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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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verrückt wie ich.«
    Er stieg aus, ging um den Wagen herum zu ihrer Seite und sah sie an. Sie nahm ihren Lippenstift aus dem Täschchen.
    »Sei so lieb und leuchte mir, ja?« sagte sie, ohne aufzuschauen. »Sonst schmiere ich daneben.«
    Cesare entzündete sein Feuerzeug und blickte sie an. Er spürte, wie seine Lippen sich über den Zähnen spannten.
    »Warum siehst du mich so seltsam an?«
    »Du bist sehr schön, Barbara«, antwortete er gepreßt.
    Lächelnd sagte sie: »Dafür verdienst du noch einen Kuß, bevor ich mich anmale.«
    Cesare küßte sie. Ihre Lippen waren jetzt wärmer. »Cesare«, flüsterte sie, »ich fürchte, meine Liebe zu dir wird so groß, daß es mir wirklich gleichgültig ist, ob du diese Männer umgebracht hast oder nicht.«
    Er richtete sich auf und sah zu, wie sie den Lippenstift auftrug. Er starrte auf ihren weißen Nacken, auf die Stelle unter dem Haaransatz, wo die Locken sich ringelten. Er hob die rechte Hand und drehte sie auswärts. Es blieb kein anderer Ausweg -zu viele Tatsachen hatte sie schon addiert. Tod führte zu Tod, und Mord zog konzentrische Kreise. Die dehnten sich aus wie das riffelnde Wasser, wenn ein Stein hineinfällt, und führten immer weiter fort vom Opfer und dem Täter.
    Mit einem harten Judoschlag ließ er die Hand niedersausen.
    Wie ein Geschoß flog ihr der Lippenstift aus den Fingern, schlug gegen das Armaturenbrett und fiel klirrend zu Boden. Cesare starrte auf den zusammengesunkenen Körper, sein Herz schien zu zerspringen.
    Barbara hing, mit sonderbar verrenktem Kopf, schlaff über dem Lenkrad, eine Hand noch um den Radkranz geklammert. Er war froh, daß er ihre Augen nicht sehen konnte.
    Schnell blickte er ringsum. Aus keiner Richtung kam ein Auto. Er eilte zur anderen Seite des Wagens, stieg neben ihr ein und drehte den Zündschlüssel. Donnernd sprang der Motor wieder an.
    Noch ein sorgfältiger Rundblick. Die Straße war leer. Er griff in seinen Ärmel, zog das Stilett heraus mitsamt der Feder und der Klammer, die diese Teile verband, und schleuderte es weit in das düstere Gelände neben der Straße. Es gab ein klatschendes Geräusch auf dem sumpfigen Boden. Dann schaltete er den Gang ein und steuerte sein Auto auf die Fahrbahn zurück, indem er über die bewußtlose Barbara hinweg den Volant packte.
    Er trat mit dem linken Fuß aufs Gaspedal. Bis zur Brücke war es nur noch knapp ein Kilometer. In Sekunden kam der Wagen auf 130. Cesares Augen bohrten sich durch den Nebel. Barbara kippte gegen ihn.
    Da war sie, die Brücke. Fluchend schob er Barbara unter das Lenkrad, nahm den Fuß vom Gas und zog beide Beine unter sich auf das Polster. So steuerte er den Wagen direkt auf den breiten Betonblock zu, der das Widerlager der Brücke bildete.
    Im Moment des krachenden Anpralls federte Cesare aus der Hockstellung hoch und sprang in einem langen Bogen aus dem offenen Auto.
    Baker lehnte sich im Sessel zurück und blickte mit düsterer Miene durchs Fenster. Die blasse Wintersonne zeichnete verworrene Muster auf die Häuserwände. Drei Tage waren seit der Ermordung Vanicolas vergangen und noch keine Spur gefunden.
    Baker wandte sich wieder den Männern zu, die ihm am Schreibtisch gegenübersaßen: Captain Strang von der New Yorker Polizei, Jordan, der aus Las Vegas, und Stanley, der aus Miami gekommen war.
    Mit der Geste eines Besiegten spreizte Baker seine Hände auf der Schreibtischplatte. »So hat es sich abgespielt«, sagte er. »Ihnen kann ich keinerlei Vorwurf machen, denn die Verantwortung hatte ich, und ich muß mich damit abfinden. Morgen früh soll ich in Washington sein und mich bei meinem Chef melden. Senator Bratton setzt unser FBI unter Druck, deshalb zitiert mich der Chef zur persönlichen Berichterstattung.«
    »Und was wollen Sie ihm sagen, George?« fragte Stanley.
    »Was könnte ich ihm schon sagen?« gab Baker zurück. »Ich weiß ja ebensowenig Positives wie er selbst.« Er nahm ein Kuvert vom Schreibtisch. »Hier drin ist mein Rücktrittsgesuch, das reiche ich morgen ein.«
    »Halt mal, halt«, sagte Jordan, »der Chef hat doch Ihren Skalp gar nicht gefordert.«
    Baker lächelte gequält. »Ach, Ted, reden Sie doch nicht so naiv. Sie kennen ihn genauso gut wie ich. Er kann Mißerfolge einfach nicht ertragen.«
    Während sie schwiegen, drückte Baker gedankenlos auf den Knopf des Projektors neben seinem Platz. Ein scharf beleuchtetes Diapositivbild erschien an der weißen Wand. Es zeigte die Menschenmenge im Korridor des

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