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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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sich ausgab.
    O ja, diese Dämonin war ein zu allem entschlossenes Individuum. Sie hatte einen hässlichen blauen Fleck auf der Wange, und die Arme waren mit unzähligen Schrammen und Kratzern versehen, trotzdem ging sie mit stolz erhobenem Haupt. Auch die Schnitte und Schrammen waren ungewöhnlich. Offenbar waren sie mit einer Kruste von getrocknetem Blut bedeckt, und mehr als alles andere war das für Trixie der Beweis, dass es sich tatsächlich um eine Dämonin handelte. Die Wunden der Demi-Monde-Bewohner – echter Menschen – heilten als dünne weiße Linien, nicht als hässliche rote Striemen.
    Ihre Manieren ließen genauso zu wünschen übrig wie ihr Äußeres. Ohne auf das Protokoll zu achten, das von Frauen Schweigen verlangte, bis sie von einem Mann angesprochen wurden, nahm sich die Dämonin die Freiheit, als Erste das Wort zu ergreifen.
    »Ah … Aleister Crowley, so sieht man sich wieder! Ich hatte mich schon gefragt, wann Sie endlich aus Ihrem Loch kommen würden. Und? Wie geht es dem Bösesten Mann auf der ganzen Welt? Verbreiten Sie immer noch Ihren giftigen Unsinn und pfuschen mit verbotenen Künsten herum?«
    Trixie war entsetzt. So sprach man nicht mit Kamerad Crowley. Der Mann war wegen seiner gewaltigen Wutausbrüche und schrecklichen Launen gefürchtet. Erstaunlicherweise aber schien er von dieser jungen Frau eingeschüchtert zu sein, ja, er errötete sogar.
    »Ich weiß nicht, womit ich mir einen derart unschmeichelhaften Spitznamen verdient haben könnte«, antwortete er beinahe entschuldigend.
    Die Dämonin lachte und entblößte ihre höchst anormalen – übernatürlichen? – geraden weißen Zähne. Kein Mensch hatte ein derart vollkommenes Gebiss … jedenfalls nicht in den Rookeries. »Vielleicht nehme ich nur einen Titel vorweg, der Ihnen noch verliehen werden wird, Crowley. Vielleicht müssen Sie die ganze Palette Ihrer grausamen Gelüste, für die Sie berühmt sind, erst noch entwickeln. Ich bin mir aber trotzdem ganz sicher, dass Sie es zusammen mit diesem Psychopathen Heydrich so weit bringen, dass die Geschichte Sie zum größten Ekelpaket aller Zeiten erklären wird.«
    Bei allen Geistern, diese Dämonin legte es wirklich darauf an, so schnell wie möglich ins Gras zu beißen.
    Andererseits, wenn sie aus der Geisterwelt gekommen war, musste sie ja bereits tot sein .
    Tot oder lebendig, niemand – das heißt niemand, der bei Verstand war – kritisierte ungestraft in aller Öffentlichkeit Kamerad Führer Heydrich. Kritik am Führer implizierte Zweifel, und Zweifel wiesen darauf hin, dass der Bürger von der Richtigkeit des Führerwillens nicht überzeugt war. Ein Bürger, der am Führer zweifelte, verlor sämtliche Bürgerrechte, er wurde zum NichtBürger. Und im ForthRight war ein NichtBürger ein nonNix, so wie nuJus, Polen oder Shades … oder Lillibeth Marlborough natürlich.
    Erstaunlicherweise tat Crowley auch diesen Angriff auf die Unfehlbarkeit des Führers mit einem simplen Achselzucken ab. Dann gab er mit seiner schwer beringten Hand Trixie ein Zeichen. »Darf ich Ihnen Lady Trixiebell Dashwood vorstellen? Sie wird in den kommenden zwei Wochen Ihre Gastgeberin sein. Lady Trixiebell, das ist Miss Norma Williams.«
    Die beiden junge Frauen – nun ja, die echte junge Frau und die falsche – starrten sich quer durch den Raum an. Ehrlich gesagt war Trixie nicht ganz sicher, wie man sich adäquat benahm, wenn man einer Dämonin vorgestellt wurde. Doch als sie sich daran erinnerte, dass ihr Vater sie gebeten hatte, sich mit diesem Wesen anzufreunden, beschloss sie, auf die üblichen Floskeln der Etikette zu verzichten. Sie holte tief Luft und ging dann durch den Raum, um der Dämonin Gelegenheit zu geben, einen Hofknicks vor ihr zu machen. »Guten Tag, Miss Norma …«
    Norma? Was für ein alberner Name, sogar für eine Dämonin .
    »… ich bin Lady Trixiebell Dashwood. Aber meine Freunde nennen mich nur Trixie.«
    Zu Trixies Verwunderung machte die Dämonin keinen Knicks, sondern ergriff nur Trixies Hand und schüttelte sie auf beunruhigend vertraute Art.
    Jetzt habe ich einen Dämon berührt!
    »Hi.«
    Hi? Was ist denn das für eine Begrüßung? Hi?
    »Und ich bin Norma Williams. Meine Freunde nennen mich Norma.« Die Dämonin machte eine Pause. »Aber Sie, meine kleine Fünfte Kolumnistin, dürfen mich Miss Williams nennen.«
    Obwohl Trixie einigermaßen verdattert von dem extrem unhöflichen Benehmen der Dämonin war und auch nicht die geringste Ahnung hatte, was eine

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