Die Mission
beibrachte, und jetzt, als Experte, bin ich in der Lage, Kontakt zu den esoterischen Kräften aufzunehmen, die die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft vereinigen. Und mehr noch, ich kann auch die Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten herstellen.«
»Du meine Güte«, keuchte Burlesque.
»Gotteswilln«, rief Sporting und kippte mit zittriger Hand ihr Glas mit der fünfprozentigen Lösung hinunter – oder besser gesagt, der zweiprozentigen, schließlich saßen sie im Pig .
»Wenn ich Sie richtig verstanden hab, Wanker«, begann Burlesque und wischte sich mit einem vollgerotzten Taschentuch über den schlaffen Mund, »könn’se mit den Verblichenen sprechen. Is das wahr?«
»Na klar«, bestätigte Vanka, »aber Sie müssen wissen, dass Séancen schwierig und obendrein ziemlich kostspielig sind.«
Wie es seine Art war, überging Burlesque das Wort »schwierig«.
»Wie kostspielig?«
»Sagen wir, um die zehn Guineen pro Sitzung.«
»Sagen wir lieber, viel weniger als das.«
»Nein … zehn Guineen oder gar nicht. Tut mir sehr leid, Burlesque, aber das ist mein letztes Wort. Sie haben keine Ahnung, welchen seelischen Qualen man ausgesetzt ist, wenn man eine Séance abhält.«
»Und ob ich Ahnung hab«, protestierte Burlesque. »Die seelischen Qualen sind genauso stark, wie wenn ich mich von zehn Guineen trennen muss, die ich mir hart erarbeitet hab. Wie wärs mit fünf Guineen pro Show in der ersten Woche und danach sehn wir weiter?«
»Na schön … acht Guineen in der ersten Woche und danach zehn.«
Burlesque dachte einen Moment nach, doch Vanka wusste, dass er zustimmen würde. Kein zugelassenes Medium, das auf sich hielt, würde unter zehn Guineen pro Séance arbeiten. Burlesque wusste also, dass er ein gutes Geschäft machte.
»Abgemacht«, sagte er schließlich, spuckte in seine Hand und streckte sie Vanka entgegen, um das Geschäft zu besiegeln. Vanka warf einen verächtlichen Blick darauf. Sogar über den Tisch konnte er riechen, was Burlesque noch eben gekaut hatte, und das Letzte, was er wollte, war, damit in Berührung zu kommen. Seiner Meinung nach war alles, was aus Burlesques Mund kam, eine biologische Gefahr. Diesem Mann hätte er nur mit einem extra dicken, ledernen Schutzhandschuh die Hand geschüttelt.
»Vergessen Sie den Handschlag, Burlesque, wir haben da noch ein kleines Problem.«
Burlesque grunzte. Er war kein Freund von Problemen.
»Da wir nun einmal in den Rookeries sind, will ich mir für meine Auftritte einen Anglo-Namen zulegen.« Wenn er als »Vanka Maykow, der Hellseher« auftrat, würde er in kürzester Zeit »Vanka Maykow, der schwanzlose Hellseher« sein.
»Hab ich nichts gegen, Wanker.«
»Und ich brauche eine PsyChick, eine Assistentin, die mir hilft, mit der Spirituellen Welt in Kontakt zu treten. Die Kleine, mit der ich normalerweise arbeite, Swetlana, muss sich um einen kranken Familienangehörigen in St. Petersburg kümmern.« Wenn sie allerdings mittlerweile General Skobelew in die Hände gefallen war, könnte sie auch in die Pfeiler für die neue Eisenbahnbrücke über den Rhein gegossen worden sein, die gerade erst fertiggestellt worden war. »Ich muss also eine neue Mitarbeiterin finden.«
»Na, wie wär’s mit Sporting hier«, schlug Burlesque vor. »Ich wette, dass sie ’ne geborne Hexe ist bei all den Geistern, die sich in ihr manifestiert ham. Obendrein ist sie willig.«
Vanka warf Sporting einen hastigen Blick zu. Wenn es überhaupt ein Mädchen gab, das man mit Fug und Recht als willig bezeichnen konnte, dann Sporting.
»Ich brauche ein Mädchen, das lesen kann.«
»Kann ich«, versicherte Sporting hoffnungsvoll.
»Ich meinte, ein bisschen mehr als nur den eigenen Namen.«
»Ach so.«
Burlesque zog kräftig an seiner Zigarre und drückte sich anschließend die Melone, die wie immer auf seinem fettigen Haar thronte, in den Nacken. Als er Vanka mit seinen bösen kleinen Augen musterte, erinnerte sich dieser daran, was für ein hinterhältiger Scheißkerl er war.
Sei vorsichtig, Vanka, extrem vorsichtig .
»Da fällt mir was ein, Wanker. Heut Abend findet hier ein Vorsingen statt. Ich brauch ’ne neue Sängerin, verstehn’se. Eine mit Stil. Ich such ’ne Jadsängerin … ’ne Schwatte. Warum bleiben’Se nich hier und sehn sich mal an, wer so kommt? Wer weiß, vielleicht is ja eine dabei, die Sie brauchen können?«
Vanka seufzte. Er wusste, was für Mädchen sich im Prancing Pig vorstellten. Die meisten waren schon so
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