Die Mission
dich vorn an den Bug«, schrie sie aus vollem Hals. Dann sah sie das verständnislose Gesicht des Jungen. »Geh ganz nach vorn und schrei, sobald du die Oberbaum-Brücke siehst. Ich kann nichts sehen in diesem Schneetreiben. Du musst mir helfen, in der Mitte des Flusses zu bleiben.« Der Junge verschwand im Schnee.
Die schweren Kähne zu manövrieren war ein echter Albtraum. Trixie musste sich anstrengen, um das Ruder unter Kontrolle zu behalten, während die Strömung mit ihnen spielte und die Kähne immer wieder hob und senkte. Ihre Muskeln schmerzten, so kräftezehrend war es, sie in der Fahrrinne zu halten.
Zwei weitere Kugeln schlugen in die Wand des Ruderhauses ein, doch Trixie war so darauf konzentriert, das Steuer hin und her zu werfen und die Kähne achteraus zu halten, dass sie sie gar nicht wahrnahm. Plötzlich tauchte Wysochi auf und starrte sie irre an. »Helfen Sie mir«, keuchte Trixie. »Ich muss diesen Kahn auf Kurs halten.«
Nur dank Wysochis gewaltigen Kräften gelang es ihnen, die Boote auszurichten, buchstäblich in letzter Sekunde. Plötzlich hörten sie einen Schrei, der vom Bug kam. »Ich sehe die Brücke. Etwa einhundert …«
Der Satz wurde von einem Schuss und einem lauten Platschen beendet, als der Junge in den Fluss fiel. »Feldwebel, gehen Sie vorne zum Bug!«, schrie Trixie. »Sie müssen mich lotsen.«
Wysochi zögerte einen Moment, dann verschwand er in der Dunkelheit. Ohne seine kräftigen Arme hatte Trixie nun Mühe, das Schiff allein auf Kurs zu halten. Sie spürte, wie sich das Steuer, das sie mit beiden Händen umklammerte, immer stärker drehte und wand, während sich die Schiffe den mächtigen Strudeln um die Brückenpfeiler näherten. Als die Schleppkähne von der Strömung erfasst wurden, geriet auch das Heck des Dampfschiffes ins Trudeln. Trixie gab der Maschine mehr Kraft, um dem Abdriften der Kähne entgegenzuwirken, voller Panik, dass sie außer Kontrolle gerieten, gegen die Brückenpfeiler krachten und in Längsrichtung daran hängenblieben.
Leutnant Gorski steckte den Kopf durch die Tür.
»Was ist mit dem zweiten Schleppkahn?«, rief Trixie gegen das Dröhnen der Maschine an, die nun auf vollen Touren lief. »Habt ihr ihn gekappt?«
»Major Dabrowski ist immer noch dabei, das Tau durchzuschneiden. Die Checkya macht es ihm nicht gerade leicht. Er hat bereits zwei seiner Männer verloren.«
»Schafft mir dieses Scheißschiff vom Hals!«, schrie Trixie aus vollem Hals, obwohl es für eine junge Frau ihrer Herkunft höchst unangebracht war, und duckte sich, als ein Kugelhagel in die Wand des Ruderhauses einschlug. Wer immer die Kerle befehligte, musste mittlerweile bemerkt haben, dass sie vorhatte, die Boote stromaufwärts zu bringen, und daher unter der Oberbaum-Brücke durchmusste. Das Schiff war jetzt so nah an der Brücke, dass sie die Funken in den Gewehrläufen der Checkya-Soldateska sehen konnte, die von oben auf sie schossen.
»Geht in Deckung!«, hörte sie Wysochi seinen Männern zurufen. Dann feuerte er so lange auf die Brücke, die sich im Schnee dunkel über ihnen abzeichnete, bis sein Magazin leer war.
Zwei Brückenpfeiler bewegten sich zu beiden Seiten des Bugs an ihnen vorbei. Hier war die Strömung stärker, und das schlingernde Schiff schrammte nur haarscharf an den Pfeilern entlang. Dann schoss es plötzlich ins offene Wasser hinaus wie ein Korken, der aus einer Flasche knallt. Doch ihr Jubel verebbte bald. Der erste Schleppkahn war wie ein Wunder unter der Brücke durchgekommen, ohne steckenzubleiben oder zu kentern, der zweite jedoch nicht. Er drehte sich und verfing sich längs der Brücke zwischen den beiden mittleren Pfeilern. Trixie konnte die Maschine so sehr aufdrehen, wie sie wollte, die drei Schiffe steckten fest und wurden von dem unlösbar verkeilten zweiten Schleppkahn wie von einem Anker festgehalten. Jetzt saßen die Soldaten an Bord wie die Hühner auf der Stange, während es von der Brücke Schüsse hagelte. Dabrowskis Männern blieb nichts anderes übrig, als unter der Brücke Schutz zu suchen, woraufhin die Chekya erneut das Ruderhaus unter Beschuss nahm. Trixie konnte von Glück sagen, dass sie eine Eisendecke über dem Kopf hatte, sonst hätte sie keine Chance gehabt. Während sie wütend das Ruder mal in die eine, dann in die andere Richtung warf, um die Kähne loszueisen, und sämtliche Geister um Hilfe anrief, schlugen über ihr unaufhörlich Kugeln ein.
Schließlich kam ihr das Schicksal zu Hilfe. Der Kommandant der
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