Die Mission
angehörte, und die musste man äußerst ernst nehmen. Nach allem, was er gehört hatte, gab es eine ganze Armee von LessBiens-Terroristen, die bereit waren, für die Sache der Frauen zu sterben und Leute wie Burlesque mit in den Tod zu reißen.
Vernünftig.
»Eher verständlich als schrecklich, Burlesque. Ich meine, ein Mann in Ihrer Branche muss sich wohl oder übel Feinde gemacht haben.«
Doch das war kein guter Trost für Burlesque. »Verdammich, meinen’Se, jetzt ham diese Suff-Ra-Getten mich aufm Kieker?«
»Tja, sieht ganz so aus. Was wollen Sie tun?«
»Hab ich doch schon gesagt. Ich will aussem Prancing Pig ’ n vornehmes Lokal machen. Ich werd die miesen Komiker, nackten Schlangenfrauen und all das andere Gesocks feuern und dafür sorgen, dass im Pig ’n anderer Ton einzieht.« Burlesque ignorierte Vankas verächtliches Lachen. »Ich dachte, ich mach einen auf Sorry«, sagte er leise.
13
Demi-Monde:
40. Tag im Winter des Jahres 1004
Der Biologische Essentialismus ist eine der Säulen der UnFunDaMentalistischen Glaubenslehre. Er beruht auf dem Prinzip, dass die Geschlechter getrennte Sphären intellektueller, ökonomischer und sozialer Funktionen innerhalb der Demi-Monde einnehmen und dass diese getrennten Sphären von ABBA befohlen und daher natürlich, fest und unveränderlich sind. Indem ABBA die Geschlechter biologisch, psychologisch und intellektuell unterschiedlich erschuf, rüstete er sie für unterschiedliche Aufgaben im Leben aus. Der UnFunDaMentalismus lehrt, dass die Wahrung dieser unterschiedlichen Sphären von Aktivität lebenswichtig ist, wenn der soziale Frieden aufrechterhalten werden soll. Für die Frauen bedeutet dies die Einhaltung des ihnen von Abba geschenkten Mantras »Küche, Kinder und Kuschen vor den Männern«.
– Thomas von Aquin,
Überlegungen zum Höheren Wesen des Mannes
Parteigesetz-Veröffentlichungen
Blinzel.
Tageslicht …
Blinzel.
Kalt …
Blinzel.
Lärm …
Blinzel.
Gestank …
Blinzel.
Verwirrung …
Ella torkelte, ihr drehte sich der Kopf. Ihr Verstand kam ihr vor wie ein trudelndes Durcheinander aus Fakten.
Sie illumnizierte …
Ihr Gehirn kämpfte darum, mit PINC und der Masse von Daten über die Demi-Monde zurechtzukommen, die es upzuloaden versuchte. Die Flut an Informationen verebbte nur langsam, und so dauerte es eine Weile, bis Ella ihre Denkprozesse wieder kontrollieren konnte. Je mehr es ihr gelang, umso mehr wurde PINC s Eifer gedämpft. Jetzt lauerte er nur noch im Hintergrund und wartete wie ein beflissenes Hündchen darauf, ihr Dinge zu erzählen, die sie möglicherweise brauchte, obwohl sie sie eigentlich gar nicht wissen wollte.
Als sie sich etwas besser fühlte, blickte sie sich um. Sie befand sich in einer dreckigen Gasse zwischen zwei schmutzigen Mietskasernen. Es war kalt, auf dem Bürgersteig lag eine dicke Schneeschicht, und der scharfe Wind fühlte sich auf ihren Wangen an wie eine Messerklinge. So kalt, dass das Licht der Gaslaternen eine fast kristalline Klarheit ausstrahlte. Sie schlug den Fellkragen ihres Mantels hoch und zog sich die Haube tiefer über die Ohren. Dabei merkte sie, dass ABBA so freundlich gewesen war, das Haar, das man ihr in der Realen Welt geschoren hatte, wieder wachsen zu lassen. Sie rümpfte die kalte Nase. In der Gasse herrschte ein fürchterlicher Gestank. Offensichtlich stand sie vor den Hintereingängen mehrerer Restaurants, deren Besitzer nicht viel von Hygienebestimmungen hielten. Unrat und Abfälle quollen aus den Mülltonnen; Ella konnte sehen, wie ein paar fette Ratten eilig hin- und herhuschten. Sie zitterte vor Kälte und Ekel.
Es war zwar ein höchst unappetitlicher Ort, doch konnte sie nicht abstreiten, dass er vollkommen real wirkte. Hätte Ella nicht gewusst, dass sie sich in einer computererzeugten Simulation befand, hätte nichts darauf hingewiesen, dass diese Welt nicht so real und substanziell war wie diejenige, die sie vor einem Augenblick verlassen hatte. Sogar der Geruch passte.
Trotzdem gab es kleine Unterschiede.
Die Farben in der Demi-Monde entsprachen nicht denen der Realen Welt. Es war, als blickte sie durch einen Filter, der die Farbintensität einerseits verringerte, gleichzeitig aber das Licht ein kleines bisschen heller erscheinen ließ: Offenbar hatte ABBA mit dem Farbenspektrum herumgespielt. Aber vielleicht hatte der Computer dem viktorianischen Ambiente der Simulation ja auch nur einen Sepiaton hinzufügen wollen. Schließlich schrieb man das Jahr 1870.
Die
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