dann vorgeschlagen hatte, sie sollten doch hingehen und sich ansehen, »wie zwei Stutzer mit Spatzenhirn einander als Zielscheiben für ihre Schießübungen benutzen«. Es war eine unblutige Knallerei gewesen. Die »zwei Stutzer mit Spatzenhirn« hatten meilenweit danebengeschossen und darüber äußerst erleichtert gewirkt. Am Ende waren sie wie dicke Freunde Arm in Arm davon spaziert. Spandrel wünschte sich insgeheim, dass es jetzt so ähnlich ausgehen würde. Doch im Grunde seines Herzens wusste er, dass das nicht möglich war. Blut würde in jedem Fall vergossen werden, und einer von den beiden würde höchstwahrscheinlich tot liegen bleiben, wenn in wenigen Sekunden die Schüsse gewechselt wurden. Er hoffte inständig, dass das nicht McIlwraith sein würde. Doch er hatte große Angst, dass es so kommen würde. Als die Zehn ausgerufen wurde, hielt er den Atem an.
    Die zwei Männer hatten sich knapp zwanzig Meter voneinander entfernt, als sie stehen blieben. Wagemaker wirbelte auf dem

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