Die Moralisten
die Artikel über alle Sportfragen schrieben. Es fehlte an nichts.
Unter meiner Leitung dehnte sich der Konzern »Frank Kane, Unternehmungen« immer weiter aus. Eine Abteilung mit kleinen Toto-Brettern für jede wichtige Rennbahn im Lande wurde eingerichtet. Die Wettapparate am Rennplatz wurden in diesem Büro durch elektrische Rechenmaschinen ersetzt, die von fachkundigen Leuten bedient wurden und zu jeder Zeit die von meinem Büro auf jedem Rennplatz des Landes empfangenen Wetten anzeigten. Ganz routinemäßig wurde mein Spiel gegen die Rennbahn telefonisch überprüft, und wenn die Preise nicht richtig lagen, schüttete ein Mann auf dem Rennplatz Geld in die Maschinen, um die Preise so zu frisieren, daß ein Profit über die Organisation dabei herauskam.
Ich setzte Höchstgrenzen fest für die Auszahlungen der Buchmacher. Sieg: zwanzig zu eins. Platz: fünfzehn zu eins. Dritter oder besserer Platz: zehn zu eins. Bei erneuten Gewinneinsätzen: fünfzig zu eins. Bei täglichen Doppelwetten: hundert zu eins. Vordem hingen die Preise, die die Buchmacher zahlten, davon ab, wieviel Geschäft sie brauchten oder wünschten. Manchmal ging der eine oder andere Buchmacher zu hoch und konnte dann nicht auszahlen. Ich machte diesen Dingen ein Ende. Für die Buchmacher wurde entsprechend ihrer finanziellen Lage eine Grenze festgesetzt. Alles, was diese Grenze überschritt, fiel der Organisation anheim, die dann die Profite mit den Buchmachern auf Kommissionsbasis teilte. Es gab somit einen Platz, wo die Buchmacher ihre Wetten nicht nur abgeben konnten, sondern abgeben mußten, wenn sie zu hoch für sie waren. Das hatte eine stabilisierende Wirkung aufs Geschäft. Die Buchmacher konnten damit prahlen, daß in zwei
Jahren nicht einer von ihnen in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei. Diese Einrichtung ähnelte sehr der Federal Deposit Insurance Corporation, die die Spareinlagen bei den Banken sicherstellt.
Das Erstaunlichste an der ganzen Organisation aber war vielleicht, daß trotz der Größe des Unternehmens verhältnismäßig wenige Leute außerhalb der Organisation etwas davon wußten. Und noch weniger Leute wußten etwas über mich, bis die Zeitungen eines Tages plötzlich mit der Neuigkeit herausplatzten. Ein Interview mit dem Gouverneur und dem Bürgermeister von New York führte zu folgender Erklärung:
Die Stadt und der Staat New York, ja sogar das ganze Land, sind in Gefahr, in die Macht eines einzigen Mannes zu fallen.
Eines Mannes, der das Glücksspiel so als Geschäft organisiert hat, daß es unser gesamtes wirtschaftliches Wohlergehen wesentlich beeinflußt, ganz gleich, ob wir nun spielen oder nicht. Dieser Mann hat viele unserer Bürger in wirtschaftliche Sklaverei gebracht, indem er sie zwang, bei kleinen und großen Wucherern und Buchmachern Schulden zu machen. Die Höhe dieser Schuldbeträge ist größer, als wir uns vorstellen können. Sein Geschäft hat ihn zu Korruptionen geführt, wie sie in unserer Geschichte noch nicht vorgekommen sind. Er macht Geschäfte in Millionenbeträgen, nicht in Cents. Er hat hohe und mittlere öffentliche Beamte bestochen oder zu bestechen versucht. Seine brutale Organisation braucht denen, die sich ihm widersetzen möchten, nicht mit Mord zu drohen, obwohl man die Zahl der Morde und Selbstmorde, die das Ergebnis seiner Tätigkeit sind, nicht abschätzen kann. Er hat eine andere Waffe: wirtschaftliche Versklavung aller, die sich ihm zu widersetzen wagen.
Dem Treiben dieses Mannes muß Einhalt geboten werden. In wenigen Tagen wird der Gouverneur die Ernennung eines >besonderen Staatsanwalts< verkünden, dessen einzige Aufgabe es ist, die Tätigkeit dieses Mannes zu unterbinden und ihn dahin zu bringen, wohin er gehört: hinter schwedische Gardinen.
Der Name des Mannes ist Frank Kane.
Die Arbeit des besonderen Staatsanwalts hat nur ein Ziel: Frank Kane das Handwerk zu legen.
Die Zeitungen waren in Aufruhr. Sie hatten sei langem geahnt, daß eine große Sensation bevorstand. Aber diese Erklärung traf sie unvorbereitet. Verzweifelt suchten sie in ihren Archiven nach Bildern von mir. Aber sie konnten keine finden. Ich wurde als groß, klein, fett, dünn und so weiter beschrieben. Für das Publikum war ich ein Geist, ein Schatten, ein Name ohne Körper. Ich war nie verhaftet worden, man hatte keine Fingerabdrücke, keine Beschreibung von mir. Die Frage, die alle beschäftigte, war: >Wer ist Frank Kane? Wo ist Frank Kane?<
Ich war in Chicago, als die Geschichte in New York
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