Die Mondrose
Maschinen. Devastation sollte das erste heißen, das hier vom Stapel lief. Zerstörung.
Einen treffenderen Namen hätte man kaum finden können, dachte Hector. Britische Truppen waren im Frühling nach Äthiopien aufgebrochen, um den dortigen Kaiser für die Misshandlung britischer Geiseln zu bestrafen. Sie hatten die biblische Stadt Magdala in Schutt und Asche gelegt, sie hatten der Welt gezeigt, dass das britische Imperium kein Zagen und Erbarmen kannte. So wie ich, dachte Hector und lächelte sich zu, obwohl er keinen Spiegel bei sich trug. Zagen und Erbarmen kannte die königliche Marine nicht, wohl aber besonnenes Warten auf den richtigen Augenblick, in dem ein Sieg sich umso vollkommener auskosten ließ. Der Augenblick für die Devastation war jetzt gekommen, alles war vorhanden – das beste Material, die neuesten Kenntnisse und mit Edward Reed ein genialer Konstrukteur. Auch für meine Devastation wird der richtige Augenblick kommen, versicherte er sich und trat aus der Halle ins Freie, um auf das vom Herbstwind aufgepeitschte Meer zu sehen.
Unbändig war seine Gier, endlich die ersten Früchte dieser Saat zu kosten, das so lange gehütete Wissen enthüllen und sich am Entsetzen der Opfer weiden zu dürfen. Um Geduld zu bewahren, um seine Kiellegung zu einer gewaltigen, alles niedermähenden Devastation auszubauen, brauchte er Beschäftigung. Die Gasanstalt lief wie am Schnürchen, wenn man von gelegentlichen Protesten der Inspektoren wegen obskurer Unfälle absah. Dort fiel nur noch Routinearbeit an, die Hector zu Tode langweilte. Milton’s Court hatte er an März verkauft. Das war ein Teil der Kiellegung – ehe seine Devastation feuerte, wollte er zusehen, wie seine Opfer einander die Köpfe blau schlugen. Das Ganze ließ sich verheißungsvoll an, und nur die Geduld war ein Problem – die ewige Geduld!
Er hatte erwogen, sich an Frederic Ternans Victoriana zu beteiligen. Damit hätte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Er bekäme seinen Einstieg ins Hotelgeschäft, und indem er Geld in das renommierte Haus pumpte, waren Erweiterungen möglich, die sowohl Victor März als auch Mildred Adams das Wasser abgruben. Im Auge hatte er eine Vergrößerung des Haupthauses und den Anbau eines Flügels für Billigurlauber, wie Thomas Cook sie in Scharen durchs Land karrte. Zu seiner Verärgerung aber hatte Ternan rundheraus abgelehnt.
Sein Geschäft laufe ausgezeichnet, ließ er Hector wissen. Wer behauptet habe, er suche einen Teilhaber, der habe Hector einen Bären aufgebunden. »Mir hat niemand etwas aufgebunden«, setzte Hector sich zur Wehr. »Ich dachte eher an eine Art Bund der Giganten – Ihr Ruf und mein Geld. In ein paar Jahren könnten uns sämtliche Hotels von Southsea gehören.«
»Ich bin mir keinesfalls sicher, ob das wünschenswert wäre«, hatte Ternan erwidert. »Um ehrlich zu sein, bleibe ich gern mein eigener Herr, und um meine Finanzen ist es nicht schlecht bestellt.«
Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Ganz Portsmouth wusste, dass Ternan, der von beiden Elternseiten reichlich geerbt und sich mit dem Victoriana eine Goldgrube verschafft hatte, vor Geld geradezu überquoll. Außerdem hatte er einen Sohn, der in Frankreich das Hotelgeschäft erlernte und so wohlgeraten war, wie ein Vater es sich nur wünschen konnte. Hector verfluchte die Ungerechtigkeit, mit der das Leben manche Leute überschüttete, während sich andere jeden Krumen erkämpfen mussten. Die Idee, ein eigenes Grandhotel zu begründen, verwarf er. Er hätte sich gegen zwei mächtige Konkurrenten durchsetzen müssen, und anders als Mount Othrys, wo die tollkühne Mildred auf schwankendem Seil tanzte, war das Victoriana auf soliden Grundfesten erbaut. Auch hatte er sich mit der Gasanstalt bereits bewiesen, dass er ein Unternehmen allein aufbauen konnte. Jetzt wollte er sein Geld in etwas stecken, das bereits wuchs und schnelle, erregende Erfolge versprach.
In den Bau von Kriegsschiffen. Wozu lebte er in einer Garnisonsstadt? Das Königreich brauchte Feldzüge wie den in Äthiopien, um sich seine Stärke zu beweisen, und zudem war die neue Art des Schiffsbaus weniger auf Manneskraft angewiesen als die Kleinarbeit der Vergangenheit. Gerade waren anderthalbtausend Werftarbeiter aus den Docks entlassen worden, und das in einer Zeit, in der ohne Unterlass gebaut wurde.
Ja, er würde die Sache in Erwägung ziehen, sie mochte seinem Leben neuen Pfiff verleihen. Vielleicht würde er sogar schon heute Gelegenheit
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