Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Titel: Die Mitte des Weges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
Vom Netzwerk:
zumindest so etwas wie eine Ehrenabfindung zu bekommen, hat er mich ausgelacht. Ich wollte fünfzigtausend haben. Er ist, wenn es ums Geld geht, eiskalt.«
    Thomas kann nicht glauben, was er hört.
    »Mike eiskalt?«
    » Du hättest ihn sehen sollen. Ich habe viel Erfahrung mit Menschen und ich sehe, wann ich mit jemandem zusammenarbeiten kann. Aber hier ging gar nichts. Ich dachte an deinen Vater und ließ mich dazu herab, zu betteln. Ich fragte ihn, ob er zumindest zehntausend Mark als Anerkennung zahlen wolle und er meinte, das wolle er sich überlegen. Ich glaube, die zehntausend zahlt er. Das ist zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber besser als nichts.«
    Thomas grinst. »Zehntausend? Das ist eine Menge Geld.«
    Otto nickt zufrieden. »Das dachte ich auch. Wozu hat man schließlich Familie, nicht wahr? Deine Eltern werden mit dem Geld bestimmt etwas anzufangen wissen. Und falls es dein Vater nicht annimmt, behältst du es. Was du damit machst, bleibt dir überlassen.«
    Thomas Augen leuchten. »Zehntausend«, flüstert er. »Für ein blödes Foto.«
    » Du siehst, du brauchst Stern nicht zu besuchen. Den Rest überlasse mir. Fahr zurück nach Bergborn. Du wirst von mir hören.«

21
     
    Mike Stern kocht vor Wut. Er streift durch die Straßen von Berlin und hat das Gefühl, die Haare stehen ihm zu Berge. Was der Mann im Anzug sich erlaubt hat, ist eine Frechheit.
    Dreihunderttausend Mark!
    Der weiß, was er will und was er erreichen kann. Mike hatte den Vertrag nicht unterschrieben und war erstaunt, dass Otto Jäckel darauf einging. Etwas in den Augen des Mannes warnte Mike. Er überlegt, ob er einen Anwalt beauftragen soll, um den Sachverhalt zu überprüfen, kommt aber zu dem Schluss, dass er dabei verlieren wird.
    Jäckel weiß, woher auch immer, dass Mike nur einen Bruchteil seiner Einnahmen versteuert hat. Eine Nachzahlung würde ihn nicht nur ruinieren, sondern für Schlagzeilen sorgen. Er ist Chef von Dienst der Berliner Rundschau . Es gab erste Kontakte zum Stern und Helmut Markwort, der den Gong leitet, will mit ihm über ein neues Magazin-Projekt sprechen, was für Mike einen Wechsel nach München bedeuten würde. Dieter Kerschek versucht ihn sogar, nach Ostberlin zu holen, um dort die Führungsspitze der Berliner Zeitung zu stützen, aber so verrückt ist Mike nicht. Einmal hinter der Mauer, immer hinter der Mauer, obwohl Kerschek reisen kann, wohin er will und beste Kontakt zu Gruner und Jahr unterhält, die neugierig auf die BZ blicken.
    Egal, für was Mike sich entscheidet, seine Karriere wäre vorerst zum Teufel. Steuersünder werden geschasst, obwohl die meisten Deutschen darin ein Kavaliersdelikt sehen. Der Karriere nützlich ist so etwas jedenfalls nicht.
    Er ist zufrieden mit seiner Arbeit. Er besitzt Autorität, er entscheidet, was erscheint und man begegnet ihm mit Respekt, den er sich geschaffen hat. Was will er mehr?
    Eine Straßenbahn bimmelt . Es stinkt nach Abgasen. Punks schlurfen an ihm vorbei. Sie negieren die herrschenden Werte und die herrschende Ästhetik durch radikalen Nonkonformismus. Alkohol, Drogen und laute Musik. » This is a chord, this is another, this is a third. Now form a band. « Mike lacht in sich hinein. Eigentlich nicht unsympathisch. Penner rempeln ihn an, aggressive Bettler in lumpiger Kleidung. Die Straßen sind feucht und Mike weicht zwei Haufen Hundescheiße aus. Zigarettenkippen werden durch die Gegend geschnippt und vor einer Bäckerei türmt sich der Müll.
    Das waren noch Zeiten, damals in den Nachkriegsjahren, als Brot und andere Grundnahrungsmittel einer vom Staat verordneten Preisbindung unterlagen. Damals, in der Blüte des Wirtschaftswunders, wurde streng darauf geachtet, dass sich auch Geringverdiener Brot oder Milch kaufen konnten. Vor einem Jahr fiel dieser staatliche Eingriff auf den Markt - und prompt klettert der Preis immer nur in eine Richtung, nämlich nach oben. Seither steigen die Kosten für das Grundnahrungsmittel Brot ständig. Acht Pfennige für eine Schrippe, liebe Güte!
    In einem Schaufenster stehen diese neuen Dinger, in denen man mit Mikrowelle sein Essen warmmachen kann. Ziemlich unheimlich, diese Kästen. Wer weiß, wie man sich damit verstrahlt. In einem anderen Schaufenster wird die neueste Matchbox-Autokollektion vorgestellt. Die Litfaßsäulen sind voll mit Plakaten, die für einen neuen Film und Schauspieler werben. Taxi Driver mit Robert deNiro. Nicholson in Einer flog über das Kuckucksnest bricht alle

Weitere Kostenlose Bücher