Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
Vom Netzwerk:
ihren Nerven. Sie fror und hatte große Angst.
    Die Euphorie nach der geglückten Befreiungsaktion war längst verflogen. Jetzt wollte sie nur noch ein warmes Plätzchen, am besten so weit wie möglich entfernt von der undankbaren Zicke, die die ganze Zeit hinter ihr herstolperte und quengelte. Norma Williams hatte das Zeug dazu, Weltmeisterin im Nörgeln zu sein.
    Wie Dabrowski vermutet hatte, war die Checkya mit Hilfe von Winkersignalen angewiesen worden, nach den Flüchtlingen zu suchen, und als sie zur Oberbaum-Brücke gelangten – die über den Rhein führte und Berlin mit Warschau verband –, mussten sie feststellen, dass die SS sie gesperrt hatte. Niemand kam über den Berliner Sektor nach Warschau, ohne von der SS gründlich kontrolliert zu werden. Obendrein hatte Vanka ihnen versichert, dass die Mitglieder des SS -Ordo Templi Aryanis »unbestechlich« seien.
    Schließlich überquerten sie den Fluss im Boot eines Mannes, dem Geld mehr bedeutete als sein Leben. Es waren zwanzig gruselige und nervenaufreibende Minuten, in denen sie im Schatten der Brückenpfeiler den Rhein überquerten, sich durch die Eisklumpen schlängelten, die in dem fast zugefrorenen Fluss drifteten, und den Geistern dankten, dass der Schneesturm, in dem die Demi-Monde versank, immer stärker wurde.
    Eine höchst unangenehme, aber letztlich erfolgreiche Bootsfahrt.
    Sobald sie am polnischen Ufer angelegt hatten, führte Hauptmann Dabrowski seine kleine Truppe durch die schmalen, von Menschen wimmelnden Gassen Warschaus zu einer Kneipe in der Nähe der Dockanlagen. Man schien ihn dort zu kennen, und als er mit seinen verwahrlosten Begleitern eintrat, zuckte keiner auch nur mit der Wimper. Der Wirt am allerwenigsten. Ohne ein Wort führte er seine Gäste zu einem der Tische in der Nähe des Kamins, beeilte sich, ihnen eine dampfende Suppe vorzusetzen, und wies seine Angestellten an, die Gästezimmer herzurichten.
    Nach dem Abendessen setzte sich Ella an den Kamin, um sich etwas aufzuwärmen und über die Ereignisse nachzudenken. Die Veränderungen waren erschreckend in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich noch vor wenigen Tagen den Kopf höchstens darüber hatte zerbrechen müssen, wie sie ihre Miete zahlen und genügend Geld zusammenkriegen konnte, um das College zu besuchen. Erschreckend … aber auch ungemein aufregend.
    O ja, in der Demi-Monde konnte es ganz schön unbequem und gefährlich werden, aber es war das erste Mal, dass sie ihr Leben als aufregend bezeichnen konnte. So ungern sie es zugab, sie genoss dieses Abenteuer. Okay, Norma Williams war zum Kotzen, aber davon abgesehen …
    Plötzlich sah sie, wie Vanka mit drei großen Krügen Lösung am Tresen vorbeischlenderte. Ja, es gab Dinge, die einen für Norma Williams ständige Jammerei entschädigten, Vanka Maykow zum Beispiel. Das Seltsame an Vanka war, dass sie ihn mochte, obwohl sie wusste, dass er ein Gauner und Filou war. Er brachte sie zum Lachen, und es hatte nicht viele Männer in Ellas düsterem Leben gegeben, die sich das auf die Fahne schreiben konnten.
    Trotzdem war er nur ein Dupe. Obendrein einer, der ein wenig auf Distanz gegangen war, seit er wusste, dass sie eine Dämonin war, obwohl er ihr zugemurmelt hatte, dass sie immer noch die attraktivste Frau im ganzen ForthRight war, Dämonen hin, Dämonen her.
    Sie lächelte traurig. Das Leben war ungerecht. Nicht ihre Hautfarbe hatte Vanka nervös gemacht, sondern die Tatsache, dass sie Realität war. Doch dann lachte sie in sich hinein. Vielleicht bedeutete es ja nur, dass er kein Rassist, sondern Realist war.
    Norma Williams riss sie jäh aus ihren Gedanken. Sie setzte sich in den Sessel neben Ella und massierte sich in der Wärme des Feuers das rechte Knie. Auf dem Weg nach Warschau hatte sie sich so sehr beklagt, dass das Bein wohl tatsächlich schmerzen musste; falls sie aber Mitleid erwartete, war sie schief gewickelt. Ella hielt Norma Williams für ein verhätscheltes, arrogantes Gör.
    »Hi.«
    »Hi.«
    »Hör mal … Ella«, begann Norma. »Das war wahrlich kein guter Start. Vielleicht war ich ein bisschen überdreht und nervös nach diesem Gespräch mit Heydrich. Vielleicht hat mir diese ganze Sache mit der Flucht Panik gemacht. Wie auch immer, ich dachte, wir könnten nochmal von vorn anfangen.« Das Mädchen streckte ihr die Hand entgegen. »Ich heiße Norma Williams, aber du kannst mich gern Norma nennen.«
    Ella schüttelte ihre Hand. »Okay, Norma, Schwamm drüber.«
    »Du gehörst also zu meiner

Weitere Kostenlose Bücher