Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Armen. Ich griff ihr in den Ausschnitt und streichelte ihre Brust, um sie zu erregen. Aber sie blieb, die brennende Zigarette in der Hand, teilnahmslos. Ich ließ sie los und setzte mich wieder auf meinen Platz. Ich zündete mir eine Zigarette an und vermied es, Elly anzusehen. Ich fühlte mich geschlagen.
    Sie ging zum Fenster, setzte sich auf die Fensterbank und starrte hinaus. Nach einer Weile stand sie auf und kam zu mir. Ich sah nicht auf.
    »Es ist nicht, daß ich dich nicht gern hab, Frankie«, sagte sie leise. »Ich möchte lieber mit dir zusammensein als mit irgendeinem anderen. Aber ich bin krank.«
    »Wenn du krank bist, warum gehst du dann nicht zum Arzt?«
    »Ich war beim Arzt«, sagte sie. Angst schwang in ihrer Stimme mit.
    Ich sah sie an. Ihr Gesicht glich einer Maske. »Was hat er gesagt?« fragte ich.
    Es vergingen ein paar Minuten, bevor sie antwortete.
    »Mich hat's erwischt.«
    »Tripper?« fragte ich.
    Wieder verging eine Zeit, ehe sie antworten konnte.
    »Syphilis«, sagte sie. Sie sank auf einen Stuhl und starrte mich verzweifelt an.
    Ich öffnete den Mund wie ein Fisch, ohne einen Laut hervorzubringen. Wir starrten uns an. In ihrem Blick lag Trotz. Ich kannte mich in diesen Dingen zwar nicht aus, aber ich wußte, daß es ziemlich schlimm war.
    »Was willst du jetzt machen?« brachte ich schließlich heraus.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Der Doktor sagt, ich muß mich im Krankenhaus behandeln lassen.«
    »Du gehst doch wohl nicht zurück zu... «
    Ich brach ab.
    Sie stand auf. »Warum nicht?« fauchte sie. »Warum soll ich nicht dahin zurückgehen? Da habe ich's mir ja auch geholt.«
    »Aber dann steckst du andere an.«
    »Was stört mich das?« Sie ging erregt auf und ab. »Denen war's ja auch egal, ob sie mich ansteckten. Dann hat eben ein anderer Pech. Deswegen will ich nicht am Hungertuch nagen.«
    »Das brauchst du auch nicht«, sagte ich.
    »Mein Boss will mit Tom über eine Arbeit auf einem der
    Lastwagen reden.«
    Sie starrte mich ungläubig an. »Das sagst du bloß so.«
    »Nein, es ist mein Ernst. Tom soll sich bei ihm vorstellen. Das hat er mir gesagt.«
    Jetzt war sie überzeugt.
    »Du kannst also ruhig zum Arzt gehen und dich auskurieren lassen«, sagte ich. »Du brauchst dir um deine Familie keine Sorgen zu machen.«
    Sie schien den Tränen nahe, aber sie beherrschte sich. Statt dessen kam sie zu mir und ergriff meine Hand. »Es ist so wunderbar, Frankie«, sagte sie, halb lächelnd, halb weinend. »Ich kann es gar nicht fassen.«
    Mutter Harris kam nach Hause. Elly rannte auf sie zu.
    »Mutter, Frankie hat mir gesagt, daß sein Boss vielleicht eine Arbeit für Tom hat.«
    Die alte Frau strahlte übers ganze Gesicht. »Ist das wahr, Frankie?«
    Ich nickte. »Ja, Mutter Harris, es stimmt. Tom soll sich sofort bei ihm vorstellen.«
    »Der Herr hat es mit uns allen gut gemeint, als Tom dich hierher gebracht hat«, sagte sie.
    Dann erschien Sam, und sie erzählte ihm die gute Neuigkeit. Wir waren alle in froher Stimmung. Nach einer Weile bat ich Sam, Zigaretten und eine große Flasche Limonade heraufzuholen. Es war heiß, und ein kühler Schluck tat uns allen gut. Elly ging mit Sam nach unten. Tom war noch nicht erschienen.
    Mrs. Harris saß in ihrem alten Schaukelstuhl. Der Stuhl quietschte auf dem kahlen Holzfußboden, als sie sanft darin hin-und herschaukelte. Sie wartete, bis die Schritte im Flur verhallt waren. »Du bist uns ein wirklicher Freund gewesen, Frankie«, sagte sie dann. »Wir sind unendlich dankbar für alles, was du für
    uns getan hast.«
    Ich wurde verlegen. »Das war doch nicht viel. Sie haben mehr für mich getan, als ich je für Sie tun könnte.«
    Ein paar Minuten vergingen, dann sagte sie: »Ich habe dich noch nie danach gefragt, Frankie - und vielleicht geht es mich auch gar nichts an -, aber hast du außer uns denn überhaupt keine Freunde? Ich meine: Weiße, die du kennst?«
    Ich dachte an Jerry und Marty und meine Verwandten. »Nein«, sagte ich, »und wenn ich früher welche gekannt habe, so hat das für mich keinen Sinn mehr. Es ist schon so lange her.«
    »Hast du nie versucht, sie wiederzusehen und herauszufinden, ob es nicht doch Zweck hat?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie haben mich wahrscheinlich längst vergessen.«
    »Wahre Freunde vergessen einen nie, ganz gleich, wie lange man sich nicht gesehen hat. Außerdem solltest du wirklich ein paar weiße Freunde haben.« Sie zögerte. »Du solltest Leute kennen, mit denen du ausgehen und dich

Weitere Kostenlose Bücher