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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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Kochtopf im hinteren Teil des Raums stammte.
    »Dieser chemische Gestank. Sie kochen doch nicht etwa Crack, oder?«
    »Was soll denn das sein, Crack?«, fragte Vanka. Und als er der Richtung folgte, in die ihre Nase zeigte, begriff er, was sie meinte. »Ach das! Das ist die Leuchtfarbe, die ich für mein Ektoplasma brauche. Ich mache sie selbst.«
    Dieses Mal war Ella diejenige, die überfragt war. »Was ist Ektoplasma?«
    »Die magische Materie, die sich um ein Medium bildet, wenn es in Trance fällt. Kein Hellseher, der etwas auf sich hält, kann eine Sitzung abhalten, wenn er nicht in der Lage ist, Unmengen von Ektoplasma zu produzieren.« Angesichts von Ellas Gesichtsausdruck erklärte Vanka es ihr näher. »Wenn ein Medium Verbindung mit der Spirituellen Welt aufnimmt, erzeugt es eine Lichtaura, die die Teilnehmer einer Séance im Dunkeln glühen sehen. Das Ektoplasma signalisiert, dass das Medium eins ist mit der Spirituellen Welt, dass ihr Spiritueller Führer Besitz von ihnen ergriffen hat.«
    »Können Sie das, Vanka?«
    »Sie erstaunen mich, Miss Thomas. Selbstverständlich kann ich es nicht, das kann niemand. Ektoplasma und im Übrigen auch alles andere, was mit Spiritismus zu tun hat, ist völliger Humbug. Leider ist dieses Zeug dermaßen in Mode gekommen, dass die Teilnehmer einer Séance ihr Geld zurückfordern, wenn sie dieses wabernde Leuchten nicht sehen.«
    »Und wie erzeugen Sie es?«
    Er warf ihr einen misstrauischen Blick zu. Das Rezept zur Herstellung von Ektoplasma gehörte offensichtlich zu seinen sorgfältig gehüteten Berufsgeheimnissen. »Eigentlich ist es ganz einfach. Man bricht die Köpfe einer ganzen Schachtel Zündhölzer ab, wirft sie in einen Topf mit Wasser und bringt das Ganze langsam zum Sieden. Das Phosphor löst sich von den Streichholzköpfen, man rührt tüchtig um, und das Phosphor vermischt sich mit dem Wasser. Danach braucht man nur noch die verbliebenen Holzstücke der Streichhölzer auszusieben, und schon ist es fertig. Phosphoreszierende Farbe. Man taucht beispielsweise ein paar Streifen Kattun in die Brühe und lässt sie trocknen. Dann kann man in der Dunkelheit sehen, wie sie gelb leuchten. Während einer Séance wedelt man ein paar Mal mit dem Tuch, und alle gehen zufrieden nach Hause.«
    »Lassen sich denn die Leute von einem Stück Tuch täuschen, das leuchtet? Versucht niemand, es anzufassen?«
    Vanka lachte spöttisch. »Eins dürfen Sie nie vergessen, Miss Thomas: Menschen, die zu Séancen gehen, sind so gepolt, dass sie unbedingt an übernatürliche Phänomene glauben wollen. Das Letzte für sie wäre, enttäuscht zu werden. Sie wollen etwas ganz Besonderes erleben, das Gefühl haben, dass etwas Einmaliges geschieht, und wenn sie beide Augen vor der hässlichen Realität alltäglicher Zaubertricks verschließen müssen, dann tun sie es. Als Medium muss ich ihnen bloß die Möglichkeit geben, an das zu glauben, woran sie unbedingt glauben wollen, und die primitiven Tricks geflissentlich zu ignorieren.«
    »Das klingt ein bisschen zynisch.«
    »Wahrscheinlich, weil ich tatsächlich ein bisschen zynisch bin.« Vanka hielt inne und steckte sich eine seiner stinkenden französischen Zigaretten an. »Nein, halt, ich bin sogar extrem zynisch. Und was Ihre durchaus vernünftige Frage angeht, ob die Leute nicht nach dem Ektoplasma greifen, nun, genau aus diesem Grund fordere ich zu Beginn einer Séance mein Publikum auf, sich untereinander die Hände zu reichen und körperlich wie seelisch zu verschmelzen, um mit der Spirituellen Welt Verbindung aufzunehmen. Außerdem schärfe ich ihnen ein, dass jeder, der diesen Kreis bewusst unterbricht, sich den Zorn der Geister zuzieht. Meistens genügt das, um selbst den wackersten Recken daran zu hindern, die Hand seines Nachbarn loszulassen.«
    »Sie vertrauen also darauf, dass Ihre Kunden das, was sie in Ihren Séancen zu sehen bekommen, für Magie halten.«
    Vanka wärmte sich die Hände an der Herdflamme. »Genau, und irgendwie ist es auch tatsächlich Magie, weil ich das Publikum in meinen Bann ziehen kann. Dasselbe trifft zu, wenn ich den Leuten die Zukunft voraussage, ohne ihnen je zuvor begegnet zu sein. Während einer Einzelsitzung muss ich zwanzig Mal raten, und achtzehn davon sind daneben, aber wenn der Kunde nach Hause geht, erinnert er sich nur an die beiden Treffer. Das nennt man selektive Erinnerung.«
    »Und es funktioniert?«
    »Ich will es Ihnen zeigen. Irgendwann muss ich Sie ja mit den Aufgaben einer

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