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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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konnte.
    Marty meinte achselzuckend: »Frauen sind komisch. - Um noch einmal auf das zu kommen, was du heute nachmittag vom Boxen sagtest - ich habe ein Paar Boxhandschuhe zu Hause. Hast du Lust, zu mir zu kommen und mir Unterricht zu geben?«
    »Heute abend?« fragte ich.
    »Warum nicht?« sagte er. »Nach dem Essen. Am besten gehst du jetzt auch nach Hause und kommst dann zu uns.«
    »Ich fürchte, das geht nicht«, sagte ich. »Ich lebe im Waisenhaus. Wenn ich zum Abendessen hingehe, glaube ich kaum, daß ich noch einmal raus kann.«
    »Oh«, sagte er stirnrunzelnd. Dann erhellte sich seine Miene. »Augenblick.« Er lief in den hinteren Teil des Ladens, und ich konnte sehen, wie er mit seinem Vater sprach.
    »Ich habe die Sache geregelt«, sagte er, als er zurückkam. »Du kommst mit und ißt bei uns. Hinterher kannst du mir dann Boxen beibringen.«
    Erst wollte ich nicht, aber dann gab ich nach.
    Seine Eltern waren ausgegangen. Wir drei - Marty, Ruth und ich - wurden vom Hausmädchen versorgt, einem jungen Geschöpf namens Julie. Sie war französisch-kanadischer Herkunft und sprach mit einem lustigen Akzent. Sie saß beim Essen mit uns am Tisch. Es war ein einfaches Essen, und wir waren schnell fertig.    Später schlug Martin vor, ins
    Arbeitszimmer zu gehen und zu boxen.
    Mir war's recht. Ruth blieb im Wohnzimmer und wollte lesen.
    Das Zimmer war ein hübscher Raum mit vielen
    Büchergestellen an den Wänden, einer Couch und mehreren Sesseln. Wir schoben die Sessel zur Seite und zogen die Handschuhe an.
    »Heb die Pranken hoch«, sagte ich. »Greif mit der Linken an. Halt die Rechte in der Nähe des Kinns - so wie ich.«
    Ich nahm Kampfstellung ein, und er machte es nach. Ich trat zurück, betrachtete ihn prüfend und korrigierte ihn.
    »O. k.«, sagte ich dann, »jetzt brauchst du nur noch loszuschlagen.«
    »Ich möchte dir nicht weh tun«, meinte er.
    »Keine Angst. Das wirst du schon nicht.«
    Völlig ungedeckt schlug er mit der Rechten zu. »Vergiß nicht, die Linke hochzunehmen«, sagte ich. Aber er vergaß es immer wieder.
    Wir waren gerade im schönsten Zuge, als sich die Tür öffnete. Unwillkürlich blickte ich über Martins Schulter. Ruth trat ins Zimmer. Während ich sie beobachtete, versetzte er mir einen Schlag gegen die Schulter. Ohne zu überlegen, knallte ich ihm mit der Rechten eine aufs Auge. Er stürzte zu Boden.
    Ruth rannte zu ihm. Mit einem bösen Blick auf mich sagte sie: »Du gemeines Biest. Warum kannst du dir nicht jemanden suchen, der so groß ist wie du?«
    Ich war so verdattert, daß mir die Sprache wegblieb.
    »Es ist nicht seine Schuld, Ruth«, sagte Martin, »ich habe ihn gebeten, mir Boxen beizubringen.«
    »Aber dein Auge«, jammerte sie. »Es schillert in allen Regenbogenfarben.«
    Sie hatte recht. Morgen würde er ein prachtvolles blaues Auge haben. Ich fand die Sprache wieder. »Herrje, Marty, das tut mir leid. Ich wollte wirklich nicht so hart zuschlagen.« Ich half ihm auf die Beine.
    »Das ist nun nicht zu ändern«, sagte er und lachte.
    Julie, die den Lärm gehört hatte, kam ins Zimmer. »Du legst am besten ein nasses Handtuch drauf«, sagte sie, »sonst schwillt es zu.«
    Martin streifte seine Handschuhe ab. »O. k.«, sagte er, »bis zur nächsten Stunde. Warte hier. Ich bin in ein paar Minuten wieder da.«
    Ruth verließ mit ihrem Bruder das Zimmer.
    Ich hatte immer noch meine Handschuhe an. Julie hob die Handschuhe auf, die Marty zu Boden geworfen hatte.
    »Darf ich sie mal anprobieren?« fragte sie.
    »Bitte. Mir gehören sie nicht«, sagte ich.
    Sie zog sie an. »Die sind aber klobig«, meinte sie.
    »Man gewöhnt sich daran.«
    »Mein Vater hat gesagt, an mir sei ein Junge verlorengegangen. Ich war immer sehr wild.«
    Ich sagte nichts.
    »Zeig mir, wie man boxt, Frankie«, bat sie. »Nicht richtig -nur so ungefähr.«
    »Na, schön.«
    »Aber schlag mich nicht«, sagte sie rasch. »Ich hab' Angst, daß du mir weh tust - besonders hier.«
    Sie legte die Hände unter ihre Brüste und drückte sie nach oben.
    »Na, schön«, stammelte ich verwirrt. »Versuchen Sie ein paar Schläge, und dann hören wir auf.«
    Sie hielt die Arme merkwürdig steif von sich und zielte ein paar Schläge nach mir, die mich aber nicht trafen. Dann kam sie dicht an mich heran und holte aus. Ich blockte ab, ging auf sie zu und clinchte. Sie hielt meine Arme mit ihren Ellbogen fest und preßte sie gegen ihre Seite. Ich spürte ihren Körper ganz nahe. Dieses Boxen mit einem Mädchen

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