Die Mondrose
hatte seit Wochen keinen freien Vormittag, und ich kann ja nicht immer nur im Bett liegen.«
»Du bist in der Hoffnung.«
»Aber nicht krank, Milly-Milly. Glaub mir, ich fühle mich prächtig.«
»Aussehen tust du wie Dünnbier mit Spucke.«
»Ich weiß.« Verlegen kniff sich Daphne in die Wangen. »Was hast du da? Ist das eben gebracht worden?«
»Dein Mann schickt es«, murmelte Mildred.
Zu schnell stürmte Daphne die Stufen hinunter, ging vor dem Pferd in die Hocke und liebkoste die weiche Schnauze. »O Milly, ist es nicht allerliebst? Hyperion ist ein solcher Goldschatz, ich werde nie begreifen, womit ich ihn verdiene.«
Du siehst aus wie seine gottverdammte Mutter, durchfuhr es Mildred. Du bist eine Dame, und wenn du hundertmal in Whitechapel geboren bist.
»Aber sag mir doch – dass er ein Pferdchen für einen kleinen Reiter schickt, bedeutet das, dass er sich einen Jungen erhofft? Was mache ich denn nur, wenn ich ein Mädchen in mir trage?«
»Dann wird sich dein Goldschatz wohl abfinden müssen«, versetzte Mildred. »Muss er eben einen Damensattel auf den Gaul leimen, denn tauschen wird man ihn das Kind schwerlich lassen.«
»Ach Milly, du weißt doch, wie ich es meine. Natürlich wollen wir nicht das Kindchen, das Gott uns schenkt, tauschen.«
»Also rede kein sinnloses Zeug«, blaffte Mildred. »Geh nach oben und leg dich aufs Tagesbett, bis ich mit dem Frühstück komme.«
»Ich mag nicht, dass du mich bedienst, Milly.«
»Das habe ich immer getan«, erwiderte Mildred. »Und ich werde es weiter tun. Ich denke, auf Rahm verzichten wir heute. Dr. Vernon hat gesagt, er könnte deinen Magen reizen.«
Bis sie Hyperion zur Rede stellen konnte, vergingen noch einmal drei Tage, und jeder davon bescherte ein neues Problem. Zuerst schickte die Wäscherei den Korb Wäsche, der jeden Mittwoch gebracht wurde, ungewaschen zurück. Kurzerhand beorderte Mildred Priscilla, mit ihr zusammen einen Waschtag einzulegen. Eine Waschküche war schließlich vorhanden, und sie hatten massenhaft Platz zum Trocknen. Wenn Priscilla sich wunderte, so ließ sie sich nichts davon anmerken.
Mildred hasste es, vor dem Trog zu knien und die Hände in ätzende Lauge zu senken. Sie hätte Hyperion schütteln mögen und würde es spätestens an diesem Abend tun. Am Abend aber kam er nicht nach Hause, und Mildred wagte nicht, die kränkelnde Daphne allein zu lassen, also schob sie es noch einmal auf.
Am nächsten Tag wies sie Max an, die Sichel zu nehmen und den Rasen im Vorgarten zu stutzen. »Ich wollt nichts sagen«, bemerkte Max. »Aber es sind jetzt drei Wochen, und ich hab daheim Mäuler zu stopfen.«
»Was sind jetzt drei Wochen?«
»Dass mein Lohn aussteht«, antwortete Max, schulterte die Sense und ging. Er war treuer als ein Schäferhund, er würde seinen Platz nicht verlassen, aber sein Geld musste er bekommen. Als Hyperion aus dem Spital kam, ging er zu Daphne und kam nicht wieder heraus. Mildred blieb nichts anderes übrig, als wiederum zu warten.
Der nächste Tag war der schlimmste. Am Morgen hatte sie den Kaminkehrer wegschicken müssen. Natürlich lauerte hinter der Tür Nell Weaver und fragte pikiert, warum der Mann heute nicht kehre. Weil Weiber wie du ein ganzes Haus in Anspruch nehmen, ohne einen Penny einzubringen, hätte Mildred ihr am liebsten entgegengeschleudert. »Ich fand, es sei noch nicht nötig«, sagte sie.
Nell hob eine dünne Braue. »Soso«, gab sie von sich. »Ein Kamin, der gut zieht, ist ein Segen, aber wie will ein Geschöpf das beurteilen, das in Rattenlöchern aufgewachsen ist?«
Mildred zerbiss sich die Lippe. Ehe sie der Alten etwas hinterherschrie, ließ sie Gaia satteln und ritt in die Stadt, um ein Paar Knöpfstiefel abzuholen. Sie hätte neue gebraucht, doch stattdessen hatte sie die alten flicken lassen. Der Bursche des Schusters hielt ihr das Pferd, während sie in den Laden ging, in dem zu ihrem Entsetzen Bernice stand und unter Gefuchtel mit dem Schuhmacher plapperte. War sie vom Pech verfolgt, dass ihr das Weib überall über den Weg lief? »Ach, Miss Wie-war-doch-der-Name? Das ist ja zu nett.«
Mildred nickte ihr zu und schob dem Schuster ihren Abholschein hin. Der ging nach hinten, kam mit ihren Schuhen zurück und wickelte sie vor Bernices gierigen Augen in ein Tuch.
»Danke«, murmelte Mildred und wollte nach dem Paket greifen.
Rasch legte der Schuhmacher die Hand darauf. »Es tut mir leid, ich muss erst um Bezahlung bitten.«
»Aber die Schuhe sind für Mount
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