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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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Sprengstoff angebracht – er konnte sich nicht mehr erinnern, ob der Baron zwei- oder vierhundert Kilo gesagt hatte, am Ende hatte er sich für Letzteres entschieden, um ganz sicherzugehen – und war mit der Zündschnur hinter dem Schuppen verschwunden, wo sie vor der Explosion in Deckung gehen wollten, als er den Zug pfeifen hörte. Der Baron war auch nicht eindeutig gewesen, was die Richtung anging, aus der der Zug kommen sollte. Zum Glück war ihm gerade noch rechtzeitig aufgefallen, dass er von der Rodina-Seite der Brücke kam, sodass er raussprinten und die Bombe in letzter Minute auf dem anderen Gleis hatte platzieren können. Als er kurz darauf die Scheinwerfer des Zuges sah, zündete er die Lunte hinter dem Schuppen und hoffte, dass er sie nicht zu lang gelegt hatte. Der Baron würde mächtig toben, wenn die Bombe erst explodierte, nachdem der Zug vorbeigefahren war.
    Doch sie explodierte genau, wie Cassidy es beabsichtigt hatte: direkt unter dem Schlepptender der Lokomotive. Dummerweise, so dachte er später, hätte er nur zweihundert Kilo Sprengstoff benutzen sollen – oder waren es vielleicht bloß Pfund gewesen? Mit vierhundert Kilo wurde der Zug nicht nur zum Entgleisen gebracht, sondern in die Luft gehoben und schnöde zur Seite geworfen. Man hörte ein ohrenbetäubendes Kreischen, als Stahl auf Stahl traf, der Zug schien ganz kurz zu verschnaufen, als wollte er Luft holen, dann sprang er aus den Schienen, stürzte den Bahndamm hinab und riss die Waggons mit großem Getöse in die Tiefe.
    Mist!
    Einen Augenblick lang lag der Zug wie ein verwundetes Tier schnaufend und keuchend auf der Seite. Dann brach die Hölle los. Der Dampfkessel explodierte, und wenn Cassidys Bombe schon ohrenbetäubend gewesen war, so bebte nun auch noch die Erde. Stahlsplitter flogen wie Schrapnell durch die Luft und zerfetzten den Holzschuppen, hinter dem Cassidy mit seinen Leuten Deckung gesucht hatte. Um Haaresbreite hätte ihm ein vorbeifliegender Bolzen den Kopf weggepustet. Au Mann, dachte er, das ist jedenfalls verdammt viel aufregender – und gefährlicher –, als den Garten von Dashwood Manor zu pflegen.
    Er wartete noch ein paar Minuten, bis er sicher war, dass es keine weitere Explosion geben würde, und streckte den Kopf hinter dem verkohlten Schuppen hervor. Die Detonation hatte den Heizkessel der Lokomotive zerrissen, der jetzt glühende Kohlestücke in alle Richtungen spie. Im Licht der Feuer, die sie entfacht hatten, sah Cassidy, dass die gesamte Ladung entlang der Schienen verstreut lag. Er lief hin, um sich die Kriegsbeute anzusehen. Am Anfang war er enttäuscht, überall nur kistenweise Fleischkonserven, doch am dritten Waggon hatte er Glück und wäre beinahe über die vielen langen Kisten mit automatischen Gewehren gestolpert.
    Mit einem Jubelschrei gab er dem Jungen mit der Leuchtrakete ein Zeichen, und eine Sekunde später zerriss ein roter Strahl den schwarzen Nachthimmel.
    Cassidy lächelte zufrieden. Soeben hatte er seinen ersten Zug in der Demi-Monde überfallen. Bald wäre er berühmt. Vielleicht war es sogar der erste Schritt in eine überaus einträgliche Karriere gewesen. Jetzt brauchte er nur noch mehr Züge.
    Der Baron hatte nicht damit gerechnet, wie schwierig es sein würde, aus den polnischen Zwangsarbeitern eine schlagkräftige Truppe zu machen. Kaum hatten sie das Lager verlassen, waren sie zu dem entgleisten Zug geeilt und hatten sich bewaffnet, da war es mit der Disziplin auch schon vorbei. Jetzt wollten sie nur noch Rache, Menschen umbringen … egal wen. Doch der Baron wusste, dass sie dafür keine Zeit hatten. Sobald es Tag wurde, würden sie sich nicht mehr vor der SS verstecken können, und man würde sie jagen wie tollwütige Hunde. Nach seiner Schätzung hatten sie höchstens zehn Stunden. Zehn Stunden, die über das Schicksal der FAW und auch über das von Trixie entscheiden würden.
    Schließlich gelang es Crockett und seinen Leuten mit Beschimpfungen, Drohungen und gutem Zureden, etwa die Hälfte der Polen halbwegs in Reih und Glied aufzustellen. Dann marschierte der bunt gewürfelte Haufen los, um Warschau zu befreien. Und schrammte haarscharf an einer Katastrophe vorbei.
    Wäre der Kommandant der in Odessa stationierten Truppen des ForthRight nur ein bisschen resoluter und entschiedener vorgegangen, hätte er den Vormarsch der improvisierten Armee des Barons zum Stehen gebracht. Doch er war ein furchtsamer Mensch mit wenig Eigeninitiative. Und als er die seltsamen

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