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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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teuer.«
    Er hielt noch immer ihre Hand fest. »Ich möchte gut zu euch sein, Katti«, sagte er mit rauher Stimme.
    Sie entzog ihm ihre Hand. »Setz dich doch, Peter«, forderte sie ihn auf und setzte sich selber auf einen Stuhl ihm gegenüber.
    Er betrachtete sie. Sie war eine gutaussehende Frau. Kräftig und wohlproportioniert. Eine Frau aus Europa, nicht wie diese Amerikanerinnen, die sich durch lauter Hungern in Streichhölzer verwandelten. Dazu war sie eine hervorragende Köchin. Er entsann sich noch des Neides, den er jedesmal verspürte, sobald Henry seine Frühstücksbüchse öffnete. Diese belegten Brote, die sie ihm mitgab! Von seiner Wirtin bekam Peter niemals etwas anderes mit als unappetitliche Wurst.
    Stets hatte er Henry erzählt, er habe niemals geheiratet, weil es ganz einfach nicht genug Frauen wie Katti gäbe. Henry hatte ihn ausgelacht und erklärt, er sei schon viel zu sehr in seinen Gewohnheiten erstarrt, um auch nur den Versuch zu machen, irgendeiner Frau zu gefallen.
    Aber so war es nicht. Ihm gefiel einfach nicht jede Frau. Katti hingegen gehörte zu jener Art von Frauen, die ihn glücklich machen konnten.
    »Ich koche dir frischen Kaffee«, sagte sie.
    »Ach, keine Umstände«, erwiderte er verlegen. »Meinetwegen brauchst du dir keine Mühe zu machen.«
    »Es ist keine Mühe«, antwortete sie.
    Einige Minuten saßen sie schweigend da, dann sprach sie plötzlich polnisch weiter: »Gefällt dir Marjas neues Kleid?« Er nickte und antwortete ihr unbewußt in der gleichen Sprache.
    »Sie ist ein großes Mädchen geworden.«
    Katti stimmte ihm zu. »Ja. Am Freitag macht sie ihr Abschlußexamen.«
    »Ich weiß«, antwortete er hastig, »Henry hat es mir erzählt.« Tränen traten in ihre Augen, sie wandte das Gesicht ab.
    »Entschuldige«, sagte er betreten. »Ich hatte nicht die Absicht ...«
    Sie hob abwehrend die Hand. »Ich weiß.« Die Tränen liefen ihr noch immer über das Gesicht. »Aber manchmal ist es einfach zuviel für mich. Ich kann mich nicht daran gewöhnen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Henry hat es immer gewußt.«
    Er war aufgestanden und blickte auf sie nieder. Das war es, was er unter einer Frau aus Europa verstand. Sie wußten, wo ihr Platz war und daß es Sache der Männer blieb, die Entscheidungen zu treffen. Ein Gedanke stieg in ihm auf. »Ja«, sagte er feierlich, »immer hat er zu mir gesagt: >Peter, wenn mir irgend etwas zustößt, kümmere dich um Katti und das Kind.<«
    Die Tränen versiegten ebenso schnell, wie sie gekommen waren. Katti sah ihn aus großen Augen an. »Hat er das gesagt?« flüsterte sie mit verwunderter Stimme.
    Er nickte schweigend.
    »Besuchst du uns deswegen zweimal in der Woche?« fragte sie. »Anfänglich war es so, Katti«, antwortete er und wurde plötzlich kühn. »Jetzt nicht mehr.«
    Sie blickte zu Boden. »Warum kommst du jetzt?« fragte sie mit belegter Stimme.
    »Um dich zu sehen, Katti«, erwiderte er und fühlte sich mutiger als jemals zuvor in seinem Leben. »Ich möchte dir und Marja ein neues Heim geben.«
    Schweigend saß sie da. Es verstrich eine lange Zeit, bevor sie sprach. Dann suchte ihre Hand die seine. »Peter, du bist so gut zu uns.« Später, als der Kaffee fertig war, gingen sie in die Küche. Die Nadeln und Stoffreste waren vom Tisch weggeräumt, an dem nun Marja saß und ihre Schulaufgaben machte. Die offene Schachtel Konfekt stand vor ihr, und ihr Mund war mit Schokolade beschmiert.
    Sie lächelte ihn an. »Das Konfekt ist wunderbar, Onkel Peter.« »Ich freue mich, daß es dir schmeckt, meine Kleine«, sagte er. Katti war an den Herd getreten. »Marja«, fragte sie über ihre Schulter hinweg, während sie den Kaffee einschenkte, »was würdest du dazu sagen, wenn Onkel Peter dein Vater würde?« Peter sah, wie sich die Augen des Kindes weiteten. Es lag ein Ausdruck in ihnen, den er nicht zu ergründen vermochte. »Was meinst du damit, Mama?« fragte sie mit
    einer Stimme, die plötzlich schmerzlich klang.
    Katti lächelte, als sie mit dem Kaffee an den Tisch trat. »Ich meine deinen Onkel Peter und mich«, erklärte sie. »Wir werden heiraten.« »Nein!« stieß Marja entsetzt hervor.
    Die beiden sahen sie überrascht an. Sie war aufgesprungen, und das ganze Konfekt lag vor ihr auf dem Boden verstreut. Kattis Stimme wurde streng. »Marja«, rief sie, »heute verstehst du es nicht, aber du wirst es begreifen, wenn du erwachsen bist. Es ist für eine Frau nicht gut, allein und ohne einen Mann dazustehen, der für

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