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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mich arbeiten. Andererseits könnten Sie aber auch auf der alten Basis weitermachen. Es ist mir nämlich wirklich völlig egal, was Sie Ihren Vorgesetzten über mich erzählen.«
    Er sah unglaublich jung aus, als er da an der Tür stand.
    »Das könnte ich nicht.«
    »Warum nicht?« fragte ich. »Niemand braucht von dieser Unterredung etwas zu erfahren.«
    »Nein«, erklärte er, »das wäre nicht fair.«
    Fair, zum Teufel! Dachte er etwa, sein Herumspionieren in meinen Angelegenheiten sei fair? Ich lachte.
    »Das müssen Sie entscheiden«, sagte ich.
    Er ging hinaus.
    Ich drehte mich auf meinem Stuhl herum und blickte wieder auf den Fluß hinaus.
    New York blinzelte immer noch herausfordernd und einladend zu mir herüber.
    Erst als ich die Brücke nach New York halb überquert hatte, kam es mir richtig zum Bewußtsein, was für ein Idiot ich war.
    Gegen Viertel vor elf hatte ich das Büro verlassen und war zur Garage gegangen, um meinen Wagen zu holen. Da kam es über mich. »Mike«, sagte ich zu dem alten Garagenwärter, »haben Sie einen Wagen da, den ich für diesen Abend mieten könnte?«
    Die Zehn-Dollar-Note, die ich ihm mit meiner Frage in die Hand drückte, bewirkte bereitwillige Zustimmung.
    »Sicher, Mr. Kane.«
    Sein Lächeln zeigte zahnlose Kiefer. Er verschwand in der Garage und kam nach wenigen Minuten in einer kleinen Plymouth-Limousine zurück.
    Ich setzte mich hinters Steuer und warf einen Blick auf das Armaturenbrett. Die Benzinuhr zeigte, daß der Tank voll war. »Übrigens, Mike, wem gehört dieser Wagen?« fragte ich, ehe ich abfuhr.
    Er kicherte. »Dem Boss. Es ist schon in Ordnung. Ich werde es ihm sagen.«
    »Vielen Dank, Mike.« Ich fuhr los, und obwohl die Fähre näher war, zog ich die Brücke vor. Ich wollte nicht an einer Stelle parken, wo ich vielleicht erkannt wurde.
    Ich fuhr langsamer, als ich die Strecke erreichte, die zur unteren Stadt führte. Bei der 135. Straße bog ich vom Riverside Drive ab und fuhr zum Broadway. Vor einem Drugstore an der Ecke parkte ich, um Ruths Adresse im Telefonbuch nachzuschlagen. Ich fand sie sehr rasch.
    Cabell, Ruth - 100 E. 40th St. - Murray Hill 7-1103. Kurz darauf brachte ich den Wagen vor dem Gebäude zum Stehen. Es war ein großes weißes Etagenhaus an der Ecke der Park Avenue.
    Ich ging in die Halle und sah auf die Uhr. Es war ein paar Minuten nach zwölf. Ich drückte auf den Knopf für den Fahrstuhl.
    Ein verschlafener Fahrstuhlführer öffnete die Tür, und ich trat ein. »Cabells Wohnung, bitte.«
    »Ja, Sir«, sagte er, während er die Türen schloß und den Fahrstuhl in Gang brachte. »Dr. Cabell wohnt im fünften Stock
    - Wohnung 512.« Er öffnete geschickt die Tür und sah mir nach, bis ich vor der Wohnungstür stehenblieb. Dann schloß er die Tür, und der Fahrstuhl bewegte sich nach unten. Ich drückte auf den Klingelknopf.
    Ich schlug meinen Mantelkragen hoch und zog mir den Hut tief ins Gesicht. Wenn sie nun nicht zu Hause war? Fast wäre ich wieder umgekehrt.
    Die Tür öffnete sich. Ein fremder Mann stand auf der Schwelle.
    »Ist Miss Cabell zu sprechen?« fragte ich und konnte gedämpfte Stimmen aus der Wohnung hören. Es klang, als wären ziemlich viele Menschen anwesend. »Ich komme von ihrem Büro«, fügte ich als Erklärung hinzu. »Mr. Coville.«
    »Treten Sie bitte ein.« Er trat zur Seite, um mich einzulassen. »Ich werde ihr sagen, daß Sie hier sind.« Er musterte mich mit einem neugierigen Blick, ehe er ging.
    Ich behielt meinen Hut auf und ließ den Mantelkragen hochgeschlagen. Ich befand mich in einer kleinen Halle. An ihrem Ende auf der rechten Seite war eine offene Tür, aus der die Stimmen drangen. Ich sah, wie der Mann diesen Raum betrat.
    Ich konnte seine Stimme hören. »Ruth, da ist jemand aus deinem Büro - ein Mr. Coville.«
    Eine Sekunde herrschte Schweigen. Dann hörte ich ihre Stimme: »Ich bin sofort wieder da. Ich will nur eben sehen, was er will.« Dann kam sie in die Halle. Ihr Gesicht war blaß. Sie kam direkt auf mich zu.
    »Warum bist du gekommen?« flüsterte sie. Ihre Stimme klang ängstlich.
    Ich lächelte. »Ich wollte dir einen Gegenbesuch machen.«
    »Du mußt gehen. Du kannst nicht bleiben. Jerry ist im Zimmer.« Sie sprach immer noch im Flüsterton.
    »Du wolltest mein Büro nicht verlassen, ehe du mit mir gesprochen hattest. Ich habe dasselbe Recht.«
    Sie legte mir die Hand auf den Arm. »Aber verstehst du mich denn nicht? Jerry ist drinnen, und wenn er dich sieht, muß er dich verhaften.

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