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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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der Mann, den die Zeitung als »Retter Warschaus« und alle anderen als »Heydrichs Polakenmarionette« bezeichneten. Der Mann, der als Kopf der Warschauer Verwaltung von der Partei damit beauftragt worden war, im Ghetto Recht und Ordnung durchzusetzen und dafür zu sorgen, dass mit Dissidenten oder Abweichlern kurzer Prozess gemacht wurde. Trixie lief es kalt über den Rücken. Der Kerl war widerwärtig: genauso schleimig und heuchlerisch wie sie sich einen Vertreter des GoldVolkes – einen Ersatzarier – immer vorgestellt hatte.
    Dabrowski war quer durch den Raum geeilt und hatte Olbracht die Hand entgegengestreckt. Seine übliche Selbstsicherheit und Haltung schienen wie weggeblasen. Er sah wie ein aufgeregter Schuljunge aus, als er so mit roten Wangen und unsicherer Stimme dastand und nervös von einem Bein aufs andere trat. Sein Auftreten weckte kein Vertrauen und seine Antwort auf die barsche Frage des Mannes ebenso wenig.
    »Wir sind soeben aus den Rookeries geflohen, Chefdelegierter, und ich bringe schockierende Nachrichten. Wir haben aus Heydrichs eigenem Mund erfahren, dass binnen drei Tagen mit der Liquidierung der Menschen im Ghetto begonnen werden soll – Heydrich bezeichnete es als ›Endlösung‹. Der SS -Ordo Templi Aryanis soll unter dem Befehl von Archie Clement ganz Warschau dem Erdboden gleichmachen.«
    »Dummes Geschwätz«, schnaubte der Chefdelegierte, ließ sich in einen Sessel am Kamin fallen und genehmigte sich einen tüchtigen Schluck aus dem Glas, das der Wirt ihm gebracht hatte. Er schmatzte anerkennend und hob dann das Glas mit einer ironischen Geste in Dabrowskis Richtung. »Auf Warschaus Kassandra!« Dann kippte er den Rest in einem Zug hinunter. »Und wegen dieses Unsinns haben Sie mich aus dem Bett geholt, Dabrowski?«
    »Es ist die Wahrheit.«
    Der Chefdelegierte tat Dabrowskis Einwände mit einer Handbewegung ab und bedeutete dem Wirt, auch den anderen Delegierten etwas zu trinken zu bringen. »Sie und die anderen Heißsporne aus der Widerstandsarmee haben schon öfter Alarm geschlagen, und trotzdem sind wir noch da, heil und gesund, ohne dass Archie Clement und seine Schergen uns auch nur ein Haar gekrümmt hätten. Das Verwaltungskomitee ist der einhelligen Meinung« – damit deutete er mit dem Kinn auf die Männer in seiner Begleitung –, »dass die Anglos ziemlich blöd wären, das Ghetto zu überfallen. Warum sollten sie Männer und Material verschwenden, um Warschau und die Polen zu zerstören, wenn doch von uns überhaupt keine Gefahr für das ForthRight ausgeht?« Er schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn, Dabrowski. Heydrich mag uns Polen hassen, aber dumm ist er nicht.«
    »Ich habe aber selbst gehört …«
    »Was haben Sie gehört? Geben Sie es zu, Dabrowski. Heydrich kann fluchen und toben und drohen, aber er weiß genauso gut wie wir, dass es eine Vergeudung von Zeit und Energie wäre, Warschau anzugreifen. Nein, die wirklichen Feinde des ForthRight sind diese verdammten herEtikalistischen Hexen. Der nächste Krieg wird in Coven geführt werden, nicht hier.«
    Die anderen Mitglieder des Komitees murmelten zustimmend.
    Der Chefdelegierte bedeutete Dabrowski, Platz zu nehmen. »Sie sehen ziemlich mitgenommen aus, Dabrowski. Vielleicht hören Sie auch schon Stimmen. Man hat mir berichtet, dass Soldaten, die zu lange an der Front waren, anfangen zu illumnizieren und den Verstand verlieren. Sie sollten sich eine Auszeit nehmen.«
    Dabrowskis Reaktion kam unerwartet. Hätte er Ruhe bewahrt, hätte er die Delegierten vielleicht überzeugen können, stattdessen bekam er einen Wutanfall. »Verdammt nochmal, Chefdelegierter, ich habe eine Zeugin.« Er zeigte auf Trixie. »Lady Dashwood war dabei, sie hat ebenfalls gehört, was Heydrich …«
    »Dashwood? Die Tochter von Kamerad Kommissar Algernon Dashwood?« Der Chefdelegierte brach in schallendes Gelächter aus. »Sie erwarten doch nicht, dass wir der Tochter eines Mannes vertrauen, der Tausende von unseren Männern zu Tode schuften lässt, um seine Eisenbahnlinie zu bauen? Meinen Sie im Ernst, dass dieses Komitee der Aussage einer Dashwood Glauben schenken würde?«
    Trixie war empört. »Sir, ich muss Sie darauf hinweisen …«, begann sie, wurde aber von Olbracht sofort niedergeschrien.
    »Sie, mein Fräulein, werden mich auf gar nichts hinweisen«, fuhr er sie an. »Sie werden den Mund halten, wie es sich geziemt, wenn Männer sich unterhalten. Ich bin nicht hierhergekommen, um mir das Geschwafel eines

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