Die Moralisten
nicht hübsch?« fragte er.
Ohne auf eine Antwort zu warten, drückte er auf den Knopf, der das Stahlschiebedach über dem Fond öffnete. Er schob den Zylinder hinaus und schraubte das Gerät auf dem Dach fest, ohne den Kopf aus dem Wagen zu strecken. Dann spähte er durch das Okular am unteren Ende des Geräts und rückte die Klammern noch etwas zurecht. »Fertig«, verkündete er schließlich. »Sehen Sie mal durch.« Walton preßte sein Auge an das kleine Okular und erkannte den weißen Lieferwagen, der sie verfolgte, im Fadenkreuz eines Visiers. Er lehnte sich wieder zurück. »Ein Periskop«, sagte er. »Wozu soll das gut sein? Wir können die Typen doch genausogut im Rückfenster sehen.« »Das ist kein Periskop«, erwiderte Eddie gekränkt.
»Denkt ihr, ich geb mich mit Spielzeug ab?« »Was soll es denn dann sein?«
»Das ist eine verkleinerte Ausführung der schwedischen Panzerfaust, die in der U. S. Army benutzt wird.
Die kleine Rakete da oben drin wird von einer Druckluftpatrone getrieben und ist zie lgenau bis hundertfünfzig Meter. Der Sprengkopf, den sie befördert, verwandelt den Lieferwagen in eine einzige Stichflamme.
Wenn ich hier auf den Knopf drücke, bleibt da hinten bloß ein bißchen heiße Asche auf der Straße liegen.« Er warf Walton einen trium phierenden Blick zu. »Na, denken Sie immer noch, das wäre ein Spielzeug?« Walton starrte ihn einen Augenblick nachdenklich an. Dann sagte er: »Ich glaube, Sie sind ein ganz gemeingefährlicher Typ, Eddie.«
»Ich kann es nur nicht leiden, wenn die Leute frech werden«, grinste Fast Eddie zufrieden. Er zog eine goldene Kapsel aus seinem Hemd. »Möchte jemand einen Sniff?« »Steh ich nicht drauf«, brummte Walton.
Er ließ keinen Blick vom Frequenzsucher.
»Ich könnte schon was gebrauchen«, meldete sich Sofia. »Okay.« Fast Eddie gab ihr die Kapsel. »Aber seien Sie vorsichtig. Wir haben eine ziemliche Brise im Wagen, wenn das Dach offen ist.«
Sofia beugte sich in ihre Wagenecke und sog das Kokain in die Nase. »Hört mal zu!« rief Walton. »Ich glaube, jetzt habe ich ihre Frequenz.« Er drehte den Lautsprecher hoch. Man hörte das Krachen atmosphärischer Störungen und dann die Stimme eines Mannes: »Ich habe Ihnen doch gesagt, es ist nur die Stewardeß aus dem Flugzeug im Wagen. Keine weitere Frau.«
Die Antwort der anderen Stimme war nicht zu verstehen. Man hörte nur Knistern und Krachen. Dann kam wieder die Stimme des ersten Mannes: »Ich weiß nicht, warum er sie kommen ließ. Vielleicht soll sie ihm einen blasen auf dem Weg zum Flughafen. Woher soll ich das wissen? Vielleicht wollen sie Händchen halten. Ich habe Ihnen doch schon ge sagt, er hat einen großen Verband im Gesicht. Wahrschein lich hat er sich eine Plastiknase einsetzen lassen. Der Kerl kokst wie verrückt, das wissen doch alle.« »Diese Arschlöcher!.« knurrte Fast Eddie . »Jetzt knall ich sie ab.«
Judd hob die Hand. »Warte! Laß doch mal hören!« Wieder krachte es im Lautsprecher. Dann kam die Stimme ihres Verfolgers. »Gut. Ich komme nach Hause. Over
and out.« Das rote Licht am Funkgerät erlosch.
Walton beobachtete, wie der weiße Lieferwagen wendete und in die Stadt zurückfuhr. »Sie hauen ab«, stellte er fest.
Judd seufzte erleichtert. Er drehte sich um und überzeugte sich selbst. »Jetzt könnte ich auch eine Prise gebrauchen«, sagte er zu Fast Eddie. »Du kannst dein Spielz eug jetzt abbauen. Aber vorsichtig, bitte.
Schieß mir kein Loch in den Kopf!«
»Klar«, grinste Eddie. »Immer schön vorsichtig. Aber mit dem ganzen Leukoplast im Gesicht werden Sie Ihre Prise wohl durch den Strohhalm reinziehen müssen.«
»Ach, Quatsch.« Judd zerrte wütend an seinem Verband.
»Lassen Sie den Verband lieber drauf«, sagte Walton rasch »Vielleicht haben die noch jemanden am Flughafen, der uns beobachtet.«
Als die Maschine vom Rollfeld abhob, saß Judd schweigend am Tisch in der Lounge. Sofia genoß die herrliche Aussicht; Es war spät am Nachmittag, und sogar die Schaumkronen der Brecher am Strand waren goldüberglänzt. Die Maschine flog eine große Kurve rund um die Insel und stieg dabei steil in den Himmel. »Ach, ist das schön«, seufzte Sofia. Judd blieb stumm. Er sah müde und niedergeschlagen aus.
Als die Glocke ertönte und die Warnlampen ausgingen, schnallte er sich los und stand auf. »Ich gehe in meine Kabine«, sagte er. »Sag Raoul Bescheid, wenn du essen willst.« »Was ist denn mit dir los?« fragte sie. »Ich habe keinen
Weitere Kostenlose Bücher