Die Mission
Sie wissen ja, wie heimtückisch diese Polacken sind. Feige Bestien.«
Die Argumentation des Hauptsturmführers war nicht von der Hand zu weisen. Es war gängige Praxis, ein eingenommenes Gebäude im Ghetto mit Stroh zu füllen, Kerosin darüber zu kippen und es anzuzünden. Man steckte das Gebäude in Brand und mit ihm die Aufständischen, die sich darin verstecken mochten. Aber nicht die Blutbank. Wenn sie eine Blutbank abfackelten, würde Bottomley erst recht in die Luft gehen.
»Nein, Kamerad Hauptsturmführer, keine Flammenwerfer. Wir müssen behutsam vorgehen. Wenn Sie mir die Transfusionskabinen beschädigen, werden Sie zum Küchendienst degradiert, bevor Sie piep sagen können.«
Der Hauptsturmführer brüllte seine Befehle, und zehn Minuten später rumpelte der Wagen vorwärts. Nach wochenlangem Kampfeinsatz waren die Panzer nicht mehr die imposanten glänzenden Maschinen von vor dem Feldzug. An den verwundbaren Kesseln hatte man weitere Stahlplatten angebracht, die Fahrerkabine war mit einem Gitter gegen Brandbomben verstärkt und die Karosserie mit Maschendraht verkleidet worden, um Selbstmordattentäter davon abzuhalten aufzuspringen. Jetzt sahen sie genau wie das aus, was sie waren: hässliche, brutale Tötungsmaschinen.
»Sturmtrupp Nummer fünf! Bereit machen zum Angriff!«, rief der Hauptsturmführer.
»Haltet euch links vom Wagen. Außerhalb der Schusslinie dieser elenden Hundesöhne, die versuchen werden, euch die Köpfe wegzupusten.« Er gab dem Fahrer ein Zeichen, woraufhin der Panzer sich mit einem Ruck in Bewegung setzte und mit lautem Knirschen langsam auf die Bank zurollte.
Clement schnippte mit den Fingern, und sein Adjutant reichte ihm ein Teleskop. Er sah sich die Bank genau an, aber abgesehen von den zerfetzten Vorhängen, die sich träge im Wind blähten, und einer gesprengten Tür, die auf und zu klappte, konnte er nichts sehen, am allerwenigsten Aufständische, die gleich das Feuer eröffnen würden. Ein mulmiges Gefühl packte ihn. Waren die Schweinehunde etwa ausgebüxt? Clement verscheuchte die Vorstellung. Bis zur Dunkelheit waren es noch zwei Stunden, unter der Bank gab es keine Kloaken, und seine Truppen hatten die ganze Umgebung des Gebäudes im Auge. Die Aufständischen konnten nicht unerkannt entkommen, das war unmöglich.
Vielleicht hatten sie die Nase voll und kollektiv Selbstmord begangen. Lieber den Tod als Knechtschaft und so weiter.
Der Panzer hatte bereits die Hälfte der Strecke zurückgelegt, ohne dass ein einziger Schuss gefallen war.
Wo steckten die Kerle? Hatten sie sich im Banksaal verschanzt? Sie wussten, dass die SS nur widerwillig in die Bank hineinschießen würde.
Der Dampfwagen stieß gegen die Fassade des Einkaufzentrums und bohrte sich hinein, während die Spikes tiefe Furchen in den Granitboden zogen. Etwa eine Minuten bockte und schob sich der Wagen in einer vergeblichen Demonstration brutaler Ignoranz vorwärts, dann gab die Antriebswelle ihren Geist auf. Das Ungetüm blieb stehen und schnaufte in ohnmächtiger Wut.
Clement richtete sein Fernglas auf die zusammengekauerte Gestalt des Hauptsturmführers. Er sah, wie der Mann seinen SS -Sturmtruppen ein Zeichen gab, woraufhin diese wild um sich schießend um den liegengebliebenen Wagen herum in die Bank rannten. Das Feuer wurde nicht erwidert, und nach wenigen Sekunden verstummten die Schüsse wieder. Peinlich.
Stille.
Sie konnten doch nicht alle tot sein, oder? Vielleicht hatten sie Sprengfallen versteckt. Darin waren die Aufständischen echte Experten. Jede verdammte Tür, jede Treppe, jede SS -Leiche war über einen Draht mit einer Handgranate verbunden. Auf die Art hatte er Hunderte von Männern verloren. Und diejenigen, die überlebt hatten, waren jetzt vorsichtig. Er konnte nur hoffen, dass der Hauptsturmführer zu Letzteren gehörte.
Offensichtlich war das der Fall. Der Hauptsturmführer trat aus der Bank und signalisierte, dass die Luft rein war.
Clement runzelte skeptisch die Stirn. Das war zu leicht gegangen. Er machte seinen Leibwächtern ein Zeichen, und als sie sich um ihn geschart hatten, gingen sie über den Platz. Normalerweise riskierte er sein Leben nicht an vorderster Front, doch da es sich um eine Blutbank handelte, würde er eine Ausnahme machen. Der Eingang war ein einziges Chaos, sechs Aufständische lagen tot auf dem Boden mitten im Schutt. Der Hauptsturmführer stand in einer Ecke des Einkaufzentrums und schaute betreten drein. »Wie viele Leichen, Kamerad
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