Die Monster von Templeton
auch zugeben, dass sie wunderbar reinlich war, geradezu besessen davon, jedes noch so kleine Körnchen Staub oder Dreck zu beseitigen. Ich hatte noch nie ein Fenster gesehen, das so blank geputzt war wie von ihr, und die Laken waren nie so blütenweiß gewesen. Doch am Ende muss ich eingestehen, dass ich ihr dennoch nicht genug zu tun gab. Mein Misstrauen war geweckt, als sie immer runder wurde, an Stellen, an denen nichts rund zu sein hatte, und ich bin stolz darauf, dass ich sogleich zum Handeln entschlossen war. An dem Tag, als meine Herrin, die selbst ein Kind unter dem Herzen trug, völlig am Ende ihrer Kräfte in die Stadt kam und ganz schmierig von der Reise aus der Kutsche stieg, als sie nur einmal um Hetty herumging und sah, wie verdorben bis ins Mark das Mädchen war, und es potzblitz auf die Straße setzte, da lachte und lachte ich vor mich hin. Doch Hetty war wie eine Katze, die immer auf den Füßen landet, undheiratete den Gerber Jedediah Averell, der sein Glück machte. Und so wurde sie, trotz ihrer schwarzen Haut, fast eine Dame, was ich kaum ertragen konnte.
Doch am allerschrecklichsten war jener Tag, der dunkel und wolkenbehangen über dem See heraufzog und an dem ihr kleiner Guvnor zur Welt kam. Ich schaute aus dem Fenster des Herrenhauses und sah Hebamme Bledsoe, wie sie im Regen die Straße hinuntereilte, und da wusste ich, dass bei Hetty die Wehen eingesetzt hatten. Und ich gestehe, dass mich eine große und sündhafte Wut erfasste, und so nahm ich, nachdem ich unserem kleinen Jacob die Windeln gewechselt und ihn in den Schlaf gesungen hatte, mein Häubchen und den Umhang, packte einen Korb mit ein paar Lebensmitteln und ging hinunter zum Haus des Gerbers am See, marschierte hinein und die Treppe hoch, über denen noch der Gestank der Geburt hing, nach Eisen und Schweiß, und betrat ohne Aufhebens das Zimmer, schälte das Kind aus seinen Hüllen und blickte hinab, sah das rote Haar, die Haut, so cremig wie Tee mit Milch, die hervorstehenden blauen Augen, von denen eines zur Seite wanderte. Ich stellte den Korb ab, wickelte das Kind wieder ein und legte den Kleinen in Hettys Arme zurück, die mich mit einem Lächeln beobachtete, das unter ihren Lippen, nicht auf ihnen, hervorblitzte, und ging zurück in den Regen hinaus. Und es ist nichts als die Wahrheit, wenn ich sage, selbst an dem Tag, als mein lieber Captain Prettybones mich als Witwe in dieser kummervollen Welt zurückließ, hatte ich keinen so schrecklichen Schmerz in mir gespürt. Und obwohl ich sein Sünderherz bis heute in meine Gebete einschließe, konnte ich Marmaduke nicht mehr so in die Augen blicken wie zuvor, nie wieder konnte ich das.
Queen und Kran
Besser als ein Wecker, die Laufkumpels. Ich wachte in der Morgendämmerung auf, als sie fast noch einen Kilometer entfernt waren und ihre Schritte auf der Brücke über den Susquehanna widerhallten. Bis ich ein altes Paar Laufschuhe, ein passendes T-Shirt und Laufshorts gefunden hatte (aus losem schwarzen Polyester und mit dem peinlichen Templeton-Maskottchen, einer orangefarbenen Rothaut, auf dem linken Bein), waren sie schon einen Kilometer weiter. Als ich auf die Lake Street hinaustrat, konnte ich die taufeuchten Abdrücke ihrer Schuhe auf dem Asphalt verfolgen.
Angesichts der neuesten Entwicklungen in meinem Liebesleben ist es vielleicht ein wenig traurig, wenn ich zugeben muss, dass ich diese sechs Männer mittleren Alters quer durch die ganze Stadt verfolgte. Während meiner nicht allzu häufigen Aufenthalte zu Hause hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, sie wenigstens auf einem kleinen Teil ihrer Strecke zu begleiten, indem ich aus dem Bett sprang, sobald ich sie näher kommen hörte, und dann, so schnell ich konnte, mit ihnen aufschloss. In Wahrheit waren sie außer Vi die einzigen Freunde, die ich hatte, wenn ich nach Templeton zurückkehrte. Meine Schulkameraden aus der Highschool gehörten allesamt zur cleveren Sorte, und die clevere Sorte kam überhaupt nicht nach Hause und beehrte ihren Heimatort oft nicht einmal in den Ferien. Nach dem College hatten sich meine früheren Freunde und ich aus den Augen verloren, und was inihrem Leben so vorging – ihre Assistenzzeit als Ärzte, ihre Ehen, ihre journalistische Arbeit, Kinder –, erfuhr ich durch Vi oder, häufiger, auch durch die Kumpels. Die Kumpels waren die Klatschbasen der Stadt, die Wachhunde, die, die Bescheid wussten. Und schon während meiner Highschoolzeit hatten sie so viele Fußballspiele und
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