Die Mission
Gang«, entgegnete Wysochi und zeigte auf die Rauchfähnchen, die aus dem Schornstein stiegen. Dabrowski errötete, seine Unkenntnis war ihm peinlich.
»Sollen wir ablegen, Major?«, fragte Gorski, der das Zittern in seiner Stimme kaum verhehlen konnte.
Trixie erstarrte. Die wichtigste Lektion, die sie während ihrer Zeit auf dem Rhein gelernt hatte, war, dass es an Bord eines Dampfschiffes immer nur einen Kapitän geben durfte. Bei zwei war die Katastrophe vorprogrammiert.
»Auf dem Schiff gebe ich die Befehle, Major«, sagte sie knapp. »Während wir an Bord sind, werden Sie tun, was ich Ihnen sage und wann ich es Ihnen sage. Haben Sie verstanden?«
Dabrowski sah sie an, als hätte sie ihm ins Gesicht geschlagen. »Wie können Sie es wagen …«
»Ich wage es, weil jetzt nur ich allein für die Sicherheit dieser Schiffe und ihrer Mannschaft verantwortlich bin.«
»Ich lasse mir doch von einer Frau nichts sagen.«
Für Trixie war es wie eine Offenbarung. Die Verachtung in Dabrowskis Stimme führte ihr vor Augen, dass ihre Zukunft – ihr Schicksal – nun ganz allein von ihr abhing. Sie war selbst für sich verantwortlich. Das ForthRight hatte ihr altes Leben zerstört, also brauchte sie sich nicht länger an dessen Gesetze und gesellschaftliche Normen zu halten. Um in dieser neuen, feindlichen Welt zu überleben, musste sie sich als Frau beweisen. Sie musste stark und selbstständig sein. Ihr Vater hatte immer wieder gesagt, dass sie intellektuell jedem Mann gewachsen sei, jetzt musste sie beweisen, dass sie es auch an Willenskraft mit jedem Mann aufnehmen konnte.
»Wenn es Sie derart stört, dass ich eine Frau bin, Major, dann schlage ich vor, dass Sie an Land bleiben oder jemand anderen damit beauftragen, die Schiffe zu steuern.«
Das Ultimatum zeigte Wirkung. Dabrowski holte tief Luft und nickte dann kurz. »Wie Sie wünschen! Aber merken Sie sich, Miss Dashwood, diese Kränkung werde ich nicht vergessen.«
Trixie wischte seine Drohung mit einer Handbewegung beiseite. »Am besten lassen wir die Kähne erst einmal in die Mitte des Flusses driften, so haben wir mehr Raum zum Manövrieren. Major, sagen Sie Ihren Männern, dass sie die Taue an den drei Booten losmachen sollen, und Sie, Leutnant, suchen eine Axt und sorgen dafür, dass man das Tau zum zweiten Schleppkahn kappt.« Nachdem sie die Befehle erteilt hatte, ging sie mit Dabrowski an Bord des Dampfschiffes. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Trotz dieser äußerlichen Demonstration von Selbstbewusstsein hätte ihre Unerfahrenheit sie um ein Haar in größte Gefahr gebracht. Zwar gelang es Major Dabrowski, die Taue loszumachen, mit denen die Schiffe am Kai befestigt waren, doch vergaß Trixie in der Aufregung, dass Dampfschiffe über eine Sicherheitsleine mit einer Alarmglocke verbunden sind. Während die losgebundenen, schwerfälligen Schiffe von der Strömung langsam vom Kai weggetrieben wurden, spannte sich das Seil an, und etwa fünfzehn Meter vom Ufer entfernt läutete die Glocke. Die Reaktion ließ nicht auf sich warten. Laternen flammten auf, Befehle wurden gebrüllt, das Knirschen von mit Nägeln beschlagenen Stiefeln hallte über den Kai, und dann tauchte aus der verschneiten Dunkelheit ein Checkya-Trupp auf.
»Schießt, ihr Taugenichtse«, schrie Feldwebel Wysochi. Eine zerfledderte Gewehrsalve prasselte über das Dampfschiff. Vom Brückendeck aus konnte Trixie wegen des dichten Schneetreibens nicht sehen, wie wirkungsvoll sie gewesen war, doch das Geschrei deutete darauf hin, dass vereinzelte Kugeln ihr Ziel erreicht hatten.
Die Checkya schoss planlos zurück. Eine Kugel schlug neben dem Ruderhaus ein, sodass Trixie den vorbeifliegenden Splittern ausweichen musste. Instinktiv duckte sie sich, um keine allzu große Zielscheibe abzugeben, doch dann fluchte sie, weil sie so feige war, und richtete sich erneut auf. Jetzt war nicht die Zeit für Feigheit. An der Tür tauchte ein verrußtes Gesicht auf. »Die Maschine läuft auf vollen Touren, Miss«, schrie der junge Mann und hob den Daumen in die Höhe. Trixie legte den Hebel um. Von hinten kam ein Dröhnen, während ein Beben und Rütteln durch das Schiff lief und die Kolben stampften. Das Deck unter ihren Füßen bebte. Sie spürte den Ruck, als die Schiffschraube ihre Arbeit aufnahm, und einen Stoß von hinten, als sich das Schiff aus eigener Kraft in Bewegung setzte. Der Lärm auf dem Brückendeck war ohrenbetäubend; sie konnte kaum ihre eigenen Gedanken hören.
»He, Soldat, stell
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