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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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»Aber keine Angst, wenn sie drin ist, holen wir sie schon heraus.«
    Tom drehte sich um. »Mutter ist noch drin!« rief er. »Ich hole sie.« Er rannte auf das Haus zu. Ein paar Polizisten erwischten ihn.
    »Sie können nicht hinein«, sagte einer. »Meine Mutter ist drinnen«, schrie Tom und versuchte sich loszureißen, »hinten im dritten Stock. Ich muß sie rausholen!«
    »Das geht nicht, verdammt noch mal!« brüllte einer der Polizisten.
    Tom riß eine Hand los und wollte dem Polizisten, der ihn festhielt, einen Schlag versetzen. Der Polizist wich aus und knallte Tom seine Faust ins Gesicht. Tom verlor das Bewußtsein. Die Polizisten legten ihn sanft auf den Boden. »Wir können ihn nicht hineinlassen«, sagte einer entschuldigend zu
    den Umstehenden. »Er würde selbst dabei draufgehen. Das Gebäude brennt wie Zunder.«
    Irgend jemand in der Menge schrie auf. Ich blickte zum Gebäude hinüber. Elly war aus der Menge herausgestürzt und rannte auf die offene Haustür zu. Ich warf einen Blick über meine Schulter. Sam kniete mit tränenüb er strömtem Gesicht neben seinem Bruder am Boden. Ich drehte mich um und lief hinter Elly her.
    »Komm zurück! Komm zurück!« schrie ich.
    Sie verschwand in der Tür. Ich sprang die Steinstufen empor, die zur Haustür führten. Gerade als ich die Tür erreichte, traf mich ein Wasserstrahl im Rücken. Einer der Feuerwehrleute hatte seinen Schlauch auf mich gerichtet. Ich stolperte durch den Türrahmen ins Haus. In dem raucherfüllten Flur war es dunkel. Das Wasser spritzte über meinen Kopf hinweg. Ich kroch unter dem Strahl zur Treppe und rannte die Stufen hinauf.
    »Elly!« brüllte ich. »Elly! Komm zurück!«
    Keine Antwort. Elly verschwand gerade in der Küche. Ich rannte ihr nach und versuchte, sie zurückzuziehen. Im hinteren Teil der Wohnung loderten die Flammen. Der Rauch war so dick, daß wir uns kaum sehen konnten. Elly hustete. »Du mußt zurück!« krächzte ich heiser und zog sie mit mir.
    Ihr Husten hatte aufgehört. Sie setzte sich energisch zur Wehr. »Mutter ist drinnen!« schrie sie. »Mutter, Mutter, hörst du mich? ich komm! und hol' dich!« Sie hob die Hände und kratzte mir durchs Gesicht. Ich versuchte, ihr einen Schlag zu versetzen, aber er ging daneben. Dann gab sie mir einen Tritt, riß sich los und rannte ins Schlafzimmer.
    Hinter ihr sprangen die Flammen auf und griffen mit ihren heißen, gierigen Fingern nach meinem Gesicht. Ich hörte, wie Elly irgendwo schrie: »Mutter! Wo bist du, Mutter?«
    Dann hörte ich ein Krachen und einen langen Schrei, der plötzlich abbrach. Für einen Moment ließ das Feuer vor mir etwas nach, und ich sah, daß die Wand zwischen den Räumen eingestürzt war und ein Teil der Decke den Zugang blockierte. Dann sprangen die Flammen wieder hoch, und ich wandte mich dem Flur zu, den Schrei noch in meinen Ohren. Der Flur brannte lichterloh. Ich lief auf die Treppe zu, stolperte auf der obersten Stufe und rollte bis zum ersten Stock hinunter. Brennende Holzstücke prasselten um mich herum nieder. Ich sprang auf und rannte die letzte Treppe hinab. Die Haustür vor mir stand in hellen Flammen, aber es gab keinen anderen Weg nach draußen. Ein Wasserstrahl schoß klatschend in den Flur. Unter seinem Schutz krabbelte ich auf allen vieren auf die Straße. Dort sprang ich auf die Füße und rannte zu den Feuerwehrleuten.
    Einer packte mich am Arm. »Sind Sie unverletzt?«
    »Ja«, keuchte ich hustend.
    Er stützte mich, als ich auf die Absperrung zuging. Die Menge wurde noch weiter zurückgedrängt. »Zurück!« schrien die Polizisten. »Das Haus stürzt ein. Zurück!«
    Ich stand bei Tom und Sam. Tom lag noch ausgestreckt am Boden, aber er kam allmählich wieder zu sich. Er drehte den Kopf hin und her und versuchte, sich aufzurichten. Gerade in diesem Augenblick stürzte das Gebäude mit einem gewaltigen Krach zusammen.
    Eine Staubwolke schwebte über dem Trümmerhaufen, und gelegentlich züngelten Flammen in den schwarzen Nachthimmel. Tom stand auf. Er wußte nicht, daß Elly in das Gebäude gelaufen war. Er machte einen Schritt auf das Haus zu, warf den Kopf in den Nacken und brüllte zum nächtlichen Himmel hinauf: »Dafür sollen sie büßen, Mutter! Hörst du mich? Büßen sollen sie, jeder einzelne von diesen verdammten Schweinen. Diese Schweine in den Banken, diese Schufte, die uns nicht in besseren Häusern leben lassen wollen! Ich werde es ihnen heimzahlen, Mutter. Das verspreche ich. Hörst du, Mutter. Es ist ein

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