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Die Mondrose

Die Mondrose

Titel: Die Mondrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Helmin
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führen«, sagten die Gäste, und: »Mrs Weaver, Sie sind ein Sonnenschein.«
    Sie sehnte sich nach Hyperion, der noch mehr Zeit im Spital verbrachte und häufig dort schlief. Aber sie war auch erleichtert, dass er sein Zuhause mied, denn sie fürchtete, er könne nach den Bankbriefen fragen und entdecken, was sie getan hatte. Natürlich stellte er solche Frage nie, er hatte den Kopf in den Wolken und interessierte sich für nichts, was den Haushalt und das Hotel betraf, aber die Angst ließ nicht nach. War er zu Hause, so behandelte sie ihn so höflich, dass er verwundert die Brauen hob. Ich wünschte, ich könnte dir die Wahrheit sagen, wie du sie mir gesagt hast, als du das Erbe deines Vaters vergeudet hattest. Die eine Wahrheit zog jedoch andere nach sich – auch die, von der er im Leben nie erfahren durfte.
    Der Druck, der sich in ihr staute, musste sich irgendwo entladen, und sie wusste, dass sie ihn viel zu häufig an den Kindern ausließ. An Esther und Georgia. Nie an Phoebe. Dennoch war es vor allem die kleine Phoebe, die haltlos weinte und nicht zu beruhigen war, wenn Mildred mit ihren Schwestern schimpfte. Ausflüge zum Clarence Pier, wie sie sie im Vorjahr mit den Kindern unternommen hatte, Karussellfahrten und Hokey Pokey beim Eiscremestand mussten in diesem Jahr unterbleiben. Da die Kinder von ihrer Not nichts merken sollten, erzählte sie ihnen, sie seien nicht brav genug gewesen, um solche Belohnungen zu verdienen. Phoebe, die sich unmöglich an Vergnügen des letzten Jahres erinnern konnte, war untröstlich darüber und weinte bitterlich.
    Im Nu war Esther bei ihr und schloss sie in die Arme. »Ist ja gut, kleine Lerche, ist ja alles gut.« Während sie die Schwester wiegte, blickte sie zu Mildred auf. »Geh doch mit ihr zum Pier«, bettelte sie. »Sie ist so klein und hat ja nichts getan.«
    Mildred hatte das Gefühl, ihr werde das Herz in der Brust gedreht. »Ihr wart so schlecht, dass ich alle drei bestrafen muss«, wies sie Esther eilig zurecht. »Sonst ist es nicht Strafe genug.«
    Esther überlegte, während sie der weinenden Phoebe übers Haar strich. »Ich könnte im nächsten Jahr daheimbleiben, wenn ihr zum Clarence Pier geht«, sagte sie schließlich. »Und im Jahr darauf, und in jedem Jahr, bis ich zu groß bin fürs Karussell. Wäre es dann genug?«
    »So viel würdest du für Phoebe aufgeben?«, fragte Mildred verblüfft.
    Esther nickte heftig. »Nur Phoebe nicht traurig machen, bitte. Nicht Phoebe.«
    Das kleine Mädchen, das vermutlich nicht einmal wusste, wovon die Rede war, schluchzte auf. Esther zog sie an sich und wiegte sie. »Lavendel ist blau, dilly dilly«, sang sie. »Lavendel ist grün.«
    An diesem Nachmittag pfiff Mildred aufs Geld und ging mit ihren Mädchen zum Clarence Pier. Sie ließ jede eine Runde mit dem Karussell fahren, kaufte ihnen eine Muschel voll Vanilleeis und sich selbst einen eingelegten Aal, den sie mit den Fingern aß. Georgia riss ihre frechen, unkindlichen Witze, Esther tanzte mit Phoebe an der Hand im Kreis, und Mildred freute sich an den Mienen der Leute, die beim Anblick der Schwestern unweigerlich zu lächeln begannen. Es war eine der wenigen Stunden in diesem Sommer, in denen sie ihre Sorgen vergaß.
    Die Saison übertraf jede Erwartung. Das Restaurant im Pariser Stil, das Mildred im Wintergarten eröffnet hatte, lief renommierten Häusern den Rang ab, und noch Anfang Oktober war ihr Hotel voll belegt. Wäre die Building Society nicht zusammengebrochen, so hätte sie zu Saisonende die Hände in den Schoß legen und sich zu den reichsten Frauen der Stadt zählen können. Stattdessen war sie erschöpft bis auf die Knochen, schlief noch immer schlecht und kam über die Runden, indem sie jeden Penny umdrehte. Wenn die letzten Gäste bezahlt hatten, würde sie die geliehene Summe ersetzen können. Sie musste in diesem Winter auf Neuerungen am Hotel verzichten und darauf hoffen, dass ihr Restaurant auch außerhalb der Saison gut lief, dann wäre der Bestand von Mount Othrys gesichert. Und im nächsten Frühling, wenn die ersten Vorauszahlungen eintrafen, würde sie wieder beginnen schwarze Zahlen zu schreiben.
    Während sie Möbel abdeckte und Räume für den Winter verschloss, wurde ihr einmal mehr bewusst, wie sehr sie Mount Othrys liebte. Der erlittene Schrecken hätte sie beinahe aus der Bahn geworfen, doch für Mount Othrys hatte sie ihre Schwäche bezwungen. Sie würde weiterkämpfen, und eines Tages wäre der Bankrott der Building Society nicht

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