Die Mission

gelaufen ist. Und last but not least werden Sie von der Checkya gesucht. Was sind Sie bloß für ein Rätsel, Ella?«
    »Ich glaube, dass Sie einfach viel zu misstrauisch sind.«
    »Misstrauisch, gewiss, aber gerade weil ich so ein misstrauischer Hund bin, habe ich überlebt, obwohl ein paar ziemlich üble Burschen entschlossen sind, mich umzulegen.« Er hob die Hand, um ihren Einwand im Keim zu ersticken. »Hören Sie, junge Dame, ich weiß nicht, wer Sie sind, aber ich weiß, dass Sie mir gerade einen ziemlichen Bären aufgebunden haben. Ich habe den Verdacht, dass Sie nichts Gutes im Schilde führen. Deshalb wäre es besser, wenn wir Tacheles reden. Ich habe mir in den letzten Tagen den Kopf zerbrochen, und mein Gefühl sagt mir, dass Sie eine Krypto sind, die für NoirVille arbeitet. Habe ich recht?«
    Ella zögerte. Sie durfte auf keinen Fall zugeben, wer sie wirklich war, aber sie spürte, dass Vanka sie vielleicht auf die Straße setzen würde, wenn ihr nicht etwas einfiel, was halbwegs plausibel klang. Nur was … bei einem derart scharfsinnigen Kerl wie ihm?
    »Na schön«, nickte sie schließlich. »Ja, ich gebe es zu, ich bin eine Agentin und habe den Auftrag, im ForthRight eine von Crowley gefangen genommene Dämonin zu befreien und nach NoirVille zu bringen.«
    Vanka starrte Ella sprachlos an, dann stand er langsam auf, schenkte sich ein großes Glas Lösung ein und stürzte es hinunter. »Kein Wunder, dass die Checkya hinter Ihnen her ist.«
    »Hören Sie, Vanka, ich war ehrlich zu Ihnen. Die Frage lautet: Werden Sie mir helfen?«
    »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, Miss Thomas …«
    Miss Thomas? Was war mit Ella passiert?
    »… sind mir Ihre politischen Ziele schnurzpiepegal, im Gegensatz zu meiner Haut. Ich werde den Teufel tun und Beria einen Vorwand liefern, um mich einen Kopf kürzer zu machen. Daher denke ich, dass unsere Partnerschaft von sehr kurzer Dauer sein wird. Ich will nichts damit zu tun haben, in Not geratene Dämoninnen aus Aleister Crowleys Fängen zu befreien. Sich mit diesem Wahnsinnigen anzulegen heißt, das eigene Todesurteil zu unterschreiben. Sie können hierbleiben, bis Gras über die Sache gewachsen ist und die Checkya das Interesse an Ihnen verloren hat, und als Gegenleistung helfen Sie mir eine Weile bei meinen Séancen. Sagen wir, einen Monat.« Er warf Ella ein schräges Grinsen zu. »Anschließend geht jeder von uns seiner Wege, Miss Thomas, am besten in entgegengesetzte Richtungen. Ich will Ihnen nie wieder über den Weg laufen. Um mit den Yanks zu sprechen, und ich gehe davon aus, dass Sie eine sind: Haben wir einen Deal?«
    Der Blick in seinen Augen sagte Ella, dass weitere Einwände nur Zeitverschwendung wären. »Haben wir. Danke, Vanka.«

20
    Demi-Monde:
47. bis 50. Tag im Winter des Jahres 1004
    Unternehmen Barbarossa: Fall Rot
    Fall Rot wird von der Armee des ForthRight unter dem Kommando von Kamerad General Mikhail Dmitriewitsch Skobelew ausgeführt. Das Unternehmen beginnt am ersten Frühlingstag des Jahres 1005 und dauert neununddreißig Tage. Fall Rot umfasst die Eroberung Covens, die Zerschlagung seiner Armee und die Übernahme der vollständigen politischen, ökonomischen und militärischen Kontrolle dieses Sektors. Sobald dieses Ziel erreicht ist, wird die gesamte Intelligenzia von Coven eliminiert. Dies betrifft unter anderem folgende Gruppen: der gesamte Hofstaat von Kaiserin Wu, sämtliche kaiserliche NoNs, Armeeoffiziere, Politiker, Regierungsbeamte, herEtikalistsche Priesterinnen, Suff-Ra-Getten, RaTionalisten, Schüler, Lehrer, GeschäftsFemmes, Journalisten, Künstler, Bühnenautoren, Schriftsteller und alle sonstigen Leistungsträger der Gesellschaft.
    – Protokoll des Politbüro-Treffens unter dem Vorsitz des Großen Führers am 39. Tag des Winters im Jahre 1004
    Vanka war vielleicht ein Zyniker, wenn es um die übernatürlichen Aspekte des Spiritualismus ging, aber ein professioneller Zyniker. Wenn Ella seine Assistentin werden sollte, so musste sie die gleichen professionellen Standards einhalten wie er selbst. In den nächsten Tagen ließ er Ella so lange üben, bis sie ihre Einsätze, Texte und Tricks aus dem Effeff kannte. Sie begriff, dass ihre Rolle als PsyChick die eines Handlangers war, der Vanka mit gewissen Tricks zur Seite stand, damit seine Vorstellung als Seher den nötigen Pep bekam. Sie würde als Kundin getarnt an seinen Séancen teilnehmen, bei bestimmten Höhepunkten der Vorstellung lautstark nach Luft schnappen, mit ihrer