Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
Vom Netzwerk:
Unterschied unter Freunden!«
    Vanka verzog das Gesicht bei der Vorstellung, Burlesques Freund zu sein. Burlesque hatte keine Freunde, er hatte nur Schuldner.
    Jetzt machte er Vanka ein Zeichen, Platz zu nehmen, und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Komiker zu. Vanka war – leider – genötigt, seinem Beispiel zu folgen. Er brauchte nur wenige Minuten, um zu dem Schluss zu kommen, dass von allen wahrhaft teuflischen Varieté-Nummern, die Burlesque im Pig aufführen ließ und lachend als Entertainment bezeichnete, die von Maurice Merriment, dem Monarchen der Fröhlichkeit, die schlimmste war.
    Der Komödiant war nicht einfach nur schlecht. »Schlecht« hatte er schon vor mehreren Witzen hinter sich gelassen, jetzt erkundete er das kaum besuchte, sterbenslangweilige Hinterland, das irgendwo zwischen »schrecklich« und »nicht auszuhalten« lag. Er war so schlecht, dass das fünfzig Mann starke Publikum im Hinterzimmer der Schenke allmählich unruhig wurde. Das war umso bemerkenswerter, weil Vanka sicher war, dass zwei der Zuschauer bereits tot waren und die übrig gebliebenen von der gepanschten Lösung, die Burlesque verkaufte, derart benommen, dass ihre Verbindung zur Realität der Demi-Monde bestenfalls an einem seidenen Faden hing. Höchstens Zeitgenossen mit ausgeprägter Todessehnsucht tranken Bandstands Beste Blutlösung , und auch sie nur widerwillig. Niemand wollte ohne einen einzigen Zahn im Mund in die Spirituelle Welt eingehen.
    Zum Glück für Vankas geistige Gesundheit und Maurice Merriments leibliches Wohl (die Zuschauer wurden nun doch sehr unruhig) stieg jetzt Blowback Trundler, der Manager des Pig , ein riesiger rücksichtsloser Kerl, auf die Bühne und riss dem Komiker das Mikrophon aus der Hand. »Danke, danke … vielen Dank auch. Und jetzt, Herrschaften, bitte ich um Applaus für Horace Humour, den König der Komödie.«
    »Ich bin Maurice Merriment, Monarch der Fröhlichkeit.« Der Protest des Komikers wurde jäh unterbrochen, als ihn Blowback mit einem Tritt in den Hintern aufforderte, die Bühne zu verlassen.
    Burlesque lehnte sich zurück und faltete zufrieden die Hände über dem dicken Bauch. Der Stuhl protestierte ächzend. Burlesque war nicht etwa dick, er war fett. »Und? Was mein’Se, Wanker?«
    »Worüber?«
    »Maurice Merriment, is doch klar«, entgegnete Burlesque und deutete mit dem Kinn auf die verlassene Bühne.
    Vanka sah Burlesque an, so lange er es ertragen konnte. »Wollen Sie das wirklich wissen? Er war schrecklich, unerträglich, grottenschlecht. Eine einmalig miese Vorstellung.«
    Burlesque strahlte und stieß ihn in die Rippen. Vanka zuckte zusammen. Nachdem Skobelews Rowdys ihn dermaßen zusammengestaucht hatten, tat ihm immer noch alles weh. »Einmalig, wie? Das is gut, oder etwa nich? Einmalig zu sein is doch gut, was?«
    »Die Antwort auf diese Frage, Burlesque, ist sowohl ja als auch nein, genauer gesagt, in Maurice Merriments Fall nein.«
    »Was müsste ich denn Ihrer Meinung nach tun, um die Show zu retten?«
    »Ich würde zu Selbstmord raten.«
    Burlesque verzog mürrisch das Gesicht. Er mochte es ganz und gar nicht, wenn man ihn kritisierte. Doch schließlich rappelte er sich nach einem tüchtigen Schluck wieder auf und setzte die Unterhaltung fort. »Schade, dass Sie so denken, ich hatte auf ’n paar anerkennende Worte für die Künstler gehofft, die ich hier im Pig auftreten lasse.«
    »Doch, doch, Burlesque. Ich erkenne sie durchaus an: als Nieten. Aber das wusste ich schon vorher.«
    »Ich fand’s komisch«, mischte sich das Mädchen ein, das rechts von Burlesque saß. Vanka drehte sich widerwillig um und sah sich Burlesques Tagesflittchen zum ersten Mal richtig an. Burlesque wechselte seine Nutten wie seine Socken – nein, öfter, berichtigte sich Vanka angesichts des Geruchs, der von unter dem Tisch nach oben waberte –, und da sie zu den geistlosesten und dümmsten ihrer Zunft gehörten, hatte es wenig Zweck, sich auf ein Gespräch mit ihnen einzulassen. Doch da diese Kleine es gewagt hatte, überhaupt eine Meinung zu äußern, fühlte sich Vanka gleichsam verpflichtet, zumindest eine Spur Interesse zu zeigen. Sie war genau der Typ, auf den Burlesque stand, blond, mit einem Körper, der aussah, als hätte man ihn bis zum Platzen aufgeblasen und dann am Nacken, an der Taille und den Knöcheln brutal zusammengeschnürt. Es war, als säße man einem Luftschiff gegenüber, einem Luftschiff mit den prallsten Titten, die Vanka jemals gesehen

Weitere Kostenlose Bücher