Die Mitternachtsprinzessin
vergessen.“
„Hast du auch mein Messer mitgebracht?“, fragte sie eifrig.
„Sieh selbst nach.“
Als hätte er ihr eine Handvoll Diamanten versprochen, eilte sie durch die Höhle und kauerte nieder, um den alten Beutel zu öffnen, den Leon immer für sie bereitgehalten hatte, mit dem sie auch in der Nacht des Hinterhalts geflohen war. Sie blickte hinein und stellte fest, dass all ihre Hilfsmittel zum Überleben darin enthalten waren, wozu auch ihr Messer gehörte.
Sie schenkte Gabriel ein breites Lächeln. Die Gefahr war vorbei, aber sie befestigte ihre Lieblingswaffe sofort wieder an ihrem Oberschenkel. Damit fühlte sie sich gleich erheblich besser.
Belustigt schüttelte er den Kopf, dann trank er einen großen Schluck aus einer Feldflasche.
Sophia setzte sich langsam auf eines der Felle neben dem Feuer und starrte ins Nichts. Bilder von all den vergangenen Geschehnissen gingen ihr durch den Kopf, in rasender Geschwindigkeit und überaus beunruhigend. Sie merkte kaum, dass sie noch immer zitterte, Gabriel beobachtete sie mit gerunzelter Stirn, schließlich ging er zu ihr, um das Feuer stärker anzufachen. Als das erledigt war, wendete er sich den Vorräten zu und holte eine kleine Flasche mit Brandy heraus, die er entkorkte. Er goss großzügig davon in einen Zinnbecher und reichte ihn ihr.
„Trink ein paar Schlucke“, befahl er.
Sie starrte fragend auf die Flasche. „Bist du sicher, dass keine Drogen darin sind? Damit hat alles begonnen.“
„Hey. Sieh mich an.“
Sie zitterte wieder, als sie den Kopf hob und ihn anblickte. Er sah ihr tief in die Augen.
„Du bist jetzt in Sicherheit. Trink davon, So... Hoheit. Du bist so bleich wie ein Gespenst. Los. Ich helfe dir.“
Zu hören, dass er sie wieder mit Hoheit ansprach, war kein gutes Zeichen. Sie begriff, dass er Distanz wahren wollte.
Aber nach allem, was sie ihm auferlegt hatte, brachte nicht einmal ihre königliche Person es fertig, ihm zu widersprechen. Ohne Widerrede nahm sie den Becher aus seiner Hand, senkte den Blick und tat, was er ihr gesagt hatte.
„Bleib einfach da sitzen und entspanne dich einen Moment lang“, sagte er in seinem ernsten Tonfall, der keine Entgegnung duldete. „Gleich wirst du dich besser fühlen.“
Sophia hatte nicht vor, sich zu widersetzen. Sie nippte an der scharfen Flüssigkeit und zog eine Grimasse, da das Getränk so stark war. Gabriel nahm die Flasche und begab sich zu der herabhängenden Decke.
„Ich lasse dich ein Weile allein. Ich glaube, das brauchst du jetzt. Ich bin hier draußen.“ Er duckte sich beim Hinausgehen, dann war er fort.
Sophia runzelte die Stirn. Es schien ihr, als brauchte eher er ein wenig Zeit für sich. Aber deswegen konnte sie ihm keinen Vorwurf machen. Sie trank noch einen Schluck von dem Brandy und versuchte sich zu entspannen. Sie zog die Knie an die Brust, schloss einen Moment lang die Augen und sprach ein Gebet für Demetrius und Alexa.
Als ihr die Tränen in die Augen traten, setzte sie sich gerade hin. Nein, sie wollte nicht weinen. Wenn sie weinte, so fürchtete sie, nicht mehr aufhören zu können. Sie richtete ihre Gedanken auf Gabriel und fragte sich voller Unbehagen, ob es ihm wohl gut ging.
Kopfschüttelnd dachte sie daran, wie brutal er sich auf diese Barbaren gestürzt hatte, die dies zweifellos verdient hatten: Doch sie stellte fest, dass er sie in einer Weise einschüchterte, wie sie es zuvor nicht erlebt hatte. Sie musste zugeben, dass diese Seite von Gabriel ihr ein wenig Furcht einflößte.
Sie wagte es nicht, ihn davon etwas spüren zu lassen. Nach allem, was er um ihretwillen riskiert hatte, würde er es vermutlich kaum zu schätzen wissen, wenn sie vor ihm zurückwich, als wäre er ein wildes Tier.
Nachdem sie den Brandy ausgetrunken hatte, beschloss sie, nach ihm zu sehen. Sie erhob sich und ging hinaus. Er saß auf einem Stein neben dem Eingang zur Höhle, blickte in die Wälder und zum dunklen, sternenübersäten Himmel über ihnen, eine Million Meilen von ihnen entfernt. Wo bist du? fragte sie sich. Komm zu mir zurück.
Gabriel trank einen großen Schluck aus der Flasche. Sie sah ihn nachdenklich an und streckte die Hand aus, um sie ihm auf die Schulter zu legen. Als sie bemerkte, wie er erschauerte, überlegte sie es sich anders. Sie wollte ihn nicht erschrecken.
Vorsichtig, weil nicht dazu aufgefordert, gesellte sie sich zu ihm. Sie trat neben ihn, hockte sich nieder, ein Knie auf dem felsigen Boden. Von unten herauf sah sie ihn an, aber
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