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Die Mondrose

Die Mondrose

Titel: Die Mondrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Helmin
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Selbstmitleid zu suhlen, und war ihr geliebter Mann. Dass es so einfach, wie es klang, nicht war, wusste sie, aber es brauchte ja nicht einfach zu sein. Komm nach Hause, wollte sie zu ihm sagen. Du bist mein Dreistromgenerator, der meinem Leben Helligkeit, Kraft und Wärme verleiht. Mir fehlt deine Zappeligkeit, wenn du mit mir ins Bett willst, mir fehlen deine schüchternen Liebeslieder und deine verkohlten Koteletts.
    Sie verließ ihr Haus, um nach Sudewede zu fahren, als der Mann ihr entgegenkam. Später dachte sie, auch wenn es keinen Sinn hatte, oft darüber nach. Wäre sie nicht noch einmal zurückgelaufen, um ihren Schirm zu holen, hätte sie ihn nicht getroffen. Es hätte an nichts etwas geändert, und doch konnte sie lange nicht aufhören, daran zu denken.
    Sie wollte den Mann nicht treffen, sie war es Horatio schuldig, sich kein Wort von ihm anzuhören. »Schon bedauerlich, dass man die eigene Schwiegertochter nicht im Trockenen kennenlernen darf«, bemerkte der Mann und versuchte sich unter ihren Schirm zu schieben. »Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle? Mein Name ist Hector Weaver. Der illustre Mensch, der Ihnen angetraut ist, entstammt meiner Zucht.«
    Das Wort Zucht hallte Lydia in den Ohren. Sie glaubte eine Peitsche schnalzen zu hören und wollte zu ihrem Mann. Diesen sogenannten Vater stehenlassen wollte sie, durch den Regen rennen und Horatio in die Arme schließen, ihn bei den Ohren packen und ihm eintrichtern: Tu das nie wieder. Du musst nicht einstecken, was ich dir verpasse, du hast das Recht, dich zu wehren, aber lass mich nie wieder allein.
    Der Mann, der Horatios Vater war, redete, und Lydia ging weiter, bis sie stehen bleiben musste, weil seine Worte sie lähmten. Sie bemerkte nicht, dass der Schirm zu ihm hinüberglitt und der Regen ihre Kleider durchnässte. »Sie mögen versucht sein, meinem Sohn den Ehebruch zu verzeihen«, beendete der Mann mit einem Lächeln seine Rede. »Frauen haben ja häufig ein großes Herz, und so schätze ich Sie ein – als eine Frau mit einem großen Herzen. Ich rate Ihnen dennoch von solchem Edelmut ab. Mein Sohn ist kein gewöhnlicher Schwerenöter. Er geht umher und zerstört so fühllos wie einer seiner Apparate.«
    Das riss Lydia aus der Starre. »Und was tun Sie?«, schrie sie ihn an. »Wie fühllos und krank muss denn ein Vater sein, der über seinen Sohn so spricht?«
    »Bringen Sie nicht den Boten um!« Der Mann sprang zurück und hob die Hände. »Ich habe Ihnen nur helfen wollen, und zu den Opfern meines Sohnes zähle ich mich selbst.«
    Sie hätte ihm ins Gesicht schleudern mögen, wen sie zu wessen Opfern zählte, aber darüber zu schweigen war sie Horatio schuldig, was immer er getan hatte. Endlich fand sie die Kraft, Hector Weaver stehenzulassen. »Ich habe Ihnen noch mehr zu sagen«, protestierte er.
    »Aber ich will nichts mehr hören«, erwiderte Lydia und ging weiter.
    »Dann einen angenehmen Abend!«, rief er ihr hinterher. »Nur gut, dass Sie sich so eingehend auf dem Feld der Abtreibung umgetan haben. Die andere, Ihre Rivalin, bekommt von meinem Sohn ein Kind!«

    Nach Sudewede gelangte Lydia, ohne zu denken. Sie fragte sich nicht, ob Hector Weaver gelogen haben könnte, wer die andere Frau war oder was für ein Wunder nötig wäre, um sie beide zu retten. Sie wollte nur zu Horatio. Als sie ihn sah, verkrampfte sich ihr Herz. Was fünf Wochen an einem Menschen tun konnten, war unfasslich. Wie sehr sie diesen Menschen liebte, war noch unfasslicher. Wenn du und ich eine schlechte Idee waren, Liebster, dann hatte das Leben noch nie eine gute.
    Er saß in dem verwahrlosten Zimmer auf dem Bett und starrte an die Wand. Als er die Tür knarren hörte, drehte er sich um und sagte: »Lydia.«
    Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Haar war zerrauft, und an seiner Schläfe prangte eine kaum verschorfte Wunde. Ich wünschte, ich müsste dir nicht sagen, was ich weiß, dachte sie. Du hast mir Wasser gewärmt, wenn ich todmüde und verzweifelt nach Hause kam. Ich wünschte, ich könnte gehen und dir von irgendwo in diesem scheußlichen Haus Wasser holen, damit du dich waschen kannst und dir die Stoppeln rasieren.
    »Ich habe dich betrogen«, sagte er. »In der Nacht mit dem verdammten Generator.«
    »In einer Nacht, Horatio? Du hast es ein einziges Mal getan?«
    Er sah sie an und gab keine Antwort.
    Sie hätte seinem Vater ins Gesicht schleudern mögen, dass es seiner widerlichen Intrige nicht bedurfte. Er hatte einen Feigling aus seinem Sohn

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