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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gab es keinen. Er erhob sich aus einem komfortablen Klubsessel, neben dem ein kleiner Tisch mit Telefon und Notizblock stand, streckte zur Begrüßung die Hand aus und drückte Bakers Rechte kräftig. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Baker?« fragte er und deutete einladend auf einen Sessel ihm gegenüber.
    Baker setzte sich erst, nachdem die Sekretärin das Zimmer verlassen hatte, und blickte den Sizilianer sekundenlang forschend an.
    Cardinali hielt dem eindringlichen Blick gelassen stand. Seine Miene blieb unverändert, er lächelte nur ein wenig.
    Auch diese Ruhe paßt ganz zu ihm, dachte Baker. Ein Mensch, der Taten begangen hat, wie dieser »Stiletto« muß eiskalte Nerven haben. Er lächelte zurückhaltend.
    »Sie lächeln?« fragte Cesare.
    Baker nickte. Ihm war gerade durch den Kopf gegangen, daß er in diesem Hause von jedem mit der Redensart »Kann ich Ihnen behilflich sein« empfangen worden war. Auch Cardinali hatte sie gebraucht. Und Baker wußte aus Erfahrung, daß er da, wo mit Worten soviel Hilfsbereitschaft verkündet wurde, nur selten brauchbare Auskünfte erhielt. »Mir ging gerade durch den Kopf, Mr. Cardinali, daß Ihr Büro bedeutend behaglicher ist als viele andere, die ich kenne. Fast zu behaglich, möchte ich sagen. Der Gedanke an Arbeit kann einem hier eigentlich kaum kommen.«
    »Da haben Sie recht«, gab Cesare zu, »aber in dieser Branche halte ich es nicht für nötig, mich durch die Routine des Geschäftsbetriebes stören zu lassen. Deshalb habe ich mir auch mein Büro so unbürokratisch wie möglich eingerichtet. Hauptsächlich deshalb, weil ich ein großer Egoist bin, der auf seinen Komfort nicht so leicht verzichtet.«
    Baker nickte. Alles, was dieser Mann sagte und tat, ergänzte das Bild, das er sich von ihm gemacht hätte. Bei dem war es zwecklos, auf den Busch zu klopfen. Der brachte es fertig, den ganzen Tag so höflich und kühl zu reden, ohne das mindeste preiszugeben.
    Baker beugte sich vor und sagte: »Ich hoffe, Sie haben sich von den Folgen Ihres Unfalls wieder erholt.«
    »Ja, mir geht’s wieder ganz gut«, antwortete Cesare.
    »Es muß ein erschütterndes Erlebnis gewesen sein«, versuchte Baker abzutasten.
    »Es war schlimmer«, sagte Cesare langsam, als müsse er erst die passenden englischen Worte finden, um es überzeugend zu schildern. »Es war eine Tragödie! Mein Leben lang werde ich mir Vorwürfe machen, daß ich es dazu kommen ließ.«
    »Sie hätten es also verhüten können?« fragte Baker rasch. Er meinte, in Cesares Augen verhüllten Spott zu entdeckten.
    »Mag sein«, antwortete Cesare. »Ich hätte Miss Lang überhaupt nicht ans Steuer lassen sollen. Der Wagen war zu schwer für sie.«
    In dieser Sekunde wußte Baker, daß er auf der rechten Fährte war. Er hatte seine Worte so gewählt, daß Cesare ihn zu der direkten Frage geradezu auffordern mußte, und das war ihm gelungen, ohne daß der Mann merken konnte, ob er ihn überhaupt in Verdacht hatte.
    »Gut, daß Sie’s überstanden haben«, sagte er freundlich. »Wenn ich jetzt zu meinem Anliegen kommen darf?«
    Cesare nickte. »Aber bitte sehr.«
    »Infolge dieses Unfalls«, sagte Baker, »wurden wir durch die Presse darauf aufmerksam, daß Sie sich in der vorigen Woche für kurze Zeit im Maharajah in Las Vegas und in Miami im St. Tropez aufgehalten haben.«
    »Stimmt.«
    »Ferner, daß Sie am Montag letzter Woche im Gerichtsgebäude am Foley Square hier in New York gewesen sind.«
    »Ihre Leute recherchieren sehr gründlich«, sagte Cesare. »Auch das trifft zu.«
    »Können Sie sich denken, warum ich diese Lokalitäten erwähne?«
    Cardinali lächelte. »Ich müßte ein Narr sein, wenn ich mich ahnungslos stellen würde, nicht wahr? Schließlich lese ich Zeitungen.«
    »Dann ist Ihnen also bekannt, daß die Zeugen im Prozeß gegen das Gangstersyndikat ermordet wurden?«
    Cesare nickte wieder. »Mir ist nur nicht ganz klar, wieso ich Ihnen in diesem Zusammenhang behilflich sein könnte.«
    »Was hatten Sie denn an dem Tag im Gericht zu tun?«
    »Ich fuhr hin, um meine Einbürgerungspapiere zu holen. Die vorläufigen.«
    »Die Einwanderungsbehörde sitzt im Parterre«, sagte Baker. »Man hat Sie aber im ersten Stock vor dem großen Gerichtssaal beobachtet.«
    »Dafür gibt’s eine simple Erklärung. Die Waschräume im Parterre waren nämlich besetzt, und man verwies mich auf die im ersten Stock. Also ging ich über die Treppe hinauf. Als ich aber das Gedränge da oben sah, kam ich wieder

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