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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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und lachte.
    »Wenn es Ihnen recht ist«, sagte ich, »möchte ich ein paar Lebensmittel zusammenpacken für Leute, die sehr nett zu mir gewesen sind. Ich werde sie natürlich bezahlen.«
    »Suchen Sie sich nur aus, was Sie brauchen«, sagte Harry und ging wieder zur Kasse, um seine Abrechnung zu machen.
    Ich nahm ein Dutzend der besten Eier, ein Pfund gute Butter, mageren Speck, Käse, Zucker, Mehl, ein paar gute Gemüsekonserven und einige Pakete Frühstückskost. Ich rechnete den Betrag aus und fügte dann noch zwei Weißbrote und einen großen Kuchen für fünfundzwanzig Cents hinzu. Die Summe betrug drei Dollar und zehn Cent. Ich legte den Betrag auf die Kasse und verpackte die Sachen.
    Harry kam mit dem Geld in der Hand zu mir und fragte: »Für wen sind die Lebensmittel?«
    »Für meine Freunde«, sagte ich. »Als ich im Februar nach New York kam, war ich pleite, und sie haben mich aufgenommen. Sie sind ziemlich arm, und ich konnte nicht allzulange bei ihnen bleiben. Aber ohne sie wäre ich erledigt gewesen.«
    Er schwieg eine Weile, während ich das Paket verschnürte und einen Holzgriff daran befestigte. Dann gab er mir das Geld zurück. »Hier, behalten Sie es.«
    Ich wollte es nicht annehmen. »Ich möchte die Sachen bezahlen«, sagte ich. »Ich habe genug Geld. Heute habe ich über zwei Dollar an Trinkgeldern bekommen.«
    »Nehmen Sie es nur«, drängte er. »Wir machen es diesmal bei den Verkäufen wieder gut.«
    Ich nahm das Geld und steckte es in die Tasche. »Nochmals vielen Dank«, sagte ich. »Das rechne ich Ihnen hoch an.«
    »Schon gut!« Er lächelte. »Kommen Sie mit ins Restaurant. Da trinken wir noch eine Tasse Kaffee, ehe wir nach Hause gehen.«
    Die Zigarette hatte ich aufgeraucht. Ich stand auf, rasierte mich und ging dann durch den Korridor zu den Duschen. Als ich mich angezogen hatte, nahm ich die Untergrundbahn und fuhr in die obere Stadt zu den Harris'.
    Tom strahlte übers ganze Gesicht, als er mich sah. »Mann!« sagte er grinsend. »Wir haben gerade von dir geredet. Komm rein!«
    Er rief ins andere Zimmer: »Mutter, rate mal, wer hier ist.« Er nahm meine Hand und schüttelte sie begeistert. »Wie geht's dir, Junge?«
    Ich grinste und befreite meine Hand, ehe er sie zerquetschte. »Gut!« sagte ich. »Blendend!«
    Sam und Elly kamen in die Küche gelaufen. Dann kam die Mutter. Sie begrüßten mich, als wären Jahre und nicht fünf Tage seit unserem letzten Wiedersehen vergangen. Als sich die Aufregung ein wenig legte, packte ich das Paket auf den Tisch.
    »Ich habe Arbeit«, verkündete ich stolz, »eine richtige Stelle in einem Lebensmittelgeschäft wie Sam. Da habe ich euch etwas mitgebracht.« Ich schnürte das Paket auf und nahm die Sachen heraus. »Die besten Eier«, sagte ich, »gute Butter, Käse, Kuchen und...« Ich brach ab. Mrs. Harris hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und weinte.
    Ich ging zu ihr und legte ihr den Arm um die Schultern. »Aber, Mutter Harris«, sagte ich leise, »was ist denn?«
    Sie sah mich an und lächelte unter Tränen. »Nichts, Frankie«, sagte sie. »Nichts - es ist wohl nur die Freude. Ich habe jeden Tag für dich gebetet - habe gebetet, daß du etwas finden möchtest, damit du wieder lächeln kannst, und damit die traurigen Linien aus deinem Gesicht verschwinden.«
    Ich schwieg - ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Tom nickte. »Das stimmt, Frankie. Sie hat uns jeden Tag ermahnt, für dich zu beten. Und das haben wir auch getan - alle zusammen.«
    Sie nickten schweigend. Ich wurde ganz verlegen. »Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll.«
    Mutter Harris lächelte mich an. »Das ist auch nicht nötig. Ich bin so froh, daß der Herr uns erhört hat, und wir können nur
    sagen: >Wir danken dir, Herr. Danken dir für alle deine Güte.<«
    Später, als wir gegessen hatten und ich ihnen die ganze Geschichte erzählt hatte - wie ich zu der Arbeit gekommen war, was ich verdiente und was ich zu tun hatte - und mich rauchend zurücklehnte, sagte Mrs. Harris: »Es war auch für uns eine gute Woche.«
    Sie blickte stolz auf Elly. »Elly hat auch eine gute Arbeit bekommen. Sie arbeitet jetzt in einer anderen Bandfabrik und verdient fast fünfzehn Dollar die Woche.«
    »Das ist ja wunderbar!« Es freute mich für sie, aber unwillkürlich sah ich zu Elly hinüber, die mit steinernem Gesicht dasaß und meinen Blick fast trotzig erwiderte. Ich wußte natürlich, was Elly in Wirklichkeit tat. Aber ich sagte nichts.
    »Sie muß zwar an manchen Abenden bis

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