Die Mission

gehört.«
    »Weiß ich auch nicht«, antwortete Ella, während sie tippte.
    IM-MANUAL?
    Die Antwort kam prompt.
    INTERFACE MANIPULATIONSMANUAL FÜR DIE DEMI-MONDE ®
    Ellas Finger flogen bereits wieder über die Tastatur.
    ZUGANG DEMI-MONDE IM-MANUAL
    Die Antwort kam augenblicklich.
    BITTE NEHMEN SIE ZUR KENNTNIS, ELLA THOMAS, DASS SIE DIENSTGRAD 8 BESITZEN (HAUPTMANN UND DARÜBER). GEMÄß PROTOKOLL 57 HABEN SOLCHE PERSONEN, WENN SIE IN DIE DEMI-MONDE VERSETZT WURDEN UND IN LEBENSGEFAHR GERATEN, DAS RECHT, IM NOTFALL FÜR DEN ZEITRAUM EINER STUNDE INS CYBER-MILIEU DER DEMI-MONDE ZU WECHSELN. UM DIE WAHRNEHMUNG DER DUPES HINSICHTLICH DER LOGIK DER DEMI-MONDE NICHT ZU GEFÄHRDEN, DÜRFEN SOLCHE WECHSEL DIE NATÜRLICHEN GESETZE DER DEMI-MONDE NICHT VERLETZEN. BEDENKEN SIE AUCH, DASS DERARTIGE VERÄNDERUNGEN, BEVOR SIE DAUERHAFT ÜBERNOMMEN WERDEN, VOM PRÄSIDIUM DER DEMI-MONDE ® GENEHMIGT WERDEN MÜSSEN. SOLLTE DIESE GENEHMIGUNG NICHT INNERHALB EINER STUNDE ERFOLGEN, WERDEN DIE ÄNDERUNGEN IM CYBER-MILIEU RÜCKGÄNGIG GEMACHT.
    BESTÄTIGEN SIE MIT »JA«, WENN SIE DIE BEDINGUNGEN VERSTANDEN UND AKZEPTIERT HABEN.
    Ella starrte mehrere Sekunden unentschlossen auf den Bildschirm.
    Sie konnte in ABBA eindringen!
    Sie konnte die Demi-Monde verändern!
    Sie holte tief Luft, legte den Finger auf die Taste »JA« und drückte.
    DAS IM-MANUAL DER DEMI-MONDE.
    OPTIONEN:
    DUPES ORTEN
    DUPES HINZUFÜGEN
    DUPES LÖSCHEN
    ÄNDERN DER CHARAKTERISTIKEN VON DUPES
    ÄNDERN DER WAHRNEHMUNGEN VON DUPES
    ÄNDERN DER CHARAKTERISTIKEN DES CYBER-MILIEUS
    Eureka!
    Sie schluckte, während ihr tausend Möglichkeiten durch den Kopf schossen. Mit Hilfe des IM-Manuals konnte sie herausfinden, ob Norma Williams noch am Leben war, und den Menschen in Warschau helfen. Wenn sie in der Lage war, die Demi-Monde zu manipulieren, dann besaß sie unbegrenzte Möglichkeiten.
    »Wir müssen hier weg, Ella«, hörte sie, wie Vanka ihr eindringlich ins Ohr flüsterte.
    »Nur noch ein paar Sekunden.«
    »Nein … jetzt!« Er drehte sie so um, dass ihr Blick nun der Halle zugewandt war.
    Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Unten im Foyer der Bank standen vier schwarz uniformierte SS -Leute und zeigten auf sie.
    »Dieser Hundesohn von Louverture hat uns an die SS verpfiffen«, knurrte Vanka. »Ich hätte wissen müssen, dass man einem Blutsbruder niemals über den Weg trauen kann. Komm, wir müssen um unser Leben rennen.«
    Ella hatte gerade noch Zeit, auf ABBRECHEN zu drücken, ehe Vanka sie aus der Kabine zerrte und mit ihr den Gang entlanglief.
    Fast hätten sie es geschafft.
    Dass sie es nur mit vier SS -Offizieren und einem kilometerweiten verzweigten Labyrinth zu tun hatten, ließ die Flucht fast schon zu einfach erscheinen. Es war wie ein Malefizspiel, bei dem es um Leben oder Tod ging. Während sich Vanka und Ella durch die verschiedenen Ebenen bewegten und durch Trauben von Kunden drängelten, rannten die SS -Offiziere schreiend hinter ihnen her und versuchten zu erahnen, welchen Weg sie als Nächstes nehmen würden.
    Doch jedes Mal überlistete Vanka sie. Er schaffte es, Ella zu einem Gang zu bringen, der etwa drei Meter über dem Erdgeschoss lag, packte sie an der Hand und sprang mit ihr hinunter. Das Manöver kam so überraschend, dass die SS -Offiziere einen Augenblick lang verdutzt waren, und Vanka brauchte nur diesen Augenblick. Er zerrte Ella wieder auf die Beine, und dann rannten beide zusammen zum Ausgang der Bank.
    Vankas triumphierendes Lächeln war nur von kurzer Dauer. Sie liefen zwei großen SS -Leuten, die draußen vor den Toren Wache hielten, direkt in die Arme. Und noch ehe Vanka Ella etwas zurufen konnte, wurde er von einem wuchtigen Totschläger ausgeknockt.
    »Aufstehen, Kamerad Maykow. Sie und die Shade gehen jetzt ganz langsam zu dem schwarzen Dampfwagen dort drüben. Seine Heiligkeit Kamerad Crowley möchte ein paar Worte mit Ihnen wechseln.«
    Vanka warf Ella einen hastigen Blick zu, stand mühsam auf und fuhr sich mit der Hand über die schmerzende Beule am Kopf. Dann stießen die SS -Leute Ella und ihn in den Wagen. Ein SS -Offizier stieg hinter ihnen ein und schloss die Tür ab. Jetzt schotteten die schwarz getönten Scheiben und die schwere Stahlkarosserie des Wagens sie hermetisch von der Außenwelt ab.
    Im Wagen wartete ein mürrischer Crowley und winkte sie mit dem Revolver in der Hand auf die Sitze vor sich. »Hat man sie durchsucht?«, fragte er.
    »Ja, Seine Heiligkeit. Wir haben beide gründlich