Die Moralisten
sein. Vergiß nicht, daß das Gehirn nur einen beschränkten Platz hat. Die Schädelknochen wachsen nur in der Kindheit.« Judd starrte an Sofia vorbei an die Wand. »Außerdem sagt die Größe des Gehirns nichts über seine Funktionstüchtigkeit aus. Das Gehirn einer
Kuh ist zum Beispiel viel größer als das eines Menschen.« Judd sah ihr wieder in die Augen. »Was rätst du mir dann?«
»Ich bin derselben Ansicht wie Sawyer«, sagte sie. »Wir sollten die Therapie unterbrechen, bis wir genauer wissen, was zu dieser Vergrößerung deines Gehirns geführt hat.« »Sawyer will, daß ich wieder in die Klinik nach Boca Raton zurückkehre.«
»Das klingt vernünftig«, nickte Sofia. »Ich habe dazu keine Zeit.«
Sofia sah ihn fragend an. »Wieso hast du keine Zeit für eine Untersuchung, wenn du ewig leben willst?«
Judd gab keine Antwort.
»Ich habe das Gefühl«, sagte sie, »du verheimlichst uns etwas.«
Judd schwieg noch immer.
»Haben Xanadu und die künstliche DNS-Zellerzeugung damit zu tun?«
»Hör auf, mich auszufragen«, sagte er mürrisch. »Ich habe dir gesagt, ich würde dir zu gegebener Zeit alles erklären.« Sofia zuckte die Achseln. »Aber nach Boca Raton willst du nicht gehen?« »Nein.«
»Was machst du statt dessen?« »Ich habe die Absicht, den Maharishi zu treffen.« »Wann seid ihr denn verabredet?«
»Ich habe nicht gesagt, wir wären verabredet«, erwiderte Judd. »Es soll ein Überraschungsbesuch werden.« »Ich würde auch gern mit ihm reden«, sagte Sofia langsam. »Wenn du mitkommst, geht deine Tarnung verloren«, gab Judd zu bedenken.
»An dem Regierungsprogramm nehme ich ja nicht teil«, sagte Sofia.
»Dann werden sie dich früher oder später ausfindig ma chen.«
Sofia hielt seinem Blick stand. »Das ist mir egal. Meine beruf liche Neugier ist viel größer als mein Bedürfnis nach Sicherheit. Vielleicht weiß der Maharishi etwas, was uns interessiert.«
»Und dafür willst du dein Leben aufs Spiel setzen?«
Sofia zuckte nicht mit der Wimper. »Ich habe ja nicht wie du die Absicht, unsterblich zu werden.«
Judd biß sich auf die Lippen. »Allmählich habe ich das Gefühl daß es sehr egoistisch war, dich zu besuchen.« »Ach was«, lächelte sie. »Ich liebe dich, Judd. Und wenn du nicht gekommen wärst, hätte ich dafür gesorgt, daß man mich wieder zu dir bringt.«
16
Das Telefon klingelte. Sofia nahm den Hörer ab. »Mrs. Evans.«
»Hier Walton«, sagte die Stimme am anderen Ende. »Ist unser Freund noch bei Ihnen?« »Ja.«
»Darf ich ihn sprechen?«
»Ja, natürlich«, erwiderte Sofia. »Gibt es Probleme?« »Ich weiß nicht. Fast Eddie ist gerade zu mir ins Büro gekommen. Er fürchtet, die Gegenseite hätte Ihre Spur aufgenommen.«
»Einen Moment, bitte.«
Judd übernahm den Hörer. »Ja, was gibt's?« Er hörte einen Moment zu, dann warf er Sofia einen Blick zu.
»Sieh doch mal aus dem Fenster«, bat er. »Steht da draußen ein weißer Lieferwagen? Etwa zwanzig Meter hinter meinem Wagen?« Sofia stellte sich hinter den Vorhang und sah vorsichtig hin aus auf die Straße.
»Ja«, bestätigte sie. »Ich sehe den Wagen.«
»Steht etwas drauf?« »Central-Wäscherei.«
»Sonst noch etwas? Eine Telefonnummer? Oder eine Adresse?«
»Ich kann keine sehen.«
»Geh lieber vom Fenster weg«, befahl er. »Die Scheiben sind zwar aus verspiegeltem Glas, aber man kann ja nie wissen.« Er sprach wieder mit Walton. »CentralWäscherei. Kennt ihr die Firma?«
»Nie gehört«, verneinte Walton. »Für uns ist die Wai-kiki-Wäscherei zuständig. Außerdem hat mir Fast Eddie erzählt, daß Ihnen zwei Männer in die Halle gefolgt sind. Sie treiben sich immer noch da herum.«
»Scheiße.«
»Sollen wir sie uns schnappen? Oder wegjagen?« »Das würde uns nur verraten.« Judd dachte einen Augenblick nach. »Wir versuchen es mit dem alten Trick mit dem doppelten Boden«, entschied er schlie ßlich.
»Nur daß wir diesmal eine Patientin verdoppeln.« »Verstanden.«
»Wie lange werden Sie brauchen?« fragte Judd. »Ungefähr fünfzehn Minuten«, erwiderte Walton und hängte ein.
»Das tut mir leid«, sagte Judd zu Sofia. »Wieso?«
»Ich habe gegen meine eigenen Regeln verstoßen. Ich habe angeordnet, daß dich um deiner eigenen Sicherheit willen niemand in meine Nähe bringen dürfe, und dann habe ich deine Verfolger selbst zu dir geführt.« »Mach dir nichts draus«, lächelte sie. »Das mußte früher oder später passieren.«
Walton legte Judd einen
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