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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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er. »Ich wollte die langweilige Routine eines gewöhnlichen Anwaltsoder Geschäftsbüros vermeiden.«
    »Und da kamen Sie also hierher.«
    Er nickte. »Ja.«
    »Und war es anders?«
    »In gewisser Beziehung, ja«, sagte er. »Aber es war nicht ganz das, was ich erwartet hatte.«
    Ich mußte laut lachen. »Was hatten Sie denn erwartet - Blut auf den Teppichen? Seien Sie vernünftig, Mann, das hier ist ein Geschäft wie jedes andere.« Jetzt war es an mir, mich zu mokieren. Eine erste Regung von Reizbarkeit wurde bei ihm spürbar. Ich merkte mir das. Er schätzte es nicht, ausgelacht zu werden. Ich wechselte das Thema.
    »Seit wann arbeiten Sie hier, Ed?«
    »Seit etwa acht Monaten«, sagte er. Ich stellte fest, daß er mich nicht Frank nannte, aber >Sir< und >Mr. Kane< hatte er fallenlassen.
    »Was für ein Gehalt bekommen Sie?«
    »Hundert Dollar die Woche.«
    »Was würden Sie dazu sagen, wenn ich Ihnen zweihundert gäbe?«
    Er schien ein wenig überrascht. »Nun - nun, ich würde danke sagen.«
    Ich mußte wieder lachen. Es war eine gute Antwort. »Was würden Sie dafür tun?«
    Er war von neuem verdutzt. »Was wollen Sie damit sagen, Sir?« Da war es wieder, das >Sir<.
    »Nehmen wir einmal an, daß die Leute im Justizministerium jemanden in meinem Büro suchten, der so eng mit mir zusammenarbeitet, daß er sie über meine Tätigkeit informieren kann. Nehmen wir ferner an, Sie wären dieser Mann - ich könnte das vielleicht so deichseln. Würden Sie ihnen dann nur Berichte senden, die von mir gebilligt werden?« Bei diesen Worten sah ich ihm fest in die Augen.
    Er stand auf und blickte mich über den Schreibtisch hinweg an. »Dann wissen Sie es also?« sagte er. Er lehnte sich ein wenig vor, während seine Hände die Tischkante fest umklammerten.
    »Was soll ich wissen?« fragte ich leise.
    »Daß ich vom Justizministerium bin«, sagte er, und aus seiner Stimme klang das Bewußtsein, versagt zu haben.
    Er tat mir direkt leid. Warum mußte ich immer Mitleid mit den falschen Leuten empfinden? Wenn ich ihm nicht hinter seine Schliche gekommen wäre, hätte er mich vor den Kadi bringen können. »Ach, das!« sagte ich beiläufig, als sei es
    unwesentlich. »Das wußte ich schon, als ich Sie engagierte.«
    »Und trotzdem haben Sie mich eingestellt?« Seine Stimme klang immer noch nervös.
    »Natürlich!« Ich lächelte, als ich sein überraschtes Gesicht sah. »Ich brauchte doch einen Sekretär.« Er versuchte etwas zu sagen, aber ich wollte mich nicht unterbrechen lassen. »Setzen Sie sich doch«, sagte ich. »Dramatische Szenen sind nicht angebracht. Ich werde Sie nicht niederknallen lassen - das sind nicht meine Methoden. Ich habe Ihnen ja eben erklärt, daß das hier ein Geschäft ist.«
    Er sank schweigend in den Sessel.
    Ich fuhr fort: »Sie sind nun seit acht Monaten hier. In dieser Zeit haben Sie nichts in Erfahrung gebracht, worauf Ihr Ministerium eine Anklage stützen kann. Ich leite ein Geschäftsunternehmen. Wie Sie wissen, hat dieses Unternehmen zahlreiche und vielseitige Interessen. Wir sind an verschiedenen Industrien beteiligt: Spielmaschinen, Musikautomaten, Klubs und Restaurants und kleineren Fabriken. Nebenbei spiele ich gern ein wenig. Wer tut das nicht? All meine Erträge aus allen Gebieten meiner Tätigkeit sind ordnungsgemäß in meiner Steuererklärung angegeben. Ich begehe keine Verbrechen. Damit haben Sie in einfacher Form einen Überblick über meine Gesellschaft.
    Genau wie der Name an der Tür sagt: >Frank Kane, Unternehmungen.«
    Er schwieg eine Weile. Dann blickte er mir direkt ins Gesicht. Das Hinterhältige, das mein Mißtrauen gegen ihn erregt hatte und das ich in seinem Ausdruck eher gespürt als gesehen hatte, war verschwunden. An seine Stelle war eine reservierte Offenheit getreten. Er lächelte. »Ich bin eigentlich ganz froh, daß es vorüber ist«, meinte er.
    Ich lachte und zündete mir eine Zigarette an. Mir ging es genauso. Wenn er geahnt hätte, wie dicht er mir auf den Fersen
    war! Aber das war eine andere Geschichte. Erst gestern war ich ihm auf die Spur gekommen, und bei den augenblicklichen Scherereien hätte ich ganz schön in der Patsche gesessen. Ich schwieg.
    »Ich glaube, ich gehe jetzt wohl lieber.« Er stand auf.
    »Wie Sie wollen.« Ich ließ ihn langsam zur Tür gehen, bevor ich wieder sprach. »Ich könnte immer noch einen guten Sekretär gebrauchen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Ich blieb absichtlich vage. »Sie könnten Ihre Dienstmarke abgeben und für

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