Die Mission
werden.
Sie hatte die widerliche Wurst mit Püree gerade beiseitegeschoben, als Vanka hereinplatzte und einen dicken Umschlag auf den Tisch warf. »Ein kleines Geschenk als Dankeschön.« Er setzte sich und machte der Kellnerin ein Zeichen, damit sie ihm ein Glas Lösung brachte.
»Ein Dankeschön wofür?« Ella öffnete den Umschlag und hielt einen Pass aus NoirVille auf den Namen Marie Laveau in der Hand. Auf der ersten Seite war ein Touristenvisum für das ForthRight eingestempelt.
»Dafür, dass Sie mich vor ein paar Tagen vor diesem Morris gerettet haben. Wären Sie nicht gewesen, hätte er mich bestimmt entlarvt, und dann …« Er verlor sich in unangenehmen Phantasien, wie das ForthRight mit Bauernfängern und Hochstaplern verfuhr.
»Das ist sehr nett von Ihnen, Vanka.«
»Ach was, nicht der Rede wert. Burlesques zehn Guineen für Spesen haben gereicht, und seit Beria die Werbetrommel für sein Festival der Freundschaft mit NoirVille rührt, kommen so viele Shades ins ForthRight, dass es nicht allzu schwer war, den Kerlen ein Visum abzujagen. Wie auch immer, es ist eine plausible Erklärung für Ihren Schleier. Alle Frauen aus NoirVille verbergen ihr Gesicht in der Öffentlichkeit.«
»Trotzdem, sehr aufmerksam von Ihnen.« Bevor sie sich dessen bewusst wurde, beugte sich Ella vor und küsste ihn auf die Wange.
Von einem Weltmann wie Vanka hätte sie eine solche Reaktion nicht erwartet: Er errötete!
Einen Augenblick fragte sie sich sie, ob er sich vielleicht schämte, in aller Öffentlichkeit von einer dunkelhäutigen Frau geküsst zu werden. Doch so, wie er sie anschaute, glaubte sie das nicht. Er berührte die Stelle, an der Ella ihn geküsst hatte, dann streckte er die Hand aus und lüftete sacht ihren Schleier. »Ich muss Sie warnen, Miss Thomas«, sagte er sehr ernst. »Hübsche junge Damen, die so freizügig mit ihren Gefühlen umgehen, riskieren, dass sie erwidert werden.«
Als sich ihre Blicke trafen, stieg ein seltsam wohliges Gefühl in Ella auf. Ohne auf die Menschenmenge zu achten, die sie bedrängte, beugte sie sich vor.
Plötzlich erstarrte sie mitten in der Bewegung, und ihre Augen weiteten sich vor Schreck. »O Vanka …«
Vanka fuhr herum, und dann spürte auch er, wie ihm ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Vier große, schwer bewaffnete Kerle der SS -Sturmabteilung in schwarzen Uniformen, angeführt von einem Untersturmführer mit eiserner Miene, kamen herein. Zwei von ihnen lösten sich von der Gruppe und postierten sich vor dem Hintereingang des Pubs. Dort standen sie mit gespreizten Beinen, das Gewehr im Anschlag, und starrten die etwa dreißig Männer und Frauen an, die sich hier zum Mittagessen eingefunden hatten.
Vanka sah sich hastig um: Es gab kein Entkommen. Sie saßen in der Falle.
Vielleicht handelte es sich um eine der üblichen Razzien, doch die wurden meistens von der Miliz durchgeführt – der Sicherheitspolizei des ForthRight. Dies hier war erheblich ernster als eine einfache Razzia. Irgendein armes Schwein würde dran glauben müssen.
Vankas Befürchtungen wurden bestätigt, als auf ein Zeichen des Untersturmführers ein kleiner SS -Standartenführer, flankiert von zehn weiteren Mitgliedern des SS -Ordo Templi Aryanis, hereinstolzierte. Dieser Orden befasste sich nicht mit Lappalien, es handelte sich um eine Elitetruppe, die Leibgarde Seiner Heiligkeit, Kamerad Aleister Crowley. Als Vanka sah, dass der SS -Standartenführer niemand anderes als Archie Clement war, wusste er, dass etwas Großes im Gange war, obwohl das Adjektiv groß nicht recht zu Archie Clement passen wollte.
Er war winzig.
Dieser Mann, den die Presse nur als »Crowleys Hammer« bezeichnete, wirkte völlig unauffällig. Er sah eher aus wie ein kleiner Junge als wie der Revolutionsheld, für den er verkauft wurde. Doch wollte man den Legenden Glauben schenken, die über ihn kursierten, dann war er ein sehr gefährlicher kleiner Junge. Und wenn der Anführer der SS persönlich eine Razzia im Prancing Pig anführte, dann mussten sie hinter einem wichtigen Staatsfeind her sein.
Vanka warf Ella einen raschen Blick zu, und ihm wurde schwer ums Herz. Er hatte eine schreckliche Vermutung, was diesen Staatsfeind betraf.
Clement klatschte in die Hände und befahl Ruhe. »Ich bin SS -Standartenführer Archie Clement«, verkündete er mit gedehnter Stimme. »Dieses Etablissement steht ab sofort unter Kontrolle des SS -Ordo Templi Aryanis. Halten Sie Ihre Ausweise bereit.«
»Ist mir
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