Die Moralisten
sein Liebling. Aber der Deutsche beherrschte sich. »Ja, natürlich«, sagte er steif.
Schweigend gingen sie über den Flur. Im Fahrstuhl wurde es ziemlich eng, als sich auch noch zwei von den Leibwächtern in die Kabine hineindrängten.
Judd griff nach Sofias Hand. Sie war kalt und feucht. Der Mann am Eingang der Laboratorien nickte Judd zu. »Guten Tag, Mr. Crane.«
Dann kamen sie in die Umkleideräume. »Das Laboratorium ist völlig von der Außenwelt isoliert«, erlä uterte Judd. »Wir müssen uns vollkommen umziehen, duschen und keimfreie Kleidung mit Gesichtsmasken und Gummihandschuhen anziehen.«
Der Maharishi schüttelte unzufrieden den Kopf. »Können wir nicht von außen hineinblicken?«
Judd und Dr. Schoenbrunn sahen sich an. Judd nickte unmerklich. »Draußen im Flur ist ein Sichtfenster«, erklärte Dr. Schoenbrunn.
»Ich kann ja die Techniker bitten, uns eine Zellkultur auf dem Bildschirm zu zeigen«, sagte Judd. »Das sieht
man auch durch das Fenster.«
»Ja, das wäre schön«, lächelte der Maharishi. Schweigend betrachteten sie den Laborraum. Dann gingen die Lichter aus, und der Bildschirm leuchtete auf.
Judd erläuterte, was ihm Doc Sawyer vor einer Woche erklärt hatte. Aber während der Maharishi die künstlichen und die natürlichen Zellen mit großer Aufmerksamkeit studierte und zahlreiche Fragen stellte, schien sich Sofia überhaupt nicht dafür zu interessieren.
»Wollen wir jetzt in mein Büro gehen und in Ruhe überprüfen, was die neuen Aufzeichnungen Ihrer Schwester zu unseren Erkenntnissen beitragen?« fragte Judd. Der Maharishi nickte.
Schweigend gingen sie zum Aufzug zurück. Als sie in der Kabine standen, fragte Judd: »Ist es dir auch nicht zu anstrengend, Sofia? Wir können es wirklich auf morgen verschieben.«
»Nein!« rief sie beinahe verzweifelt. »Es geht mir gut. Laß uns anfangen.« Judd nickte, ohne einen Kommentar abzugeben. Er drückte einen Knopf, sie glitten nach oben und standen bald darauf in Judds großzügigem, holzgetäfeltem Büro. Judd bat seine Gäste in die luxuriöse Sitzecke. Sofia und der Maharishi setzten sich auf die Couch, während sich die beiden Leibwächter hinter ihnen aufstellten. Schoenbrunn saß im rechten Winkel zu ihnen auf einem Sessel, und Judd ließ sich auf der anderen Seite des niedrigen Tisches nieder. »Möchten Sie Tee?« fragte er. Der Maharishi lehnte dankend ab. »Wo ist denn hier die Toilette?« fragte Sofia. »Direkt durch die Tür hinter dir«, sagte Judd und stand auf. »Warte, ich zeige sie dir.«
Er hielt ihr die Tür auf, und als sie an ihm vorbeiging, schob er ihr zwei Kokainpopper in die Hand. Dann setzte er sich wieder in seinen Sessel.
»Wie gefällt es Ihnen in Xanadu, Meister?« fragte er. »Eine technische Höchstleistung«, lächelte der Maharis-hi.
»Sie haben ja bisher nur sehr wenig gesehen«, winkte Judd ab. »Wenn alles fertig ist, funktioniert es vollautomatisch. Ich könnte hier ganz allein, ohne Personal leben, und doch wäre für alles gesorgt:
Nahrung, Erholung, Sport, Nachrichtenverbindungen.« »Wirklich erstaunlich.« Der Maharishi nickte bedächtig.
Als Sofia aus dem Badezimmer zurückkam, waren ihre Augen klar und wach, wie Judd feststellte. Wieder setzte sie sich neben den Inder.
»So«, lächelte Judd. »Was habt ihr in Dr. Zabiskis Notizen gefunden?«
Der Maharishi wandte sich an Sofia. »Ich glaube, Frau Dr. Ivancich kann es besser erklären.«
»Eigentlich war es nichts, was wir nicht schon gewußt oder geahnt haben«, begann Sofia. »Wir haben jetzt den endgültigen Beweis, daß sie bei ihrer Zelltherapie tatsächlich den menschlichen Fötus benutzt hat.
Später hat sie den menschlichen Zellen auch Zellen von Tieren beigemischt, vor allem von ungeborenen Lämmern. Wie es scheint, war das Hauptproblem, daß viele Versuchspersonen die injizierten Zellen nicht vertrugen. Trotz massiver Antihistamin- und Cortisongaben sind viele Patienten im anaphylaktischen Schock gestorben.«
»Was trägt das zu unserem Problem bei?« fragte Judd. »Das wußten wir doch schon lange.«
»Ja«, bestätigte Sofia. »Das erklärt auch nur, warum Dr. Zabiski so daran interessiert war, daß du ein Verfahren zur Gewinnung von künstlichen, geklonten Zellen erfindest.« Judd nickte. »Nun, ihr habt ja gesehen, daß wir dieses Verfahren beherrschen. Wir stehen an der
Schwelle zur Unsterblichkeit. Der Mensch kann jetzt für immer leben.« »An der Formel, die Sie bei diesem Verfahren benutzen, bin ich
Weitere Kostenlose Bücher