Die Mission

Gebäude, wie das rhythmische Rattern unzähliger Klappern.
    Vanka fiel ihre Verwirrung auf. »Der Lärm stammt von den Bildschirmen in den Transfusionskabinen. Darin können die Kunden ihre Geld- und Bluttransaktionen tätigen.« Er deutete auf die steinernen Gänge, die sich vom Boden bis zur Decke hinaufschlängelten und alle drei Meter von Nischen unterbrochen waren – den Transfusionskabinen. »An den Bildschirmen kam man das eigene Konto überprüfen und Infusionen oder Transfers veranlassen. Angeblich steht in jeder einzelnen Bank eine halbe Million von diesen Bildschirmen – für jeden vierten Bürger eines Bezirks einer. Deshalb ist es dort auch immer so laut.«
    Er nahm Ella am Arm und führte sie den Gang hinauf, bis sie etwa sechs Meter über dem Boden der Bank eine freie Kabine fanden. Hier hatte sie etwas vor sich, das aussah wie der bizarre Nachbau eines Geldautomaten. Er hatte ein Guckloch, das denen alter Mutoskopen ähnelte – jener Guckkästen, die vor hundert Jahren auf Jahrmärkten und Spielhallen eine Attraktion gewesen waren –, und darüber befand sich ein großer Bildschirm ähnlich den beweglichen Anzeigetafeln auf längst vergangenen Flughäfen, die sie in alten Filmen gesehen hatte. Die Kabine verfügte über eine primitive Tastatur – links neben dem Bild einer Handfläche –, die auf einem Regalbrett unter dem Mutoskop stand. Schließlich gab es einen Zapfhahn rechts von der Tastatur. Da, so vermutete sie, kam das Blut heraus.
    »Mach schon, Ella«, drängte Vanka. »Ich hasse Banken, überall lauert die Checkya. Leg zuerst deine Hand auf die rot gekennzeichnete Handfläche, damit die Bank dich identifizieren kann.«
    »Wie denn?«
    »Weiß der Kuckuck«, erwiderte Vanka ungeduldig.
    Vorsichtig legte Ella die Hand auf das Symbol, das in die Oberfläche der Ablage eingelassen war. Eine Sekunde geschah nichts, obwohl sie ein leichtes Kribbeln auf der Handfläche spürte. Dann fingen die kleinen, mit Buchstaben versehenen Quadrate auf dem Bildschirm an, sich zu drehen und laut zu klicken. Als die Buchstaben ihren Platz gefunden hatten, las Ella:
    DIE BERLINER BLUTBANK
    BEGRÜSST ELLA THOMAS
    Wow … ich bin drin!
    BITTE GEBEN SIE IHR PASSWORT EIN
    Passwort? Ohne nachzudenken, tippte sie drauflos.
    LILITH
    Wie war sie sie bloß darauf gekommen?
    PASSWORT ANGENOMMEN
    »Du bist angenommen worden«, sagte Vanka erleichtert, während die kleinen Rechtecke wieder rotierten.
    GELD- ODER BLUTTRANSAKTION
    Ella tippte »GELD«.
    GEBEN SIE BITTE IHRE KONTONUMMER EIN
    Sie tippte die Kontonummer des SS -Ordo Templi Aryanis ein.
    GEBEN SIE BITTE DAS PASSWORT FÜR DAS KONTO EIN
    Ella gab »THELEMA« ein. Selbst wenn sie Crowleys Gedanken nicht gelesen hätte, wüsste sie, dass er dieses Passwort ausgesucht hatte. Thelema war das Credo des Schwarzmagiers, das auf der Philosophie des »Tu, was du willst, soll sein das ganze Gesetz« basierte.
    PASSWORT ANGENOMMEN
    GEWÜNSCHTER DIENST
    ABBUCHUNGEN
    EINZAHLUNGEN
    ÜBERWEISUNGEN
    ANDERES
    Ella drückte auf die dritte Taste, und die Buchstaben auf dem Bildschirm wirbelten erneut durcheinander.
    NAME UND KONTONUMMER DES EMPFÄNGERS
    BETRAG
    DATUM DER ÜBERWEISUNG
    Ella strich den Zettel glatt, den Louverture ihr gegeben hatte. Ihre Finger flogen über die Tastatur und schickten fünf Millionen Guineen auf den Weg. Anschließend überwies sie die halbe Million Guineen, die sie Burlesque Bandstand versprochen hatte.
    Die Buchstaben drehten sich erneut.
    WÜNSCHEN SIE WEITEREN SERVICE?
    »Hast du ein Konto, Vanka? Eines, das das ForthRight nicht sperren kann?«
    Vanka hatte eins, und Ella machte sich erneut an die Arbeit. »So«, sagte sie schließlich triumphierend, »zehn Millionen Guineen, alles, was noch auf dem Konto des Ordens lag, befindet sich nun auf Vanka Maykows Konto in Sicherheit. Nachdem du Louverture die zweite Rate überwiesen hast, bleiben fünf Millionen für dich. Na, Vanka? Wie fühlt man sich als vielfacher Millionär?«
    »Großartig«, erwiderte Vanka leicht gereizt. »Können wir jetzt gehen?«
    »Gleich«, entgegnete Ella, während sich auf dem Bildschirm erneut alles verschob.
    WÜNSCHEN SIE WEITEREN SERVICE?
    Ella tippte achselzuckend ihre Frage ein.
    WELCHEN SERVICE GIBT ES NOCH?
    Die Antwort, die über den Bildschirm rollte, verblüffte sie.
    ELLA THOMAS IHR SECURITY CHECK GEWÄHRT IHNEN ZUGANG ZUM DEMI-MONDE ® IM -Manual:
    »Was ist denn ein IM-Manual?«, fragte Vanka. »Vom Zugang zu einem Handbuch habe ich noch nie etwas