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Die Mondscheinbaeckerin

Die Mondscheinbaeckerin

Titel: Die Mondscheinbaeckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Addison Allen
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schwieg. Gott, was für ein Ort! Zuerst die Sache mit ihrer Mutter und nun diese … Tapete. »Was bedeutet, dass das Stimmungszimmer an mir hängen bleibt.«
    Â»Es sei denn, du möchtest ein anderes.«
    Emily lehnte sich erschöpft an den roten Kühlschrank. Opa Vance musterte sie stumm. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er ein wenig schief stand, als hätte er Schmerzen in der linken Hüfte. »Ich hoffe immer noch, dass sich diese ganze Farce am Ende in Luft auflöst.«
    Â»Das Gefühl kenne ich gut«, sagte er leise.
    Sie sah ihn an. »Wird das irgendwann besser?«
    Â»Irgendwann.«
    Das war nicht die Antwort, die sie sich gewünscht hatte, doch sie würde damit leben müssen.
    Was blieb ihr anderes übrig? Sie hatte keinen anderen Ort, an den sie sich flüchten konnte.
    Ãœber siebzig Jahre zuvor, im Februar bei Vollmond – die Leute nannten ihn den Schneemond –, der Piney Woods Lake war zugefroren, und die im Eis gefangenen Wasserpflanzen sahen aus wie Fossilien, wenn die Kinder mit Schlittschuhen darüberfuhren, hatte das Haus neben dem der Coffeys an der Main Street Feuer gefangen.
    Als die Feuerwehr eintraf, züngelten bereits Flammen aus den Fenstern. Das Löschfahrzeug musste von den sechs stärksten Männern im Ort hingeschoben werden, weil es in der Kälte nicht ansprang. Die Bewohner des Ortes versammelten sich, in Decken gehüllt, Atemwolken vor dem Mund, in dem Park auf der anderen Straßenseite, um beim Löschen zuzusehen. Vance war vier Jahre alt, und seine Größe bereitete niemandem Kopfzerbrechen. Damals war sein Vater sogar noch stolz auf seinen strammen Jungen. In jener Nacht trug Vance eine rote Mütze mit Bommel, mit dem seine ältere Schwester, die sich mit ihm eine Decke teilte, spielte.
    Die Schaulustigen starrten wie hypnotisiert in die goldgelben und blau-orangefarbenen Flammen, die sie an den Sommer erinnerten. Manche waren so fasziniert, sehnten sich so sehr nach wärmerem Wetter und einem Ende schmerzender Glieder, zugefrorener Nachtstühle und trockener, sich schuppender Haut, dass sie sich gefährlich nahe an das brennende Haus heranwagten und von rußgeschwärzten Feuerwehrmännern zurückgehalten werden mussten.
    Zuerst wurde einer aufmerksam, dann noch einer, und bald schon beobachtete die ganze Menge nicht mehr das Feuer, sondern das Haus daneben – das Haus der Coffeys. Die Bediensteten schütteten aus den dem Brand zugewandten Fenstern alle Flüssigkeiten, derer sie habhaft werden konnten, in die Flammen nebenan, um das Feuer von den Coffeys fernzuhalten. Wasser aus Blumenvasen, Saft von eingelegten Pfirsichen, eine Schneekugel aus einem der Kinderzimmer, eine halb volle Tasse Tee vom Frühstück.
    Schließlich dämmerte es den Schaulustigen, dass die Coffeys nicht herauskommen würden und ihre treuen Bediensteten tapfer versuchten, sie zu retten.
    Am Ende war das Feuer gelöscht, ohne dass es auf das Haus der Coffeys übergegriffen hatte. Nur ein paar in der Kälte ohnehin erfrorene Azaleenbüsche waren den Flammen zum Opfer gefallen. Am nächsten Morgen begann sich die Geschichte herumzusprechen, dass die Coffeys sich während des Brands in ihrem Keller verkrochen hatten, weil sie lieber gestorben wären, als nachts aus dem Haus zu gehen.
    Die Leute hatten immer schon von der Abneigung der Coffeys gegen die Dunkelheit gewusst, aber nicht, wie ernst es ihnen damit war. Zum ersten Mal fragten sich die Einwohner von Mullaby: Was, wenn sie nachts überhaupt nicht aus dem Haus kamen?
    Was, wenn es daran lag, dass sie das nicht konnten ?
    Dulcie hatte diese Geschichte als kleines Mädchen so sehr geliebt, dass Vance sie ihr vor dem Schlafengehen manchmal zweimal erzählen musste. Und sie hatte immer ein enges Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt und Distanz zu ihrem Vater gehalten. Vielleicht lag es daran, dass er in ihrer Babyzeit so vorsichtig mit ihr umgegangen war, weil sie ihm so winzig erschien. Er hatte Angst gehabt, auf sie zu treten oder sie fallen zu lassen, wenn er sie mit seinen riesigen Händen hochnahm. Und als er endlich etwas gefunden hatte, was ihm Dulcie näherbrachte, nämlich die Geschichte der Coffeys, war er begeistert gewesen. Er hatte nicht geahnt, dass er damit den Grundstein zu dem Verhängnis legte. Als Teenager war sie dann von den Coffeys besessen gewesen.
    Und das wollte er bei Emily verhindern.
    Als Emily an

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